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Mit offenen Karten

Mit offenen Karten

Titel: Mit offenen Karten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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dass Dr. Roberts ein scharfer Beobachter ist, dass Mrs Lorrimer ihrerseits eine hervorragende Konzentrationsgabe besitzt, aber als Folge davon für ihre Umgebung fast blind ist. Aber sie ist eine Blumenfreundin. Despard bemerkte nur die Sachen, die ihn interessieren: Teppiche, Jagdtrophäen. Er hat weder, was ich die äußere Vision nenne (das Auffassen der Einzelheiten um einen herum – was man auch Beobachtungsgabe nennt) noch die innere Vision – Konzentration, Einstellen des Geistes auf ein bestimmtes Objekt. Er hat ein rein zweckmäßig funktionierendes Gesichtsfeld. Er sieht nur das, was sich mit seinen Neigungen deckt.»
    «Also das ist, was Sie Tatsachen nennen – wie?», bemerkte Battle erstaunt.
    «Es sind Tatsachen, wenn auch vielleicht nur winzige.»
    «Und Miss Meredith?»
    «Ich habe sie bis zum Schluss gelassen, aber ich werde auch sie fragen, an was sie sich in jenem Zimmer erinnert.»
    «Es ist eine sonderbare Methode, an die Sachen heranzugehen», sagte Battle nachdenklich, «rein psychologisch. Und wenn sie zu nichts führt?»
    Poirot schüttelte lächelnd den Kopf.
    «Nein, das ist unmöglich. Ob sie nun versuchen, zu verschleiern oder zu helfen, verraten sie notgedrungen ihre Geistesart.»
    «Es hat zweifellos etwas für sich», meinte Battle nachdenklich, «obwohl ich nicht so arbeiten könnte.»
    Poirot sagte, noch immer lächelnd:
    «Ich fühle, dass ich im Vergleich zu Ihnen, zu Mrs Oliver und zu Colonel Race sehr wenig geleistet habe. Meine Karten, die ich auf den Tisch lege, sind sehr niedrige Karten.»
    Battle zwinkerte ihm zu.
    «Was das betrifft, so ist die Trumpf Zwei eine sehr niedrige Karte, aber sie kann jedes der drei Asse stechen. Trotzdem werde ich Sie ersuchen, einen praktischen Auftrag in der Sache durchzuführen.»
    «Und zwar?»
    «Ich möchte Sie bitten, die Witwe von Professor Luxmore aufzusuchen.»
    «Und warum tun Sie es nicht selbst?»
    «Weil ich, wie gesagt, nach Devonshire fahre.»
    «Warum tun Sie es nicht selbst?», wiederholte Poirot.
    «Sie lassen sich nicht so einfach abspeisen, wie? Nun, um die Wahrheit zu sagen, weil ich glaube, dass Sie mehr aus ihr herausbekommen werden als ich.»
    «Weil meine Methoden weniger offen sind?»
    «Sie können es auch so auffassen, wenn Sie wollen», räumte Battle ein. «Inspektor Japp sagt, dass Sie so Ihre Tricks haben.»
    «Wie der verstorbene Shaitana?»
    «Sie glauben, dass er was aus ihr herausbekommen hätte?»
    Poirot sagte langsam: «Ich würde eher meinen, dass er Sachen aus ihr herausbekommen hat. »
    «Wie kommen Sie darauf?»
    «Durch eine zufällige Bemerkung von Despard.»
    «Er hat sich verraten, wie? Das sieht ihm nicht ähnlich.»
    «Oh, mein lieber Freund, es ist unmöglich sich nicht zu verraten – außer man macht den Mund nie auf! Die Sprache ist die grausamste Verräterin!»
    «Auch wenn die Menschen lügen?», fragte Mrs Oliver.
    «Ja, Madame, weil sie auf eine charakteristische Art lügen.»
    «Mir wird unheimlich», sagte Mrs Oliver und stand auf.
    Superintendent Battle begleitete sie bis zur Tür und schüttelte ihr herzlich die Hand.
    «Sie waren großartig, Mrs Oliver», sagte er. «Sie sind ein viel besserer Detektiv als Ihr langer, magerer Lappländer.»
    «Finne», korrigierte Mrs Oliver. «Natürlich ist er ein bisschen verrückt, aber die Leute haben ihn gern. Auf Wiedersehen.»
    Battle kritzelte eine Adresse auf ein Blatt Papier und reichte es Poirot.
    «So, gehen Sie und bearbeiten Sie es.»
    Poirot lächelte.
    «Und was wollen Sie, dass ich herauskriege?»
    «Die Wahrheit über Professor Luxmores Tod.»
    « Mon cher Battle! Erfährt je irgendjemand die Wahrheit über irgendetwas?»
    «Ich werde sie jetzt über die Angelegenheit in Devonshire erfahren», sagte der Superintendent grimmig.
    Poirot murmelte:
    «Wer weiß?»

20
     
    D as Mädchen, das in Mrs Luxmores Haus in South Kensington die Tür öffnete, sah Hercule Poirot mit tiefer Missbilligung an. Sie schien nicht geneigt, ihn einzulassen.
    Ungerührt reichte Poirot ihr eine Visitenkarte.
    Es war eine von seinen eindrucksvolleren Visitenkarten. Das Wort «Privatdetektiv» stand in einer Ecke. Er hatte sie eigens drucken lassen, um beim so genannten schönen Geschlecht vorgelassen zu werden. Fast jede Frau, ob unschuldig oder nicht, war begierig, einen Privatdetektiv aus der Nähe zu sehen und zu erfahren, was er wollte.
    In beschämender Weise vor der Tür stehen gelassen, betrachtete Poirot angeekelt den ungeputzten

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