Mit Schwert und Magie
hörte auf, mit den Ketten zu rasseln, rannte an der Reihe der Wachen vorbei und rempelte sie nacheinander mit der Schulter an. Dann hielt er das Schwert mit beiden Händen senkrecht vor seinen Kopf und warf sich in das Schlafgemach hinein.
Der Herzpfänder und Algajar hatten einen der Vorhänge auseinandergerissen und waren geflüchtet.
Es konnte nur einen winzigen Augenblick lang zurückliegen, denn die schweren Stoffbahnen bewegten sich noch.
Mit gezücktem Schwert sprang Necron auf die Tür zu, fegte mit einem blitzschnellen Schlag der Waffe den Vorhang zur Seite und blickte hinaus.
Die Treppe, die in einen der Palastgärten führte war leer. Es war sinnlos, die beiden verfolgen zu wollen.
Er drehte sich um und - blickte direkt in die weit aufgerissenen Augen des Shallad. Hadamur bewegte sich langsam und mühselig, keuchte laut und lallte dann Wort um Wort:
»Was… ist… geschehen?«
»Algajar und ein unbekanntes Wesen, eine kleine, schwarz verhüllte Gestalt, wollten dich zu einer Kreatur des Rachedämons machen. Sie haben davon gesprochen, dich zu opfern. Niemand konnte dich vor ihnen schützen, denn sie haben alle Wachen in tiefsten Schlaf versetzt. Sieh dich um, Shallad Hadamur.«
Entsetzt bewegte der Shallad seine Schultern. Er sah schweigend und nach Luft schnappend zu, wie seine Sklavinnen, Diener und Wachen sich zu bewegen begannen, wie sie stöhnten und wimmerten und sich aufrichteten. Zwei Wachen, mit bleichen Gesichtern und in allen Zeichen der Verwirrung, stürzten mit blanken Schwertern in den Saal hinein.
»Halt!« kreischte Hadamur auf. Er wandte sich an Necron.
»Wer bist du?«
»Ein Krieger aus dem Gefolge von Prinz Odam, dem Gemahl deiner Tochter Shezad.«
»Warum…?«
»Ich kam durch einen Zufall hierher. Ich habe mich in den Gängen und Korridoren deines Palasts verlaufen, o Shallad.«
»Und was hast du gesehen, gehört? Wie heißt du?«
»Ich bin Necron, ein einfacher Mann, der leidlich mit dem Schwert umzugehen weiß. Ich sah einen Dämonenpriester und folgte ihm voller Neugierde…«
Necron gab seinen Bericht. Shallad Hadamur hörte schweigend und in ständig steigendem Entsetzen zu. Natürlich ging Necron mit der Wahrheit sehr behutsam um und erzählte nur, was ihm richtig erschien, und mit keinem Wort verriet er wirklich, was er dachte oder plante.
Die Sklavinnen krochen furchtsam aus dem Bereich der Schlafmuschel hinweg und vermieden es, Necron oder Hadamur ins Gesicht zu sehen. Aber keiner der beiden nahm von ihnen Notiz. Die Diener brachten Wein und Leckereien und blieben, nachdem sie sich neben dem Shallad zu Boden geworfen hatten, in dieser Stellung liegen.
Vor jeder Tür, jedem Portal und jedem Fenster versammelten sich die Bewaffneten, die sich leise murmelnd unterhielten. Zweifache Angst erfüllte sie; die Angst, von Hadamur grausam bestraft zu werden, und die Furcht davor, daß die Dämonen so schnell und unbemerkt Macht über sie gewonnen hatten.
»Du hast eingegriffen, ehe sie mich versklaven konnten!« stöhnte schließlich Hadamur und winkte. Zwei Sklavinnen brachten gefüllte Prunkpokale.
Hadamur hockte inmitten seiner Kissen und Stoffbahnen wie ein seltsames Tier, das in einem duftenden Nest brütete.
»So war es«, beendete Necron seine Schilderung. »Denn sonst wäre die Haut deines Gesichtes jetzt gläsern, und du hättest nicht mehr die Spur eines eigenen Willens. Alle deine Gedanken wären die Gedanken Achars.«
Necron gelang es geschickt, seine Verwirrung zu verbergen. Er wollte unbemerkt in die Nähe des Shallad gelangen, und jetzt saß er unmittelbar vor dem mächtigsten Herrscher dieser Welt.
Ein Sklave hatte ihm auf einen Wink des Shallad einen Sessel gebracht. Shallad Hadamur - jetzt sah er ihn von Angesicht zu Angesicht. Die gewaltige, aufgedunsene Masse des bleichhäutigen Körpers stieß ihn ab. Unförmig hockte der Shallad zwischen seinen Kissen. Bei jeder Bewegung zitterte das Fleisch. Dort, wo andere Männer Muskeln hatten, schien es nur Fett zu geben. Eine Flut unterschiedlicher Gerüche stieg von dem Nachtlager auf. Aber der Kopf und das Gesicht faszinierten Necron.
Die kleinen Augen strahlten Gerissenheit und Klugheit aus. Der haarlose Schädel versinnbildlichte Kraft und Gewalt. Der Mund, jetzt zitterten die Lippen, und Schweiß stand auf der Oberlippe, zeigte dem Alptraumritter, was der Shallad in dieser Stunde wirklich dachte und empfand.
Er versuchte zu verstehen, was vorgefallen war.
Hadamur überlegte, wie er aus dieser
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