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Mit Sherlock Holmes durch Raum und Zeit 2

Mit Sherlock Holmes durch Raum und Zeit 2

Titel: Mit Sherlock Holmes durch Raum und Zeit 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isaac Asimov
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der sie ihre Ruhe aufrechterhielt.
    »Darf ich direkt zur Sache kommen, Doktor?« fragte sie.
    »Natürlich, natürlich, Miß… äh…«
    »Unter vier Augen dürfen Sie einfach Irene zu mir sagen«, erwiderte sie huldvoll.
    Ich deutete in bescheidener Dankbarkeit eine Verbeugung an.
    »Vielleicht sind Sie überrascht, daß ich Sie aufgespürt habe«, sagte Die Frau. »Doch ich bin in einer Angelegenheit von höchster Dringlichkeit hier. Schon einmal habe ich mich in einer Stunde der ernsten Krisis an Sie und Ihren Gefährten gewandt, und nun, da ein Problem von ähnlicher Bedeutung entstanden ist, wende ich mich erneut an Sie.«
    »Mein Gefährte ist im Ruhestand«, erklärte ich traurig. »Wenn Sie möchten, können wir versuchen, ihn telegraphisch zu erreichen, doch er hat angedeutet, daß sein ausschließliches Interesse nun der Bienenzucht gilt, und ich habe ernste Zweifel, daß man ihn überreden kann, Sussex zu verlassen.«
    »Dann müssen Sie mir helfen. Bitte, Doktor, ich wäre nicht hergekommen und hätte Ihre Einsamkeit in irgendeiner Hinsicht gestört, würde die jetzige Situation es nicht unabänderlich erfordern.«
    Indem sie dies sagte, beugte sie sich vor und legte ihre kühlen, unbehandschuhten Fingerspitzen sacht auf meinen Handrücken. Als sei bei der Berührung ihrer Finger ein galvanischer Strom von ihrem Organismus zu meinem übergesprungen, fühlte ich mich wieder frisch und ermutigt. Die Frau hatte Schwierigkeiten! Und Die Frau war in der Stunde der Not zu mir gekommen! Ich hätte niemals ein solcher Flegel sein können, sie zurückzuweisen – und bestimmt nicht in diesem Augenblick, da der Mantel meines Mentors auf meine eigenen unsicheren Schultern zu fallen schien.
    »Aber natürlich, Eure Hoh… Irene.« Ich fühlte, wie ich bis an die Haarwurzeln errötete, als ich ihren Vornamen aussprach. »Wenn Sie so freundlich sein würden, einen Augenblick zu warten, während ich einen Notizblock und ein Schreibinstrument hole, um die hervorstechenden Einzelheiten Ihres Berichts festzuhalten…«
    Ich erhob mich, holte Propatriapapier und Blei und kehrte dann schnell an meinen Platz neben dieser bezaubernden Besucherin zurück. Einen Augenblick lang erwog ich, ihr Tee und Biskuits mit Marmelade anzubieten, nahm dann jedoch angesichts des jetzigen Zustands meines Speiseschranks und Portemonnaies davon Abstand. »Bitte, fahren Sie fort«, sagte ich.
    »Danke. Ich gehe davon aus, daß ich Ihnen weder den Ort noch die Art meines derzeitigen Domizils mitteilen muß, Doktor«, begann Die Frau. Nachdem sie mein bestätigendes Nicken zur Kenntnis genommen hatte, sagte sie einfach: »Der Gott des Nackten Einhorns ist gestohlen worden.«
    »Der Gott des Nackten Einhorns!« rief ich.
    »Der Gott des Nackten Einhorns!«
    »Nein!« platzte ich ungläubig heraus.
    »Doch!« erwiderte sie kühl. »Der Gott des Nackten Einhorns!«
    »Aber… wie ist das möglich? Der größte Nationalschatz des Landes…«
    »Psst!« Sie brachte mich mit einem Geräusch, einem Blick und einem neuerlichen Druck ihrer Fingerspitzen auf meinem Handgelenk zum Schweigen. »Bitte! Selbst in vertrauteren und sichereren Gemächern als diesem wäre es unklug, den Namen meines gewählten Mutterlandes zu nennen.«
    »Natürlich, natürlich«, murmelte ich; ich hatte mich bereits erholt. »Aber ich begreife nicht, wie der Gott des Nackten Einhorns gestohlen werden konnte! Ist er nicht… Aber ich besitze ein Buch mit künstlerischen Reproduktionen. Betrachten wir einen Druck der Statue und sehen wir selbst.«
    »Sie ist in mein Gedächtnis eingebrannt, Doktor. Ich habe sie Tag und Nacht vor Augen! Ich brauche mir nicht die armselige Interpretation eines Künstlers anzusehen, doch Sie können Ihre Bücher ruhig durchstöbern, ob Sie eine Abbildung des Meisterwerks des großen Bildhauers Mendez-Rubirosa finden.«
    Ich durchquerte den Raum und kehrte mit einem schweren, in olivgrünes Leinen gebundenes Buch zurück, schlug es vorsichtig auf und blätterte die Pergamentseiten um, bis ich eine Stahlgravur des größten Werkes des Bildhauers Mendez-Rubirosa fand: den Gott des Nackten Einhorns. Wie ich mich zu erinnern geglaubt hatte, war das Werk in Platin gegossen und mit wertvollen Edelsteinen verziert. Die Augen des Gottes waren Rubine und die des Einhorns, das sich ehrfurchtsvoll vor den Füßen der Gottheit niederkauerte, Saphire und Smaragde. Die Hörner des Einhorns bestanden aus bestem Elfenbein, eingelegt mit Goldfiligran. Das Fundament

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