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Mit Schimpf und Schande

Mit Schimpf und Schande

Titel: Mit Schimpf und Schande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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der Verbesserung des Genpools nicht übertrieben hatten. Beowulf war die älteste der Tochterkolonien von Alterde und hatte seinen eigenen Kodex der Biowissenschaften lange vor dem Letzten Krieg entwickelt, und dieser Kodex hatte die Exzesse, die auf anderen Planeten an der Tagesordnung waren, von vornherein ausgeschlossen. Außerdem hatte es nach dem allgemeinen Abzug von der Gertmanipulation längst nicht so viel Druck auf das medizinische Establishment von Beowulf gegeben, wie man hätte erwarten können, denn Forscher von Beowulf hatten die genetischen Schäden beseitigt und die furchtbaren Seuchen, die der Letzte Krieg den Überlebenden auf Alterde hinterließ, eine nach der anderen isoliert und besiegt.
    Und auch heute noch, beinahe eintausend T-Jahre später, befolgte Beowulf den Kodex. Vielleicht wurde er sogar noch rigoroser gehandhabt als damals. Das Sternenkönigreich von Manticore machte, wie die meisten Planeten mit brauchbarer medizinischer Versorgung, keinen Unterschied zwischen ›natürlich‹ und in vitro geborenen Kindern. Tatsächlich gab es genug Argumente für ›Retortenbabys‹, wie sie noch immer genannt wurden, nicht zuletzt die Leichtigkeit, mit der der Fötus überwacht und Defekte korrigiert werden konnten. Und selbstverständlich übte die Methode einen großen Reiz auf Frauen aus, die eine Karriere verfolgten, besonders Soldatinnen wie Honor selbst. Trotzdem weigerte Beowulf sich, die Methode anzuwenden.
    »Das ist gar nicht leicht zu erklären«, begann Honor schließlich. »Ich glaube, es hat viel damit zu tun, daß Beowulf die Eugenik-Programme fortgeführt hat, als alle anderen Planeten sie zurückwiesen. Als … tja, als eine Art Wink, der den Rest der Galaxis beruhigen sollte, ihnen sagen sollte, daß auf Beowulf nicht wild am menschlichen Genotyp herumgedoktert wurde. Was man dort auch nie getan hat, weißt du. Von je her ist dort ein gradueller Ansatz bevorzugt worden. Man ist bereit, bis an die natürlichen Grenzen des verfügbaren genetischen Materials vorzudringen, aber sie gehen nicht um einen Millimeter über das hinaus, was menschlich ist. Vielleicht findest du, daß diese Grenze mit dem Prolong-Verfahren überschritten worden ist, aber tatsächlich verändert man nicht wirklich etwas mit der Lebensverlängerung. Man überzeugt nur einige Gengruppen, zwo oder drei Jahrhunderte lang ein wenig anders zu arbeiten. Aber trotzdem ist ihr Beharren auf dem Austragen des Kindes mehr als nur eine Geste an den Rest der Menschheit. Mutter sagt, der offizielle Grund laute ›Vermeidung von technischer Abhängigkeit in Fragen Vermehrung‹, aber sie lächelt stets, wenn sie das behauptet, und ein oder zwomal hat sie bereits zugegeben, daß daran noch mehr ist.«
    »Was denn?« fragte Paul, als sie schwieg.
    »Das will sie mir nicht sagen – außer, daß sie mir versichert, ich würde es schon verstehen, wenn ich erstmal so weit bin. Sie wird dann geradezu mystisch.« Honor zuckte mit den Schultern, dann grinste sie und drückte ihm die Hand. »Aber vielleicht willigt sie in unserem Fall in eine Ausnahme ein, in Anbetracht der Dienstpläne, die in den nächsten Jahren so auf uns warten.«
    »Hat sie«, entgegnete Paul mit aller Seelenruhe. Honor hob die Augenbrauen, und er grinste. »Sie hat gesagt, daß sie ihre Reagenzgläser hervorkramt, wenn wir sie das nächste Mal besuchen. Und irgendwas …« – er hob die Nase und schniefte überlegen –, »daß sie nicht zulassen werde, daß dir erstklassiges Sperma durch die Lappen geht.«
    Honor riß voller Verblüffung die Augen auf, dann wurde ihr Blick weich. Sie hatte nicht begriffen, wie sehr ihre Mutter von Paul angetan war, und ihre Hand schloß sich fester um die seine.
    »Das halte ich für eine großartige Idee«, sagte sie leise und beugte sich vor, um ihn trotz Anwesenheit der Diplomaten zu küssen. Dann richtete sie sich in ihrem Sitz auf und lächelte schelmisch. »Nicht, daß ich die Absicht gehabt hätte, mir irgendwelches ›erstklassiges Sperma‹ entgehen zu lassen.«
     
    Ein Andocktraktor griff aus, um das Shuttle in den Beiboothangar des Schweren Kreuzers Jason Alvarez zu ziehen. Das kleine Raumfahrzeug rollte mit Hilfe der Kreisel und der Manöverdüsen, richtete sich an den Armen des Andockgerüsts aus und legte sich schließlich ohne die geringste Erschütterung gegen die Pralldämpfer. Honor saß ganz ruhig da und beobachtete, wie sich die farbenprächtig gekleideten Zivilisten erhoben und mit ihrem Handgepäck

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