Mit Sherlock Holmes durch Raum und Zeit 1
sein. Zuerst verschwindet er wochenlang und dann taucht er urplötzlich wieder auf, nur um – völlig verschreckt von dem uralten Fluch, der auf seinem Geschlecht lastet – geradewegs wieder im Moor unterzutauchen. Wo hat er in der Zwischenzeit gesteckt, Watson? Und wo ist er jetzt?«
»Ähem – ja«, pflichtete Alex ihm bei. »Diese Hundegeschichte und der Ppussjaner… Halten Sie es für möglich, daß zwischen den beiden eine Verbindung besteht?«
»Man soll das Fell des Bären nicht verteilen, ehe man ihn erlegt hat, Watson«, sagte Holmes sybillinisch. »Das ist der Kardinalfehler, den – wie unser ungestümer Freund Gregson – alle jungen Polizisten begehen.«
Alex blieb nichts anderes übrig, als Holmes auch in diesem Fall seine Zustimmung nicht zu versagen. Geoffrey war dermaßen damit beschäftigt, seine Hauptaufgabe zu lösen, daß er sich nicht einmal die Zeit nahm, der Umgebung irgendwelche Beachtung zu zollen. Der gesamte Planet stellte für ihn nichts anderes als einen Hintergrund für seine Suche dar. Wenn man ihn als ausgesprochen pragmatischen Charakter einstufen konnte, mußte man andererseits auch zugeben, daß die Methoden Sherlock Holmes’ dazu angetan waren, einem die geistige Gesundheit zu rauben.
Alex fiel plötzlich ein, daß er gar keine Waffe hatte. Geoffrey besaß einen Strahler, aber seine eigene Gruppe verfügte nur über Holmes’ Revolver und Tooweys knorrigen Hirtenstab. Schluckend versuchte Alex den Gedanken an das Ding, das ihn am gestrigen Abend angefallen hatte, in den Hintergrund zu drängen. »Schönes Wetter heute«, sagte er zu Holmes.
»Wirklich, nicht wahr?« erwiderte der Meisterdetektiv. Sein Gesicht erhellte sich. »Es ist übrigens höchst bemerkenswert«, fuhr er fort, »daß die grausigsten Verbrechen immer an ausgesprochenen Sonnentagen verübt werden. Da war zum Beispiel der Fall des kastrierten Bischofs. Davon habe ich Ihnen noch gar nichts erzählt, Watson. Haben Sie zufällig Ihr Notizbuch zur Hand?«
»Oh, leider nein«, sagte Alex.
»Ein Jammer«, sagte Holmes, »denn ich hätte Ihnen nicht nur die Geschichte des kastrierten Bischofs erzählen können, sondern auch den Fall mit dem sprunghaften Raupenschlepper, den Fall der verlegten Whiskyflasche oder den ungeheuerlich grausigen Fall der… Sie alle beinhalten sehr interessante Probleme. Haben Sie eigentlich ein gutes Gedächtnis, Watson?« fragte er plötzlich.
»Ich… äh… glaube schon«, sagte Alex.
»Dann will ich Ihnen den Fall des sprunghaften Raupenschleppers erzählen, da er von allen der kürzeste ist«, ließ Holmes verlauten. »Er spielte sich lange vor Ihrer Zeit ab, Watson. Ich war gerade im Begriff, mir mit meiner Arbeit einen Namen zu machen, als es eines Tages an meiner Tür klopfte und der außergewöhnlichste…«
»Hier is dat Anwesen«, sagte der Bauer Toowey.
Hinter einer Baumreihe erhob sich die beeindruckende Fassade eines Gebäudes im Tudorstil. Man begab sich zur Tür und klopfte. Ein schwarzgekleideter Hoka-Butler öffnete und musterte sie mit frostigem Blick. »Der Lieferanteneingang befindet sich hinten«, sagte er.
»He!« schrie Alex.
Als der Butler sein menschliches Aussehen bemerkte, wurde er gleich respektvoller. »Ich bitte um Verzeihung, mein Herr«, sagte er, »aber ich bin ein wenig kurzsichtig. Sir Henry ist leider nicht anwesend.«
»Und wo befindet er sich?« fragte Holmes scharf.
»In seinem Grab, Sir«, erwiderte der Butler mit unheimlicher Stimme.
»Häh?« machte Alex.
»In seinem Grab?« bellte Holmes. »Rasch, Mann! Wo hat man ihn beerdigt?«
»Im Magen des Hundes, Sir, wenn Sie den Ausdruck verzeihen wollen.«
»Jau, jau«, sagte der Bauer Toowey nickend, »der Hund is immer schon gefräßig gewesen.«
Einige weitere Fragen führten schließlich zu der Erkenntnis, daß Sir Henry – er war Junggeselle – vor mehreren Wochen ganz plötzlich während eines Spaziergangs im Moor verschwunden und bisher nicht wieder aufgetaucht war. Der Butler nahm mit ziemlicher Überraschung zur Kenntnis, daß man ihn am vorhergehenden Abend gesehen hatte, und schien sichtlich erleichtert. »Ich hoffe, daß er bald zurückkehrt, Sir«, sagte er, »denn ich habe vor, mich beruflich zu verändern. Sosehr ich Sir Henry auch verehre; es ist mir leider nicht möglich, weiterhin einem Mann zu dienen, der jeden Augenblick von einem Monstrum verspeist werden kann.«
»Nun denn«, sagte Holmes und zog ein Maßband aus der Tasche. »Gehen wir ans Werk,
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