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Mit Sherlock Holmes durch Raum und Zeit 2

Mit Sherlock Holmes durch Raum und Zeit 2

Titel: Mit Sherlock Holmes durch Raum und Zeit 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isaac Asimov
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der Skulptur war ein massiver Block aus poliertem Onyx, eingelegt mit Pekingjade.
    »Aber der Gott des Nackten Einhorns ist der Nationalschatz Böh…« Ich ertappte mich gerade noch rechtzeitig. »Wenn sein Diebstahl bekannt werden würde, wäre die Krone in Gefahr.«
    »Genau«, bestätigte die Frau, die als Die Frau bekannt war. »Und wir haben die Nachricht erhalten, daß die Skulptur öffentlich auf dem St.-Wrycyxlwvs-Platz ausgestellt werden wird, wenn wir nicht eine Lösegeldforderung von achtzig Billiarden Grudnik erfüllen. Und man hat uns eine Frist von achtundvierzig Stunden gesetzt! Verstehen Sie nun, Doktor, wie verzweifelt mein Gatte und ich sind? Deshalb bin ich zu Ihnen gekommen! Sie allein – wenn Ihr Kollege darauf beharrt, sich seinen Imkerpflichten zu widmen – können mir helfen!«
    »Auf dem St.-Wrycyxlwvs-Platz!« rief ich.
    »Auf dem St.-Wrycyxlwvs-Platz!« bestätigte sie.
    »Aber das ist doch der Nationalversammlungsplatz des größten und unversöhnlichsten Feindes Ihrer Nation!«
    »Genau, Doktor.«
    Ich fuhr mir nachdenklich über das Kinn, mir schmerzlich der unansehnlichen Stoppeln meines unrasierten Bartes bewußt, die meine Erscheinung bestimmten.
    »Und achtzig Billiarden Grudnik!« wiederholte ich.
    »Ja, achtzig Billiarden Grudnik«, sagte sie.
    »Das wären – etwa – vierzig Kronen, neun Pfund und Threepence«, rechnete ich aus.
    »In etwa – jedenfalls kann man die Kursschwankungen vernachlässigen«, bestätigte meine bezaubernde Besucherin.
    »Achtundvierzig Stunden«, sagte ich.
    »Etwa zwei Tage«, rechnete Die Frau um.
    »Ich verstehe«, sagte ich abwartend und fuhr mir erneut übers Kinn. »Und verraten Sie mir, Hoh… Irene, meine ich… Haben Sie und Ihr Gatte auf die Forderung reagiert?«
    »Mein Gatte hat seinen höchsten Minister angewiesen, auf Zeit zu spielen, während ich reise, um unter höchster Geheimhaltung – Sie verstehen natürlich – Ihren Beistand zu suchen. Ihren und…« Sie hielt inne und ließ den Blick durch die dunstbeschlagene Fensterscheibe auf die nebelumwölkte Gaslaterne draußen gleiten – »doch Sie sagen ja, daß er nicht zur Verfügung steht.«
    »Und sein bemerkenswerter Bruder… Sie erinnern sich natürlich an seinen bemerkenswerten Bruder«, bekräftigte ich.
    »Natürlich.«
    »Aufs Land gezogen«, flüsterte ich.
    »Aufs Land gezogen?« echote sie eindeutig entgeistert.
    »Aufs Land gezogen«, wiederholte ich.
    Die Frau griff mit den dünnen, aristokratischen Fingern einer Hand in den spitzenbesetzten Ärmelaufschlag ihres Kleides und holte ein winziges, zartes Taschentuch hervor. Sie betupfte kurz ihre Augen. Dies war der Augenblick, ließ mich irgendein innerer Dämon in Erinnerung rufen, bei dem eine skrupellose Person männlichen Geschlechts in der Verkleidung reinen Mitgefühls einen Vorstoß wagen könnte. Doch während ich noch dort saß und meine geheime Schwäche schalt, bekam sich Die Frau wieder in die Gewalt. Sie steckte das Taschentuch wieder ein und gewann ihre Fassung zurück.
    »Dann gibt es nur eins, Doktor«, sagte sie fest. »Niemand sonst kann helfen. Sie müssen mit mir kommen. Sie müssen uns Ihren Beistand gewähren!«
    Ich erhob mich, schlüpfte ohne ein Wort in Mackintosh, Plaidmantel und Umhang, Kappe und Galoschen und reichte der grazilen und zitternden Irene die Hand.
    Das Spiel, murmelte ich grimmig in einer Lautstärke, die bei weitem unter der des Verständlichen lag, ist im Gange!
     
     
    II
     
    Bevor ich meine bescheidenen Räume verließ, hielt ich inne, um die Prügelfalle, den Stolperdraht, den Einbrecherriegel, die automatische Daguerrotype-Maschine und den Wassereimer über der Tür anzubringen. Dann zog ich das Schnappschloß zu und wandte mich meiner bezaubernden Begleiterin zu. »Ich stehe zu Ihren Diensten, Madame«, sagte ich.
    Wir gingen die Treppen hinunter, hielten auf jeder Etage nach Straßenräubern oder Verrätern Ausschau und gelangten sicher in die Nacht von Limehouse. Ein feiner Nebel hatte sich gesenkt und durchnäßte die rußgeschwärzten Reste des letzten Schneefalls zu einer grauen, rutschigen Masse. Meine Begleiterin und ich bahnten uns den Weg durch dunkle, geräuscherfüllte Nebenstraßen, bis wir die West India Dock Road erreicht hatten, den Schauplatz so vieler berüchtigter Taten und unerwarteter Abscheulichkeiten.
    Ein Schauder lief ungehindert über meinen Rücken, als wir einen Kopfsteinpflasterplatz überquerten. Einen Augenblick lang dachte ich, es sei der

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