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Mit Schimpf und Schande

Mit Schimpf und Schande

Titel: Mit Schimpf und Schande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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Kreuzers. Der Waffensergeant der Agni sah von der Lektüre eines Diensthandbuches auf, dann ging er hinter der langen, hohen Theke in Habt-acht-Stellung.
    »Ist der Schießstand frei, Sergeant?« fragte Honor in ihrem unheimlichen, leblosen Ton.
    »Äh – ja, Mylady. Der Schießstand ist frei.« Der Waffensergeant schien nicht gerade überglücklich, dies melden zu können, aber Honor registrierte das überhaupt nicht.
    »Dann möchte ich eine Selbstladepistole«, sagte sie. »Zehn Millimeter.«
    Der Sergeant blickte über Honors Schulter hinweg auf seine Kommandantin. Er war ein Mann, der ein Leben lang mit Waffen zu tun hatte, und der Gedanke, einer Frau eine Waffe zu übergeben, die mit solcher Stimme sprach, machte ihm angst. Auch Henke jagte die Vorstellung Furcht ein, aber sie biß sich auf die Lippe und nickte. Der Sergeant schluckte, dann griff er unter die Theke und holte ein Memopad hervor.
    »Bitte füllen Sie die Anforderung aus, Mylady, während ich die Waffe hole.«
    Honor begann Tasten zu drücken. Der Sergeant sah ihr einen Augenblick lang zu, dann drehte er sich um und ging zum Waffenlager. Als Honor ihn wieder ansprach, blieb er auf der Stelle stehen.
    »Ich brauche geladene Zehn-Schuß-Magazine. Zehn davon. Und vier Schachteln Patronen.«
    »Ich …« Der Sergeant verstummte und nickte. »Jawohl, Mylady. Zehn geladene Magazine und zweihundert Schuß in Schachteln.«
    Er verschwand im Waffenlager. Henke trat an Honors Seite. Sie beobachtete, wie Honors lange Finger mit beschwerlicher Langsamkeit präzise Tasten drückten. Auf Henkes Gesicht zeigte sich tiefste Besorgnis. Das Militär des Sternenkönigreichs benutzte seit über dreihundert T-Jahren keine chemische Treibladungen verwendenden Schußwaffen mehr. Keine Feuerwaffe erreichte die Tödlichkeit der Hochgeschwindigkeitsbolzen eines Pulsers. Jemand, der von einem einzigen Bolzen in die Hand getroffen wurde, konnte mit sehr, sehr viel Glück überleben und nur den Arm verlieren. Selbstladepistolen wurden dadurch zu bloßen Antiquitäten, und doch gab es an Bord jedes manticoranischen Kriegsschiffs einige davon – eben weil man die Verwundungen durch Feuerwaffen überleben konnte. Man konnte sie jederzeit erhalten, und nur im traditionellen Kaliber zehn Millimeter, aber sie wurden niemals für den Dienstgebrauch ausgegeben; sie dienten nur einem einzigen Zweck: Solange Duelle legal waren, wurden diese Waffen für diejenigen mitgeführt, die sich im Umgang damit zu üben wünschten.
    Aber man konnte sie auch zu anderen Zwecken verwenden. Honor hatte das Formular ausgefüllt und drückte ihren Daumen auf die Scanfläche des Memopads, dann schob sie es über die Theke. Sie stand einfach da, die Hände an den Seiten, und wartete, bis der Sergeant zurückkehrte.
    »Hier bitte, Mylady.« Er legte die schwere, in einem Holster steckende Pistole und einen Satz Ohrenschützer vor sie auf die Theke. Sein Zögern war unverkennbar. Dann legte er einen zweiten Ohrenschützer daneben, der so eingestellt war, daß er auf den Kopf einer Baumkatze paßte, obwohl Honor ihn nicht verlangt hatte. Mit noch größerem Widerwillen stellte er eine Munitionstasche daneben.
    »Vielen Dank, Sergeant.« Honor nahm die Pistole an sich und befestigte den Magnethalter des Holsters an ihrem Koppel, dann ergriff sie mit der einen Hand die Ohrenschützer und mit der anderen die Munition. Henkes Hand zuckte hervor und hielt die Tasche fest gegen die Thekenplatte gedrückt. Honor sah sie an.
    »Honor, ich …«, begann Henke, dann verebbte ihre Stimme. Wie sollte sie ihrer besten Freundin nur die Frage stellen, die sie ihr stellen mußte? Wie sollte sie andernfalls mit den Konsequenzen leben, falls …
    »Mach dir keine Sorgen, Mike.« In Honors Stimme war noch immer kein Leben, keine Anteilnahme, aber sie verzog den Mund zur kalten, toten Karikatur eines Lächelns. »Das würde Nimitz niemals zulassen. Außerdem …«, und nun trat zum erstenmal eine Spur von Emotion in ihr Gesicht – ein häßliches, hungriges Verziehen der Lippen, das mehr zu spüren als zu sehen und unterschwellig furchteinflößender war als alles, was sie bisher gesagt oder getan hatte, »außerdem habe ich Wichtigeres zu tun.«
    Henke starrte ihr eine Weile in die Augen, dann seufzte sie und hob die Hand. Honor zog die Munitionstasche von der Theke, hängte sich den Tragegurt über die linke Schulter und arrangierte die schwere Tasche an ihrer Seite. Sie nickte Henke noch einmal zu, dann wandte sie sich

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