Mit Sherlock Holmes durch Raum und Zeit 1
Gelegenheiten blinzelte er mir zu, gab jedoch keine Erklärungen ab und beschrieb auch nicht den angenommenen Fortschritt seiner Ermittlungen. Ich machte mir ernsthafte Sorgen darüber, daß mein alter Freund unter der Last seiner Jahre in einer Phantasiewelt lebte, in der er davon ausgehen konnte, daß diese lächerliche Angelegenheit so ernst war wie die Abenteuer vor einem Vierteljahrhundert, als seine Fähigkeiten sich auf ihrem Höhepunkt befunden hatten.
Am fünften Tag, kurz nach dem Frühstück, bei dem er keine weitere Konversation über den Fall Sir Alexander Norwoods angeregt, sondern einfach dagesessen und versucht hatte, mich zu beeindrucken, indem er sich tief in Gedanken versunken zeigte, bat er darum, meinen Belichtungsmesser ausleihen zu dürfen. Dieses Gerät hatte ich erst kürzlich erworben, nachdem ich von einem nahestehenden Verwandten eine ziemlich komplizierte deutsche Kamera zum Geburtstag erhalten hatte. Ich war ein wenig ängstlich, er könne das Gerät in seiner Geistesabwesenheit irgendwo vergessen, konnte dem alten Schwindler den Wunsch aber auch nicht abschlagen.
Zu meiner Erleichterung gab er ihn mir an diesem Abend wieder zurück und beauftragte mich dann, bevor er vor sich hinredend zu Bett ging, am nächsten Morgen Alfred aufzuspüren, den »Captain« der Gruppe seiner Straßenjungen, die er voller Erheiterung seine Baker Street Irregulars nannte, und ihn zu bitten, sich mittags in unserer Wohnung aufzufinden.
Daraufhin konnte ich nur sprachlos die Schlafzimmertür anstarren, die er gerade hinter sich geschlossen hatte.
Alfred, Friede seiner Seele, war im Dienste Seiner Majestät 1915 in Mons gefallen, und die führerlosen Irregulars meines Freundes waren ihrer Wege gegangen, zumeist ins Gefängnis, wenn man die Wahrheit beim Namen nennen wollte.
Doch nun plagte mich mein Gewissen. Ich hatte meinem Gefährten – meinem Schützling wäre hier angebrachter – erlaubt, sich mit dem Gedanken vertraut zu machen, wieder an einem großen Fall zu arbeiten, und dadurch war sein Verstand über die Grenze der Senilität hinaus in eine reine Phantasiewelt abgeglitten. Und nun Alfred.
Am nächsten Morgen hatte ich mich entschlossen, dieser ganzen Sache ein Ende zu bereiten, eine Entscheidung zu erzwingen und darauf zu beharren, meinen Gefährten wieder zu der ruhigen Lebensweise zurückzuführen, an die wir uns vor dem Erscheinen Peter Norwoods gewöhnt hatten.
Um dies zu bewerkstelligen, ging ich am nächsten Morgen vor die Tür und sprach den ersten Zehn- oder Elfjährigen an, dem ich begegnete. Er war ein abgerissener, verschlagen aussehender Bursche, dessen Stimme noch beträchtlich rauher war als die seiner zerlumpten Kumpane. Um der Wahrheit genüge zu tun – und wenn mein Gedächtnis mich nicht täuschte –, ähnelte er wirklich etwas dem Alfred alter Zeiten, der in seinen Tagen in genau dieser Straße gespielt hatte.
»Hör mal, junger Mann«, sagte ich, »würdest du dir gern eine halbe Krone verdienen?«
Er sah mich lange und abschätzend an. »Wat muß ich’n dafür tun?« sagte er, wobei sein Ich hab von alten Knackern eurer Sorte schon genug gehört vorerst ungesagt blieb.
Ich unterließ es, ihm eine Ohrfeige zu verpassen, und erklärte ihm, was ich im Sinn hatte, und nachdem er den Preis auf drei Schillinge hochgeschraubt hatte, stimmte er zu.
Und so geschah es, daß der im Ruhestand lebende Detektiv, als er am Mittag nach Hause kam, den Stock eher schwingend als sich auf ihn stützend, mich frohgemut begrüßte und dem Jungen einen Klaps auf den Rücken gab. Er sah genauso aus, als habe er zwanzig Jahre in der Aufregung seiner Unternehmungen verbracht, und kam sofort zur Sache.
»Alfred«, sagte er, »glaubst du, du kannst drei oder vier andere Jungs für einen Auftrag heute nachmittag auftreiben?«
Der Junge stand vor dem anderen da, die Arme in die Seite gestemmt, die hellen Augen strahlend. Dann berührte er seine Kappe und sagte: »Ich glaube schon, Sir. Sofort, Sir?«
»Sofort, Alfred. Ab mit dir.«
Ich war ehrlich gestanden verblüfft. »Einen Augenblick!« polterte ich, um meine Falle zuschnappen zu lassen. Ich wandte mich dem Gefährten meiner letzten Jahre zu. »Sehen Sie her, für wen halten Sie diesen jungen Burschen?«
Der ehemalige Detektiv zwinkerte mit den wäßrigen Augen, als sei ich es, der endgültig über die Grenze der Senilität hinaus abgerutscht sei. »Nun, das ist Alfred. Sie werden sich doch sicher an seinen Großvater erinnern, mein
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