Mit Schimpf und Schande
Fehlfunktion zu den Akten nehmen.«
Hibson hob eine Augenbraue. »Haben Sie Ihre Bedenken Captain McKeon vorgetragen?«
»Jawohl, Ma’am. Der Skipper ist der Meinung, die Pinassen lägen in Ihrer und Colonel Ramirez’ Verantwortung, aber wenn Sie für diesen gesonderten Fall um ein wenig technische Unterstützung durch die Flotte bäten, wäre er bereit, Ihnen den Chief und mich für ein paar Tage zu überstellen.«
»Verstanden.« Hibson ließ ihr Kaugummi noch ein paarmal platzen, dann zuckte sie mit den Schultern. »Ich werde mit dem Colonel sprechen. Wenn er sagt, wir nehmen Sie mit, dann soll’s mir nur recht sein.«
»Achtung, Achtung. Dreißig Minuten bis Absetzpunkt. Neuntes Bataillon auf Absetzstationen. Neuntes Bataillon auf Absetzstationen.«
Als die Ankündigung aus den Lautsprechern von HMS Prince Adrian schallte, sahen Männer und Frauen auf. Die beiden Kompanien, die eingeteilt waren, in schwerer Sturmausrüstung abgesetzt zu werden, befanden sich bereits in den Panzeranzügen; ihre glücklicheren Kameraden ließen Kaffeetassen, Spielkarten und Buchleser fallen und begaben sich daran, in die Raumanzüge zu steigen, wobei sie mit den überlieferten und im Alter würdig gewordenen Rüchen auf die Entwickler ihrer Schutzausrüstung nicht geizten. Navyraumanzüge waren dazu entworfen, vor dem Vakuum zu schützen; es war darauf geachtet worden, daß ihre Träger darin noch diffizile Reparaturen und andere komplizierte Handlungen ausführen konnten, und das über ausgedehnte Zeiträume. Raumanzüge für Marines hingegen waren zwar unleugbar bequemer als Panzeranzüge, aber schwerer, unhandlicher und ganz allgemein nervenaufreibender zu handhaben als Navyausrüstung, denn sie schlossen leichte, aber hochwirksame Panzerung ein und dienten dazu, ihre Träger sowohl im Vakuum als auch in widriger planetarer Umwelt zu schützen. Solange der Träger nicht behindert wurde, spielte nach der Entwurfphilosophie des Marinecorps die Bequemlichkeit eben nur eine sehr leise zweite Geige nach der Strapazierfähigkeit. Aber selbst die allerschlimmsten Meckerfritzen im ganzen Corps mußten zugeben, daß auch das übelste Wetter, mit dem Gryphon – oder sogar Sphinx – aufwarten konnte, einem Marine im Raumanzug allenfalls unangenehm werden konnte. Und das war nach den Wettervorhersagen für die Dauer des Unternehmens wohl auch sehr gut so.
Befehle wurden gebellt, während die Marines der Nike sich in den Beiboothangars der Prince Adrian aufstellten. Einige der Marineinfanteristen, die zum Schweren Kreuzer gehörten, kamen vorbei, um das Neunte Bataillon zu verabschieden, und sahen die Leute mit Mienen an, die von Teilnahme bis zu behaglicher Schadenfreude variierten. Die Nike-Marines erwiderten mit blasierten Gesten und Mienen, als fragten sie sich, worüber die anderen sich denn nun so sehr aufregten, und geheuchelter Begeisterung, während sie sich gleichzeitig mit der Gewißheit trösteten, daß ihre Gastgeber sich in nicht allzu ferner Zukunft in sehr ähnlichen Situationen wiederfinden würden. ›Heute ich, morgen du‹ gehörte zu den unauslöschlichen Weisheiten im Corpsalltag. Außerdem ging die Latrinenparole um, daß gerade das anstehende Unternehmen einem guten Zweck diene. Scotty Tremaine ließ sich in den Copilotensitz von Nike-Eins, Colonel Ramirez’ Kommandopinasse. Major Hibson flog in Nike-Zwo, bereit zu übernehmen, falls die Signaleinrichtungen des Colonels ausfallen sollten; Captain Tyler in Nike-Drei im Beiboothangar der Apollo stand bereit, notfalls für den Major zu übernehmen. Petty Officer First Class Hudson, der Pilot, sah den Lieutenant unter niedergeschlagenen Lidern an, dann beugte er sich vor, um die internen Systeme des Bootes hochzufahren. Er hatte gerade die Versorgungsleitungen der Pinasse ›abgenabelt‹, als ein Senior Chief mit dem ramponierten Gesicht eines Preisboxers den Kopf in das überfüllte Cockpit steckte.
»Sieht soweit ganz gut aus, Mr. Tremaine«, verkündete Horace Harkness und blinzelte. »Aber immer noch ‘ne winzige Panne im Navsystem. Ich hab’s schon ins Logbuch eingetragen.«
»Gut, Chief. Ich werde die Sache von hier oben im Auge behalten«, antwortete Tremaine, ohne die Miene zu verziehen.
»Jawohl, Sir.«
Harkness verschwand wieder. In Tremaines Ohrhörer knisterte es, und Colonel Ramirez’ Stimme ertönte.
»Wie sieht’s aus, Hudson?«
»Luken dicht – ab jetzt, Sir«, meldete der Pilot, als ein rotes Kontrollicht auf seiner Konsole
Weitere Kostenlose Bücher