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Mit Schimpf und Schande

Mit Schimpf und Schande

Titel: Mit Schimpf und Schande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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verspürte leichtes Bedauern. Er und seine Männer hatten nichts gegessen und vermochten nicht zu verhehlen, daß sie sich sehr unglücklich fühlten. Denn genau die Umstände, die die Position der Plattform so angenehm machten, führten dazu, daß sie in jedermanns Blickfeld lag. LaFollet hatte sein Bestes gegeben, um nicht zusammenzuzucken, als ihm die zahlreichen möglichen Schußlinien zu Bewußtsein kamen. Wie er sich unglücklich in sein Schicksal fügte, verursachte er Honor ein gelindes Schuldgefühl. Sie vermutete, daß ein gewisser Hang zur Paranoia zu jedem guten Sicherheitsoffizier gehörte, und nahm sich vor, dies in Zukunft zu berücksichtigen. Es hatte keinen Sinn, jemanden zu bekümmern, der ihr offensichtlich ergeben war – vorausgesetzt, daß sie mit dem Kompromiß leben konnte, ohne sich wie eine Gefangene vorzukommen.
    Der letzte Kellner verschwand auf den Stufen der Plattform, und Honor senkte ihr Glas und blickte Neufsteiler an. Während des Mittagessens hatten sie ihre geschäftlichen Angelegenheiten erledigt; nun war es Zeit, auf den eigentlichen Grund ihres Besuches zu sprechen zu kommen.
    »Nun?« fragte sie mit Ruhe.
    Aus reiner Gewohnheit schaute Neufsteiler sich nach Lauschern um, dann zuckte er mit den Achseln.
    »Sie kommen nicht an ihn ‘ran, Mylady«, entgegnete er ebenso gelassen. »Er hat sich in seinem offiziellen Wohnsitz verschanzt und verläßt ihn nur, um das Oberhaus zu besuchen.«
    Honor runzelte die Stirn; fuhr mit dem Zeigefinger den Stiel des Weinglases hinauf und hinunter und schalt sich dabei selbst. Ihr Vorgehen wies sicherlich einige Vorteile auf – so wußte zum Beispiel das ganze Königreich, was North Hollow geplant hatte –, aber sie hatte ihn damit auch vor ihren eigenen Absichten gewarnt, und er tat das einzige, mit dem sie nicht gerechnet hätte.
    Er versteckte sich vor ihr – und zwar mit bemerkenswerter Effizienz. Solange er sie nicht wegen Verleumdung verklagte, hätte ihre Aufzeichnung genausogut nichtexistent sein können – es sei denn, sie entschied sich, sie den Medien zu übergeben. Aber das hätte für die Menschen, die die Aufzeichnung beschafft hatten, katastrophale Folgen bedeutet. Und so lange Young vermied, ihr von Angesicht zu Angesicht zu begegnen, konnte ihm niemand vorwerfen, er habe ihre Forderung nicht angenommen. Er spielte auf Zeitgewinn und baute darauf, daß die Navy sie früher oder später aus dem Heimatsystem beordern würde, und zu gern hätte sie gewußt, ob er vielleicht schon von den Befehlen gehört hatte, die ihr von der Admiralität erteilt worden waren. Sie hatte noch fünf, bestenfalls sechs Tage, bis die Nike die Anschleppe verließ; danach mußte sie entweder das Kommando niederlegen oder sich ihren Pflichten widmen und Young einstweilen laufen lassen.
    Youngs Verhalten war selbstverständlich das Verhalten eines Feiglings, aber das war wohl kaum verwunderlich. Währenddessen spielten die Newsdienste der Opposition immerhin den Refrain, mit dem sie mehr oder minder gerechnet hatte: Die meisten gaben ihr Bestes, um aus ihr eine Art beutegieriges Monstrum zu machen, das ohne den Hauch eines Beweis aus purem Haß nach ihrem Erzfeind schlug, die gefährlicheren hingegen trieften vor Mitgefühl und riefen heuchelnd zu Besinnung auf, Dame Honor habe ja so Schreckliches durchgemacht, gestanden sie ihr zu, den geliebten Mann in der brutalen Sinnlosigkeit eines Duells verloren – eine Praxis, die ohnehin verboten gehörte –, und sie vermöge einfach nicht mehr klar zu denken. Wer könnte es ihr verübeln, daß sie in ihrer Trauer wild um sich schlage? Captain Tankersleys Tod sei eine Tragödie gewesen, und trotz aller Irrationalität sei es durchaus verständlich, daß sie jemanden, irgend jemanden dafür verantwortlich machen wolle. Das heiße noch lange nicht, daß es recht sei, dem Earl von North Hollow die Schuld zuzuschieben, und die Leser mögen sich an das zwischen ihnen Vorgefallene erinnern; auch der Earl sei ein Opfer. Der Umstand allein, daß sie ihm die Schuld gebe – und es auch wahrhaftig aus tiefstem Herzen glaube –, mache ihn noch nicht notwendigerweise zum Täter, sondern beweise nur ihre Bereitschaft, ihn als Feind zu sehen, wenn sie so verzweifelt nach einem Ziel suche. Solange kein schlüssiger Beweis vorgelegt werde, müsse man Zweifel für den Angeklagten geltend machen, und seine mit kühlem Kopf beschlossene Weigerung, Öl ins Feuer zu gießen, sei nur zu begrüßen.
    Nimitz bliekte leise, als er

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