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Mit offenen Karten

Mit offenen Karten

Titel: Mit offenen Karten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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an –, warum sie es tat, aber Sie sind fest davon überzeugt, dass sie es getan hat. Sie waren an jenem ersten Abend überzeugt – an dem Abend, da es geschah – als Superintendent Battle Sie bat, sich über den Fall zu äußern. Ja, ich weiß das alles, sehen Sie. Es ist ganz nutzlos, zu lügen. Sie sehen das doch ein, nicht wahr?»
    Er wartete auf eine Antwort, aber es erfolgte keine. Er nickte befriedigt.
    «Ja, Sie sind ein mitfühlender Mensch. Das ist gut. Es ist eine sehr edle Tat, die Schuld auf sich zu nehmen, um dieses Kind frei ausgehen zu lassen.»
    «Sie vergessen eines», sagte Mrs Lorrimer trocken. «Ich bin keine unschuldige Frau. Ich habe vor Jahren meinen Mann ermordet, Monsieur Poirot…»
    Einen Augenblick lang herrschte Schweigen.
    «Ich verstehe», erwiderte Poirot, «es entspricht Ihrem Gerechtigkeitsgefühl. Sie halten es einfach für recht und billig. Sie haben einen logischen Verstand. Sie sind gewillt, für Ihre Tat zu büßen. Mord ist Mord – gleichviel, wer das Opfer war. Madame, Sie haben Mut und Sie haben Verstand. Aber ich frage Sie nochmals: Wieso können Sie so sicher sein? Wieso können Sie wissen, dass es Anne Meredith war, die Mr Shaitana ermordet hat?»
    Ein tiefer Seufzer entrang sich Mrs Lorrimers Brust. Ihr letzter Widerstand war durch Poirots Beharrlichkeit gebrochen. Sie beantwortete seine Frage schlicht wie ein Kind:
    «Weil ich sie sah.»

27
     
    P lötzlich lachte Poirot auf. Er konnte sich nicht beherrschen. Er warf den Kopf zurück, und sein schrilles belgisches Lachen erfüllte den Raum.
    «Pardon, Madame», sagte er und wischte sich die Augen, «ich konnte mir nicht helfen. Da diskutieren wir und zerbrechen uns den Kopf. Wir stellen Verhöre an! Wir berufen uns auf die Psychologie – und die ganze Zeit über hatten wir eine Augenzeugin des Verbrechens! Ich bitte Sie inständigst, berichten Sie mir.»
    «Es war schon ziemlich spät. Anne Meredith war Strohmann. Sie stand auf und sah in das Blatt ihres Partners, dann ging sie im Zimmer umher. Das Spiel war nicht interessant und ich musste mich nicht sonderlich auf die Karten konzentrieren. Der Ausgang war unvermeidlich. Gerade als wir zu den letzten drei Stichen kamen, blickte ich zum Kamin hinüber. Anne Meredith stand über Mr Shaitana gebeugt da. Während ich sie beobachtete, richtete sie sich auf – ihre Hand war in der Tat auf seiner Brust gewesen, eine Bewegung, die mich erstaunt hatte. Sie richtete sich auf, und ich sah ihr Gesicht und ihren hastigen Blick in unsere Richtung. Schuldbewusstsein und Angst standen auf ihrem Gesicht geschrieben. Natürlich wusste ich damals noch nicht, was geschehen war. Ich fragte mich nur, was in aller Welt das Mädchen gemacht haben konnte? Später – wusste ich es.»
    «Aber sie wusste nicht, dass Sie es wussten. Sie wusste nicht, dass Sie es gesehen hatten?»
    «Armes Kind», meinte Mrs Lorrimer. «Jung, verängstigt – sie muss sich mühsam durchschlagen. Wundern Sie sich – nun, dass ich den Mund hielt?»
    «Nein, nein, ich wundere mich nicht.»
    «Besonders in dem Bewusstsein, dass ich selbst…» Sie vollendete den Satz mit einem Achselzucken. «Es war sicher nicht meine Sache, den Ankläger zu spielen. Das war schließlich Aufgabe der Polizei.»
    «Gewiss – aber heute sind Sie weiter gegangen als das.»
    Mrs Lorrimer sagte grimmig:
    «Ich war nie eine sehr weichherzige oder mitfühlende Seele, ich vermute, diese Eigenschaften entwickeln sich mit zunehmendem Alter. Ich versichere Ihnen, ich handle nicht oft aus Mitleid.»
    «Es ist nicht immer ein besonders kluger Ratgeber, Madame. Mademoiselle Anne ist jung, sie ist zart, sie sieht schüchtern und ängstlich aus – o ja, sie scheint ein sehr würdiger Gegenstand des Mitleids zu sein. Aber ich für mein Teil bin nicht dieser Ansicht. Soll ich Ihnen sagen, Madame, warum Miss Meredith Mr Shaitana ermordet hat? Weil er wusste, dass sie seinerzeit eine ältere Dame ermordet hatte, bei der sie Gesellschafterin war – weil besagte Dame sie bei einem kleinen Diebstahl ertappt hatte.»
    Mrs Lorrimer machte ein etwas verblüfftes Gesicht.
    «Ist das wahr, Monsieur Poirot?»
    «Ich zweifle nicht im Geringsten daran. Sie ist so sanft – so lieb – könnte man sagen. Pah! Diese kleine Mademoiselle Anne ist gefährlich, Madame. Wenn es sich um ihre eigene Sicherheit, ihr eigenes Wohlbefinden handelt, kann sie brutal zuschlagen. Und es wird bei ihr auch nicht bei diesen zwei Verbrechen bleiben. Sie werden ihr

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