Mit Sherlock Holmes durch Raum und Zeit 1
jetzt war er klapperdürr und schmutzig. Seine Stimme schien unter den ungewohnten Lebensumständen allerdings nicht gelitten zu haben, denn er fluchte mit einer tiefen Baßstimme ununterbrochen vor sich hin, während er sich von den letzten Fesseln selbst befreite.
»Ungeheuerliche Frechheit«, schimpfte er. »Nicht mal auf seinem eigenen Grund und Boden ist man sicher! Und dann hat dieser Tunichtgut auch noch den Nerv, sich meiner Familienlegende zu bedienen – des entsetzlichen Fluchs, der schließlich auf mir lastet, verdammt noch mal!«
»Beruhigen Sie sich, Sir Henry«, sagte Holmes. »Nun sind Sie sicher.«
»Ich werde meinem Parlamentsabgeordneten schreiben«, brabbelte der echte Henry Baskerville empört vor sich hin. »Ich werde es ihm geben, darauf können Sie Gift nehmen, daß ich das tue! Das Oberhaus wird mir einige Fragen zu beantworten haben, bei Gott!«
Alex nahm auf dem Feldbett Platz und starrte in das Dunkel. »Was ist Ihnen zugestoßen, Sir Henry?« fragte er.
»Das verdammte Monstrum hat mich in meinem eigenen Moor angesprungen«, sagte der Hoka grimmig. »Es hat mich mit einem Schießeisen bedroht und mich in diese stinkende Höhle getrieben. Schließlich besaß es noch die Unverschämtheit, nach dem Muster meines Gesichts eine Maske herzustellen. Seitdem sitze ich hier bei Wasser und Brot. Wenn das Brot wenigstens frisch gewesen wäre, bei Godfrey! Das ist doch keine britische Verhaltensweise mehr! Ich habe wochenlang gefesselt in diesem Loch zugebracht, und die einzige Beschäftigung, die mir gestattet wurde, bestand aus dem Einsammeln dieser Blüten. Und jedesmal, wenn er von hier verschwand, fesselte und knebelte er mich…« Sir Henry schnappte erregt nach Luft. »Stellen Sie sich nur vor: Der Halunke besaß die Stirn, mich mit meiner eigenen Schulkrawatte zu knebeln!«
»Er hat ihn als Sklave und möglicherweise auch als Geisel hier festgehalten«, kommentierte Holmes die Aussage Sir Henrys. »Hm. Allem Anschein haben wir es mit einem Burschen zu tun, der zum Äußersten entschlossen ist. Aber sehen Sie doch einmal her, Watson. Ich will Ihnen etwas zeigen.« Er langte in eine Kiste und brachte triumphierend einen schwarzen Gegenstand hervor. »Was halten Sie davon, Watson?«
Alex breitete das Ding vor sich aus. Es war eine Plastikmaske, die einen mit langen Fangzähnen versehenen und wie eine Zahnpastareklame grinsenden monströsen Hundekopf darstellte. Als er es in den Schatten hineinhielt, leuchteten glänzende Punkte auf. Es war der Kopf des Hundes!
»Holmes!« rief Alex. »Der Hund ist der…«
»Ppussjaner«, bestätigte Holmes.
»Wie gefällt es Ihnen bei mir?« fragte plötzlich eine freundlich klingende Stimme.
Holmes, Alex, Toowey und Sir Henry wirbelten herum und brachten es fertig, sich in ein heillos verknotetes Knäuel aus Leibern zu verwickeln, als sie alle zugleich in einer Ecke Deckung suchten. Nachdem es ihnen gelungen war, sich wieder zu entwirren, starrten sie in den Lauf eines Strahlers hinein. Dahinter wurde eine Gestalt sichtbar, die in einem wallenden, schwarzen Mantel steckte und die Gesichtszüge Sir Henry Baskervilles besaß.
»Nummer Zehn!« schluckte Alex.
»Ganz richtig«, sagte Ppussjaner. Seine Stimme erinnerte an das quäkende Organ eines Hokas, der Ton, dessen er sich befleißigte, war allerdings eiskalt. »Glücklicherweise«, fuhr er fort, »bin ich von meinem Streifzug gerade noch rechtzeitig zurückgekehrt, um zu verhindern, daß man mich in einen Hinterhalt lockt. Es war erheiternd für mich, dem Suchkommando bei der Arbeit zuzusehen. Ich sah die Leute zuletzt, als sie nach Northumberland hinaufgingen.«
»Sie werden Sie trotzdem finden«, sagte Alex mit ausgedörrter Kehle. »Sie werden es nicht wagen, uns etwas anzutun!«
»Tatsächlich nicht?« fragte der Ppussjaner grinsend.
»Wat mich angeht, ich glaub dat schon«, sagte Toowey.
Alex wurde plötzlich schmerzlich klar, daß das Versteck des Ppussjaners, das seinen Zweck bis jetzt erfüllt hatte, diesen sicher auch noch so lange erfüllen würde, bis es der Bande gelungen war, Nummer Zehn zur Flucht zu verhelfen. Er, Alexander Braithwaite Jones, würde das allerdings mit Sicherheit nicht mehr erleben.
Aber das war unmöglich. Solche Dinge durften einem Mann wie ihm einfach nicht zustoßen. Immerhin war er der Botschafter der Liga auf Toka und nicht irgendein Charakter aus einem Melodram, der nur noch darauf wartete, abgeknallt zu werden. Er…
Ein wahnwitziger Gedanke
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