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Mit Schimpf und Schande

Mit Schimpf und Schande

Titel: Mit Schimpf und Schande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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sehr leise.
    »Um Recht und Unrecht geht es hier überhaupt nicht.« Cromarty richtete seine Augen, in denen sich das Glitzerlicht der Stadt spiegelte, auf Alexander. »Sie hat den optimalen Weg gefunden, sich jedes einzelne Mitglied des Oberhauses auf Dauer zu entfremden.«
    »O nein, Allen – nicht jeden von uns.«
    »Na schön«, schnaubte Cromärty, »dann stimmen Hamish und du eben für sie ab. Verdammt, ich selbst schließe mich euch ja sogar an. Damit hat sie drei Stimmen. Wenn du drei weitere Stimmen für sie finden kannst, dann solltest du den gottverdammten Premierministerposten übernehmen!«
    Alexander biß sich auf die Lippe, sprach aber kein Wort. Was konnte er auch sagen? In ihm war kein Platz für Zweifel daran, daß Lady Harrington sich durch den Anschlag auf ihr Leben gezwungen gesehen hatte, zu handeln – und ebensowenig zweifelte er, wer Drahtzieher des Attentats war. Er hatte sie persönlich noch nicht kennengelernt, aber er hatte mit seinem Bruder oft genug über sie gesprochen. Niemals hätte sie das Oberhaus auf diese skandalträchtige Art benutzt, wenn es möglich gewesen wäre, auf andere Weise an North Hollow heranzukommen. Alexander hatte sich ihre kurze, leidenschaftliche Rede auf der Aufzeichnung des Hauses angeschaut und darin keine Theatralik, kein gekünsteltes Drama gefunden. Sie hatte nicht die versammelten Peers des Reiches zum Narren gehalten, sondern war vor sie getreten, weil sie die letzte Instanz waren, die ihr zur Gerechtigkeit verhelfen konnten. Die Aufrichtigkeit – und die Wahrhaftigkeit – ihrer Anklagen waren in jedem einzelnen Wort zu spüren gewesen.
    Leider sah das Oberhaus die Angelegenheit von einem anderen Standpunkt, betrachtete Harringtons Verhalten als Verletzung seiner Würde und Affront. Die Peers waren hoch erzürnt über den Zynismus, mit dem Harrington die Regeln und Protokolle des Oberhauses verdreht hatte, damit sie ihren Zwecken dienten. Das Haus erkannte einen Regelmechaniker, wenn es ihn sah, und war entschlossen, Harrington zu strafen, weil sie es gewagt hatte, seine gebieterische Würde in den Schmutz zu ziehen.
    »Wie schlimm ist es denn wirklich?« fragte er schließlich.
    Cromarty seufzte, diesmal eher besorgt als verärgert. »High Ridge hat bereits alles in Gang gesetzt, um sie auszuschließen. Er wollte ihr sogar den Titel aberkennen lassen, aber eine solide Mehrheit im Unterhaus – einschließlich der Hälfte der Freiheitlerstimmen, ob du’s glaubst oder nicht – macht Front mit Ihrer Majestät. Dadurch wird Harrington der Titel gerettet, und es bewahrt sie außerdem vor einer Strafanzeige, aber auch die Königin kann die Peers nicht zwingen, jemanden ins Oberhaus aufzunehmen, den abzulehnen sie entschlossen sind. Sie ist ‘raus, Willie! Wenn auch nur fünf Prozent des Hauses dem Antrag widersprechen, bin ich überrascht.«
    »Und danach?« Die Ruhe in Alexanders Stimme war mit Ärger und Frustration unterlegt.
    Cromarty ließ die Schultern sinken. »Du meinst, nachdem sie ihn umgebracht hat.« Es war eine Feststellung, keine Frage, und trotz der Dunkelheit spürte er Alexanders Nicken. Er wandte sich vom Geländer ab und ließ sich in einen Liegestuhl fallen. Zurückgelehnt schloß er die Augen und wünschte, er könnte den kommenden Tagen ebenso leicht entkommen wie er die Lichter von Landing ausschalten konnte.
    Harrington hatte den Earl von North Hollow im wahrsten Sinne des Wortes in die Ecke gedrängt. Ganz gleich, wie zornig die Peers über sie waren, sie hatte ihm ihre Anklage und ihre Forderung in den Rachen gestopft. Er konnte ihnen nicht mehr ausweichen, und deswegen konnte er sie nicht mehr ignorieren. Sollte er das versuchen, würde er nicht nur seinen politischen Rückhalt verlieren, sondern alles, was für einen Mann wie ihn im Leben zählte, denn er wäre ein Ausgestoßener, ein Paria, den seine einstigen Ebenbürtigen ignorierten und der von seinen Untergebenen mit Verachtung gestraft wurde – nicht einfach nur ein Feigling, sondern jemand, der seine Schuld in allen Anklagepunkten Harringtons eingestanden hatte. Im Grunde war die Situation lächerlich, ein Rückfall in die Barbarei. Gottesurteil, Rechtsfindung durch Zweikampf – aber so war es. Selbst dieses Wunder an Charakterlosigkeit, um das es sich bei dem Earl von North Hollow handelte, mußte das begriffen haben. Seine Tenorstimme hatte vor unbezwingbarem und unverkennbarem Entsetzen gebebt, als er Harringtons Herausforderung annahm – aber angenommen hatte er

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