Mit sich selbst befreundet sein
kleidet, die den Besuch eines Logikseminars voraussetzt.
Mit der Rehabilitierung des Schönen wird es möglich, einen ästhetischen Zugang zur Ethik zu eröffnen und eine ästhetische Ethik neu zu begründen. Ästhetische Ethik ist die stufenlose Hinführung zur Ethik vom sinnlich und alltäglich Erfahrbaren aus, um die Ethik nicht »abgehoben« anzusetzen. Die Fragestellung der Ethik wird auf diese Weise auch denjenigen zugänglich, denen eher ästhetische, nicht so sehr abstrakt erscheinende ethische Kategorien »etwas sagen«. Denn Schönes und das »schöne Leben« interessiert Individuen offenbar ganz unmittelbar, wohingegen die anspruchsvollen Inhalte eines »guten Lebens« auch mit einigem theoretischen Aufwand nicht so ohne weiteres zu vermitteln sind. Das ethisch verstandene gute Leben als »wertorientiertes Leben« kommt gegen das populäre Verständnis des guten Lebens als »Wohlleben« nicht an. Wer von sich sagt, er liebe das gute Leben, meint meist kein ethisch reflektiertes, sondern ein leichtes, angenehmes, sorgenfreies Leben, ganz dem »Positiven« zugewandt. Das kann zwar auch für den Begriff des schönen Lebens gelten, aber hier lässt sich aus dem populären Alltagsbegriff heraus ein Reflexionsbegriff des Schönen entwickeln.
Durchaus setzt die Rede vom Schönen zunächst beim anfänglichen, unreflektierten, gefühlsbestimmten Alltagsbegriff des Schönen an. Das Schöne auf diese Weise zu finden und zu empfinden ist unabdingbar, macht jedoch die Reflexion nicht überflüssig. Mit der subjektiv bestimmten, affektiv-ästhetischen Herangehensweise gelangt das Selbst auf seinem Weg zum Schönen nicht etwa schon am Anfang an ein Ende. Vielmehr erscheint es sinnvoll, das als »schön« Empfundene zu überdenken und imDenken zu befragen – nicht um es wieder zu verlieren, sondern über den unmittelbaren Eindruck hinaus mehr Gewissheit darüber zu gewinnen, was mit plausiblen Gründen und im Hinblick auf mögliche Konsequenzen für »schön« gelten kann, was nicht. Die kritische Selbstbefragung darüber geschieht im Selbstgespräch, jedoch auch im Gespräch mit anderen, vorausgesetzt, das Selbst stimmt der Befragung seiner selbst durch andere zu. Denn unhintergehbar ist seine Akzeptanz und seine Wahl: Auf einen Diskurs ist es nicht zu verpflichten, auch nicht darauf, Gründe für sein Schönes zu nennen. Um jedoch einen Reflexionsbegriff des Schönen zu gewinnen, kommt es auf ein kritisches Bewusstsein an, das im Prozess der Begründung erst entsteht und verhindern kann, der Verführungskraft des Schönen beliebig zu unterliegen.
Der kritische Begriff von Schönheit wird zum Kriterium für eine Wahl , die zu treffen ist; sei es eine alltägliche Wahl, die keine weiter reichende Bedeutung hat, oder eine existenzielle Wahl zwischen Alternativen fürs Leben; auch eine im engeren Sinne ethische, wertbestimmte Wahl, die über Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit, Achtung und Missachtung der Würde anderer entscheidet. Denn diese Frage stellt sich in der Situation der Wahl: Was erscheint in erster Näherung , sodann aber mit Gründen als schön? Dem wäre zu folgen, was vollkommen bejahenswert, und das zu fliehen, was eindeutig verneinenswert erscheint. Im dilemmatischen Fall wäre entscheidend, was sich im Vergleich zwischen Alternativen noch als relativ bejahenswert erweist. Im tragischen Dilemma zwischen gleich schlechten Alternativen wäre ausfindig zu machen, was als weniger verneinenswert empfunden und beurteilt wird. Dem Kriterium des Schönen wird in jedem Fall der Vorrang vor Erwägungen oder gar Berechnungen des Nützlichen eingeräumt. Die Folgefrage erst wäre: Ist dies auch nützlich? Und selbst wenn der Frage des Nützlichen der Vorrang zukäme, dann beträfe jedenfalls die Anschlussfrage das Schöne: »Ist das, was nützlich ist, in meinen Augen auch schön?« So wirdder Begriff des Schönen zum Inbegriff der Selbstmächtigkeit gegen den Übergriff der Nützlichkeit. Die Sorge um Schönheit ist in der Lage, die Denkweise und Ethik der bloßen Nützlichkeit zu konterkarieren. Vor allem über die Engführung der ökonomischen Nützlichkeit hinaus bringt sie eine alternative, wirkungsmächtige Kategorie ins Spiel, statt nur die Vernutzung menschlicher Verhältnisse zu beklagen und entsetzt zuzusehen, wie das Ökonomische sich aller Lebensbereiche bemächtigt. Die entscheidende Wahl trifft das Individuum selbst; ein mögliches Kriterium dafür aber ist die Annahme, dass wohl nicht im Nützlichen
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