Mit Pflanzen verbunden
es eigentlich windstill war. Ich nahm den Hinweis an und sammelte eine große Hand voll der hufartig geformten frischen Blätter. In meiner Kammer zerstampfte ich sie mit Hilfe eines Steins zu einem grünen Brei. Dann zerriss ich einige der Leinentragetaschen, in denen ich sonst Bücher und Notizen verstaute, trug den Brei auf und wickelte das schmerzende Bein fest in diese Leintuchfetzen. Während der Nacht, manchmal aber auch tagsüber, behielt ich diese Umschläge an. Da auf der hohen Alm auch Bergwohlverleih (Arnika, Arnica montana ) wuchs, mischte ich einige Arnikablätter mit in den Kräuterbrei. Nur wenige natürlich, da die Pflanze selten ist und unter Naturschutz steht. Die Umschläge schienen zu helfen; auf jeden Fall wurde die Entzündung nicht schlimmer und ich konnte den Kurs zu Ende führen. Zu Hause wollte ich dann nachschlagen, wie man eine Venenentzündung dieses Ausmaßes richtig behandelt.
Zuerst las ich bei Maria Treben nach. Zu dieser Kräuterfrau habe ich tiefes Vertrauen, denn ihr Wissen wird von hoher Inspiration getragen. Und siehe da, was stand in ihrem Buch, „Gesundheit aus der Apotheke Gottes“? „Bei Venenentzündung kann man aus frischen, zerstoßenen Blättern (des Huflattichs) und Obers (Sahne) eine salbenartige Masse bereiten, die man auf die entzündeten Stellen legt und mit einem Tuch abbindet“ (Treben 2002: 24). Meine Wahrnehmung war also keine Täuschung gewesen. Wieder einmal hatte ein stiller Pflanzenverbündeter zu mir gesprochen. Nun machte meine Frau mir jeden Tag Wickel aus frischem Huflattich. Anstatt Sahne benutzte sie jedoch Quark und mischte zudem noch frisch gepflückte und zerstampfte Ringelblumenblüten (Calendula officinalis) mit in den Umschlag, denn diese wirken stark entzündungshemmend. Die Umschläge behielt ich die ganze Nacht über an. Um der Gefahr einer Thrombose entgegenzuwirken, trank ich jeden Tag blutverdünnenden Tee: einen Aufguss aus Mädesüß ( Filipendula ulmaria , früher Spiraea ulmaria ). Mädesüß, auch Spierstaude oder Wiesenkönigin genannt, ist ein natürliches Aspirin . Die Pflanze enthält Salicylsäurederivate und kann daher Schmerz stillen, Fieber senken und das Blut verdünnen. Im Unterschied zu der kleinen weißen Pille reizt sie aber die Magenschleimhaut nicht und verursacht keine Magenblutungen. Auch der Echte Steinklee (Meliolotus officinalis) , der ebenfalls stark blutverdünnend wirkt, hätte in meinem Fall gute Dienste geleistet.
Vielleicht aber gab es noch ein weiteres Mittel, das die Heilung beschleunigen würde. Also ging ich zur Apotheke und fragte nach einem Medikament für die Venen. Die chemischen Präparate, von denen ich nicht wusste, wie sie wirken, und deren Nebenwirkungen ich nicht kannte, lehnte ich ab. Kastaniensalbe für die Venendurchblutung fand ich in Ordnung, aber ich wollte etwas, das die Blutgefäße heilt, sie wiederherstellt.
„So etwas gibt es nicht“, versicherte mir die Apothekerin mit dem ganzen Gewicht ihrer Autorität. „Wenn die Venenklappen einmal ausgeleiert sind, dann lässt sich das nicht heilen!“ Aber ich schenkte ihren Worten keinen Glauben.
In diesem Sommer, wenige Wochen später, hatten wir eine Reise in die Staaten geplant. Mein Sohn sollte endlich einmal alle seine Verwandten – Großeltern, Tanten und Onkel, Vettern und Basen – kennen lernen, die zwischen der Nordwestküste und Minnesota bis nach Illinois verstreut lebten. Einer seiner Schulfreunde, der Sohn eines Arztes, wollte uns auf dieser Reise begleiten. Mir graute jedoch vor dem langen Flug, dem Eingepferchtsein in enge Sitze und vor der tagelangen Fahrt im Mietwagen kreuz und quer durch die USA. Das alles wollte ich meinem Bein nicht zumuten, die Strapazen würden bestimmt zu einer Verschlechterung meiner Beschwerden führen. Ich sagte die Reise also ab und verschob sie auf später. Der Vater des Schulfreundes war enttäuscht, wäre es für seinen Sohn doch eine gute Erfahrung gewesen, die USA zu durchqueren. „Machen Sie sich keine Sorgen um das Bein“, riet er mir. „Tragen Sie Stützstrümpfe, nehmen Sie blutverdünnende Medikamente, und wenn Sie zurückkommen, werden sich die Kollegen in der Chirurgie darum kümmern.“
Nun, den Rat hätte er sich sparen können. Ich wusste zwar, dass man Krampfadern leicht herausoperieren kann und dass andere Gefäße ihre Funktion übernehmen können. Aber damit wird die Ursache nicht behoben. Häufig treten andere Blutgefäße hervor, die sich wieder verkrampfen, bis
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