Mit Schimpf und Schande
beeindruckender Weise bewaffnet. Im Umgang mit Menschen besaß Nimitz mehr Erfahrung als die meisten seiner Art, aber während Honor sich am Vortag durch die brüllende Menge zur Röhre vorkämpfte, fand sie sich sehr damit beschäftigt, eine doppelte Armvoll fauchende und um sich krallende ‘Katz zu bändigen, bevor sie durch die Röhre zurück ins Schiff fliehen konnte. Zudem hatten Eve Chandler und Tomas Ramirez im gleichen Augenblick, als die Nachricht herauskam, die Posten an den Stationsenden der Zugangsröhren zur Nike verdoppelt. Honors Marines kannten Nimitz, hatten sein Elend richtig eingeschätzt und ihren Rückzug mehr energisch als taktvoll gedeckt. Ein Reporter, der versuchte, sich den Zugang an Bord des Schlachtkreuzers zu erzwingen, hatte Abschürfungen, Prellungen und ein gewisses Maß an Zahnschäden erlitten, als er ›versehentlich‹ mit dem Kolben eines Pulsergewehrs kollidierte. Honor fand, sie sollte den Marine, dem das Gewehr gehörte, eigentlich tadeln. Zum Glück für ihr Pflichtbewußtsein war der Tumult zu groß gewesen, als daß auch mit Hilfe der Überwachungssysteme auf der Galerie festgestellt werden konnte, welcher Marine nun schuldig war … und wenn es Augenzeugen gegeben haben sollte, dann beabsichtigte Honor jedenfalls nicht, sich die Mühe zu machen, nach ihnen zu fahnden.
Sie ließ Nimitz wieder auf sein Polster sinken und begann, in der Kabine im Kreise zu schreiten. Das war doch einfach lächerlich! Sie war die Kommandantin eines Sternenschiffes Ihrer Majestät und keine Schwerverbrecherin, die sich vor der Polizei verstecken mußte! Sie sollte in der Lage sein, zu kommen und zu gehen, wann sie wollte, ohne daß …
Ein leises, klares Läuten ertönte, und mit einem Laut, der sehr an Nimitz’ Fauchen erinnerte, fuhr sie zu der Luke herum. Das Läuten ertönte wieder, und Honor holte tief Luft, um die augenblicklich aufsteigende und für sie ganz und gar uncharakteristische Wut unter Kontrolle zu bringen. Schließlich und endlich, beruhigte sie sich mit einem gequälten Lächeln, vermochte keiner der Reporter an Bord der Nike zu gelangen – wie zumindest einer von ihnen notfalls auch vor Gericht bezeugen könnte …
Ihr Lächeln verstärkte sich, und wieder fuhr sie sich mit den Händen durchs Haar, um die durcheinandergeratenen, gerade schulterlangen Locken in eine gewisse Ordnung zu bringen, dann drückte sie auf die Intercomtaste.
»Ja?« Ihre Sopranstimme klang kühl und höflich – fast normal.
»Captain Tankersley, Ma’am«, verkündete der Marineposten. Mit plötzlicher, neuerwachter Freude leuchteten Honors Augen auf.
»Vielen Dank, Private O’Shaughnessy«, sagte sie, ohne daß es ihr gelang, sich ihre Beglückung nicht in der Stimme anmerken zu lassen, und öffnete die Tür.
Tankersley trat durch die Öffnung, blieb stehen und bereitete sich auf den Ansturm vor, als er sie nahen sah. Mit langen, graziösen Schritten, viel schneller als üblich, kam sie heran, und es blieb der Luke gerade genug Zeit, sich hinter ihm zuzufahren, dann schloß er die Arme um sie, und Honor seufzte vor grenzenloser Erleichterung.
Als sie ihre Wange gegen die weiche Wärme seines Baretts preßte, spürte sie die sanfte Vibration, mit der er leise lachte, und verzog selber die Lippen. Sie war einen ganzen Kopf größer als er, und nebeneinander wirkten sie womöglich albern, aber im Augenblick gab es nichts, was für sie von geringerer Bedeutung war.
»Du hättest den Mob sehen sollen, der auf der Galerie sein Lager aufgeschlagen hat«, sagte er zu ihr, während er sie festhielt und seine Hände ihr am Rückgrat entlangfuhren und die Schultern liebkosten. »Ich glaube, heute sind es noch mehr als gestern.«
»Danke sehr«, antwortete sie trocken und drückte ihn kurz an sich, dann trat sie zurück und zog ihn neben sich auf die Couch. Einen Augenblick lang musterte er ihr Gesicht, dann lachte er leise auf und bedeckte die rechte Hälfte ihres Gesichts mit seiner Hand.
»Arme Honor. Die machen dir wirklich die Hölle heiß, was?«
»Die größte Untertreibung, die ich je gehört habe«, entgegnete sie scharf, obwohl seine Ankunft ihre Stimmung schon entscheidend verbessert hatte. Sie packte seine Hand mit ihren beiden und lehnte sich in die Sofapolster zurück. Nimitz sprang von seinem Sitz auf die Armlehne der Couch. Der sechsgliedrige ‘Kater floß heran und drapierte sich auf Pauls Schoß, das Kinn auf Honors Schenkel gestützt. Er schnurrte laut, als Tankersley ihm mit
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