Mit offenen Karten
will Sie jetzt nicht aufhalten!»
Sie sprang ab und lief, Mrs Oliver nachwinkend, zum Gartengitter zurück, wo Anne stand.
«Was in aller Welt…», begann Anne.
«Ist sie nicht süß?», fragte Rhoda schwärmerisch. «Ich finde sie entzückend. Sie hatte ein Loch im Strumpf, hast du es bemerkt? Ich bin sicher, sie ist schrecklich gescheit; das muss sie auch sein – um all diese Bücher zu schreiben. Es wäre ein Spaß, wenn Sie die Wahrheit herausbrächte und sich über die Polizei und alle anderen lustig machen könnte.»
«Warum ist sie hergekommen?»
Rhoda riss die Augen auf.
«Aber sie hat dir doch gesagt…»
Anne machte eine ungeduldige Handbewegung.
«Wir müssen hineingehen. Ich habe ihn ganz allein gelassen.»
«Major Despard? Anne, sieht er nicht wunderbar aus?»
«Möglich.»
Sie gingen zusammen zurück ins Haus.
Major Despard stand am Kamin, die Teetasse in der Hand. Er schnitt Annes Entschuldigungen, dass sie ihn allein gelassen hatte, ab.
«Miss Meredith, ich möchte Ihnen erklären, warum ich so plötzlich hier aufgetaucht bin.»
«Oh – aber…»
«Ich habe gesagt, dass ich hier zu tun hatte – das war nicht wahr. Mein Besuch war beabsichtigt.»
«Wie haben Sie meine Adresse erfahren?», fragte Anne langsam.
«Durch Superintendent Battle.»
Er sah, wie sie bei dem Namen zusammenzuckte, und beeilte sich fortzufahren.
«Battle ist auf dem Weg hierher. Ich habe ihn zufällig in Paddington gesehen. Ich habe meinen Wagen genommen und bin hergekommen. Ich wusste, ich könnte den Zug leicht überholen.»
«Aber warum?»
Despard zögerte kurz und sagte dann:
«Es war vielleicht anmaßend von mir – aber ich hatte den Eindruck, dass Sie vielleicht ‹allein in der Welt stehen›, wie man so sagt.»
«Sie hat mich», erklärte Rhoda.
Despard warf ihr einen raschen Blick zu. Ihm gefiel die aufrechte schlanke Person, die am Kamin lehnte und seinen Worten so aufmerksam folgte. Sie waren ein reizendes Gespann, diese beiden.
«Ich bin sicher, dass sie keinen ergebeneren Freund haben könnte als Sie, Miss Dawes», räumte er artig ein, «aber ich habe gedacht, dass unter diesen besonderen Umständen der Rat eines Mannes mit etwas Erfahrung nicht schaden könnte. Offen gesagt ist die Situation so: Miss Meredith steht unter Mordverdacht. Das Gleiche gilt für mich und die beiden anderen Leute, die an jenem Abend in dem Zimmer waren. Das ist keine angenehme Situation – und sie birgt ihre besonderen Gefahren und Schwierigkeiten, die ein so junges und unerfahrenes Geschöpf wie Sie, Miss Meredith, nicht erfassen kann. Meiner Meinung nach sollten Sie sich einem erstklassigen Anwalt anvertrauen. Aber vielleicht haben Sie das bereits getan?»
Anne Meredith schüttelte den Kopf. «Ich habe nie daran gedacht.»
«Genau wie ich vermutet hatte. Haben Sie jemand Tüchtigen, am besten in London?»
Anne schüttelte den Kopf.
«Ich habe nie einen Anwalt gebraucht.»
«Ich kenne Mr Bury», überlegte Rhoda, «aber er ist ungefähr hundertzwei Jahre alt und völlig senil.»
«Wenn Sie mir gestatten, Ihnen zu raten, so würde ich Ihnen meinen eigenen Anwalt, Mr Myherne, empfehlen. Jacobs, Peel & Jacobs ist der eigentliche Name der Firma. Es sind erstklassige Leute, und sie kennen den ganzen Rummel.»
Anne war blasser geworden, sie setzte sich.
«Ist das denn wirklich notwendig?», fragte sie mit leiser Stimme.
«Unbedingt. Es gibt allerlei juristische Fallen.»
«Sind diese Leute sehr teuer?»
«Das spielt doch keine Rolle», meinte Rhoda schnell. «Major Despard, ich finde, Sie haben vollkommen Recht. Anne braucht einen Schutz.»
«Das Honorar wird, glaube ich, nicht übermäßig sein», sagte Despard und fügte ernsthaft hinzu: «Ich glaube wirklich, es ist das Vernünftigste, Miss Meredith.»
«Also gut», gab Anne langsam nach. «Wenn Sie glauben, es sei das Richtige, so werde ich es tun.»
«Gut.»
Rhoda sagte herzlich:
«Ich finde es rührend von Ihnen, Major Despard.»
«Sagten Sie, dass Superintendent Battle herkommen würde?», fragte Anne.
«Ja, das darf Sie nicht erschrecken, das ist unvermeidlich.»
«Oh, ich weiß. Ich habe ihn eigentlich schon erwartet.»
Rhoda sagte impulsiv:
«Meine arme Kleine – diese Sache bringt sie fast um. Es ist eine Schande – so schrecklich unfair.»
«Sie haben Recht – es ist eine abscheuliche Geschichte – ein junges Mädchen in eine solche Affäre hineinzuziehen. Wenn jemand unbedingt Shaitana erstechen wollte, so hätte er eine
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