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Mit offenen Karten

Mit offenen Karten

Titel: Mit offenen Karten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Türklopfer.
    «Hätte ich nur ein Putzmittel und einen Lappen», murmelte er. Das Mädchen kam schnaufend zurück, und Poirot durfte eintreten.
    Er wurde in ein Zimmer im ersten Stock geführt – ein Zimmer, in dem es nach welken Blumen und kalter Asche roch. Eine Menge großer, nicht allzu sauberer Seidenkissen lagen umher. Die Wände waren smaragdgrün und die Decke kupferfarben.
    Eine große, ziemlich hübsche Frau stand am Kamin. Sie kam auf ihn zu und sagte mit einer tiefen, rauen Stimme:
    «Monsieur Hercule Poirot?»
    Poirot verbeugte sich. Er benahm sich anders als sonst. Er gerierte sich nicht nur ausländisch, sondern betont ausländisch. Seine Bewegungen waren affektiert, sein Gehaben erinnerte eine Spur an den verstorbenen Mr Shaitana.
    «Weshalb wollen Sie mich sprechen?»
    Poirot verbeugte sich nochmals.
    «Wenn ich Platz nehmen dürfte. Es wird eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen…»
    Sie wies ihm ungeduldig einen Stuhl an und setzte sich selbst auf den Rand des Sofas.
    «Ja? Nun?»
    «Madame, ich ziehe nämlich Erkundigungen ein – private Erkundigungen, verstehen Sie?»
    Je bedächtiger er vorfühlte, desto neugieriger wurde sie.
    «Ja – ja?»
    «Ich ziehe Erkundigungen über den Tod des verstorbenen Professors Luxmore ein.»
    Sie schnappte nach Luft. Ihre Bestürzung war offenbar.
    «Aber warum? Was meinen Sie? Was haben Sie damit zu schaffen?»
    Poirot beobachtete sie aufmerksam, ehe er fortfuhr.
    «Es erscheint nämlich ein Buch. Eine Biografie Ihres hervorragenden Gatten. Der Autor möchte sich natürlich aller Fakten genau vergewissern. Was zum Beispiel den Tod Ihres Gatten betrifft…»
    Sie unterbrach ihn sofort.
    «Mein Mann ist an Tropenfieber gestorben – am Amazonas.»
    Poirot lehnte sich in seinem Stuhl zurück, ganz langsam wiegte er den Kopf hin und her – eine irritierende monotone Bewegung.
    «Madame, Madame», protestierte er.
    «Aber ich weiß es. Ich war dabei.»
    «O ja, gewiss. Sie waren dabei. Ja, so lautet auch meine Information.»
    Sie kreischte.
    «Welche Information?»
    Poirot beobachtete sie scharf und sagte:
    «Eine Information, die mir der verstorbene Mr Shaitana gab.»
    Sie zuckte zurück wie vor einem Peitschenhieb.
    «Shaitana», flüsterte sie.
    «Ein Mann», erklärte Poirot, «der sehr viel wusste. Ein außergewöhnlicher Mann, der viele Geheimnisse kannte.»
    «Vermutlich», murmelte sie und fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen.
    Poirot beugte sich vor. Er berührte mit der Hand leicht ihr Knie.
    «Er wusste zum Beispiel, dass Ihr Gatte nicht an Tropenfieber starb.»
    Sie starrte ihn an. Ihre Augen blickten verstört.
    Er lehnte sich zurück und beobachtete die Wirkung seiner Worte.
    Sie riss sich zusammen.
    «Ich weiß nicht – ich weiß nicht, was Sie meinen.»
    Es klang keineswegs überzeugend.
    «Madame», sagte Poirot. «Ich will nicht Verstecken spielen. Ich will» – er lächelte – «meine Karten auf den Tisch legen. Ihr Gatte starb nicht an Tropenfieber, er starb an einer Kugel!»
    «Oh!», rief sie.
    Sie bedeckte ihr Gesicht mit den Händen. Sie wiegte sich hin und her. Sie war in schrecklicher Verzweiflung. Aber in irgendeiner geheimen Kammer ihres Herzens genoss sie ihre eigenen Gefühle; Poirot war fest davon überzeugt.
    «Und deshalb», bemerkte Poirot trocken, «können Sie mir ebenso gut die ganze Geschichte erzählen.»
    Sie nahm die Hände von ihrem Gesicht.
    «Es war nicht im Geringsten so, wie Sie glauben.» Wieder beugte sich Poirot vor, und wieder berührte er mit der Hand ihr Knie.
    «Sie missverstehen mich – Sie missverstehen mich vollkommen. Ich weiß sehr gut, dass nicht Sie es waren, die ihn erschossen hat. Es war Major Despard, aber Sie waren der Grund.»
    «Ich weiß nicht. Ich weiß nicht. Vermutlich war ich es. Es war alles zu furchtbar. Ich werde von einem Verhängnis verfolgt.»
    «Oh, wie wahr das ist», rief Poirot. «Wie oft habe ich das gesehen! Es gibt solche Frauen. Sie ziehen Tragödien geradezu an. Es ist nicht ihre Schuld. Die Dinge geschehen ohne ihr Zutun.»
    Mrs Luxmore holte tief Atem.
    «Sie verstehen. Ich sehe, dass Sie verstehen. Es geschah alles wie von selbst, so natürlich.»
    «Sie sind zusammen ins Innere gereist, nicht wahr?»
    «Ja, mein Mann verfasste ein Buch über verschiedene seltene Pflanzen. Major Despard wurde uns als ein Mann vorgestellt, der die Verhältnisse dort kannte und die Expedition arrangieren würde. Er gefiel meinem Mann sehr gut. Wir brachen auf.»
    Es entstand

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