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Mit Schimpf und Schande

Mit Schimpf und Schande

Titel: Mit Schimpf und Schande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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entfernt Ahnliches. »Ich möchte mich für diese Unterbrechung Ihrer Beratungen entschuldigen, doch bleibt mir nach den Regeln des Hauses keine andere Wahl.« Fast wie gegen seinen Willen wandte er den Kopf und warf einen Blick auf die robentragende Gestalt an der Tür, dann drehte er sich wieder zum Mikrofon.
    »Ich bin soeben an eine selten zur Anwendung kommende Bestimmung erinnert worden«, verkündete er. »Eigentlich ist gebräuchlich« – er funkelte den Neuankömmling erneut an –, »daß neue Peers das Haus mit angemessener Frist von ihrem Kommen unterrichten und daß jemand die Patenschaft übernimmt, bevor sie ihre Plätze unter uns einnehmen. Unter gewissen Umständen jedoch, zu denen auch die Erfordernisse des königlichen Dienstes sprechen, können neue Mitglieder die Einnahme ihrer Sitze hinausschieben oder – wie man mich gerade erinnerte – vor uns erscheinen, wann es ihnen paßt, wenn ihre Pflichten der Krone gegenüber es ihnen unmöglich machen, zu einem Zeitpunkt zu erscheinen, der dem Haus gelegen kommt.«
    North Hollow strich sich über den Bart und fragte sich, wovon zum Teufel der Sprecher da faselte. Erfordernisse des königlichen Dienstes?
    »Auf diese Regel wurde sich gerade berufen, Mylords und Myladys«, fuhr der Sprecher widerwillig fort. »Eine Angehörige des Oberhauses, die wünscht, ihre Jungfernrede an das Haus zu halten, informierte mich, daß heute ihre letzte Gelegenheit dazu sein könnte, weil sie damit rechne, bald im Dienste der Königin etliche Monate unterwegs zu sein. Unter den gegebenen Umständen bleibt mir keine Wahl, als diese Ausnahme zuzulassen.«
    Die geflüsterten Gespräche brandeten wieder auf, lauter als zuvor, und Köpfe wurden gewandt, Gesichter starrten in den hinteren Teil des Saales. Nein, nicht in den hinteren Teil, bemerkte North Hollow, sie starrten ihn an; als der Sprecher sich der in Roben Gekleideten zuwandte, erfaßte North Hollow plötzliche Panik.
    Die Fremde schritt zum Tisch des Sprechers hinüber und kehrte sich dem Plenum zu. Sie hob die Hände, zog die blutrote Kapuze der Ritter des Ordens von König Roger zurück. Mit einem unterdrückten Ausruf des Entsetzens sprang Pavel Young von seinem Sitz auf: Honor Harrington lächelte ihn kalt an.
     
    Unter den Falten ihrer Roben verborgen, zitterten Honors Hände, als sie sie wieder an die Seiten sinken ließ. Doch das nahm sie kaum wahr. Ihr Blick war auf Pavel Young fixiert, der sich erhob und in plötzlichem Begreifen erbleichte. Sein Kopf wandte sich hin und her; wie ein Tier in der Falle suchte er vergeblich nach einem Fluchtweg – aber diesmal würde er ihr nicht entkommen. Diesmal konnte er ihr nicht davonlaufen – nicht, ohne daß jeder im Saal wüßte , daß er geflohen wäre. Und für einen Mann wie ihn war es vermutlich noch furchteinflößender, daß die einzige Fluchtroute ihn auf Armeslänge an sie heran geführt hätte.
    In Honor kochte der Haß; mit jeder Faser sehnte sie sich danach, Young körperlich anzugreifen. Trotzdem legte sie lediglich die Hände zusammen und ließ den Blick über die anderen Peers wandern, die sich hier versammelt hatten. Einige von ihnen wirkten so erschrocken wie Young; andere machten einen eher verblüfften Eindruck, und nur ganz wenige beobachteten sie mit schmalen, wachsamen Blicken. Die förmliche Atmosphäre des Hauses war zerschmettert wie ein zerbrechliches Glasgebilde. Der Sergeant-At-Arms trat näher zu ihr, als fürchtete er, sie notfalls gewaltsam zurückhalten zu müssen. Honor spürte, wie ihre Umgebung vor Unsicherheit erzitterte, als die Peers die Mordlust des Raubtiers erkannten, das so unversehens mitten unter ihnen erschienen war.
    »Mylords und Myladys«, sagte sie schließlich in ihrer Sopranstimme, die sich klar über das gedämpfte Gemurmel erhob, »ich möchte mich beim Haus für die ungebührliche Art, in der ich das Protokoll unterbrochen habe, entschuldigen. Aber wie der Herr Sprecher bereits andeutete, steht mein Schiff unter dem Befehl, Manticore unverzüglich zu verlassen, sobald seine Reparaturen und Instandsetzung beendet sind. Die Aufgabe, ein Schiff Ihrer Majestät in Kampfbereitschaft zu versetzen, wird mich den größten Teil meiner Zeit kosten, und der Abreisebefehl macht es selbstverständlich völlig unmöglich für mich, vor Ihnen zu erscheinen, sobald diese Arbeit beendet ist.«
    Sie schwieg, kostete die Stille und genoß das Entsetzen, das beinahe sichtbar über Pavel Young schwebte, dann holte sie tief

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