Mit sich selbst befreundet sein
und ökonomisch Berechenbaren, sondern im Schönen der Sinn des Lebens zu finden ist.
Entscheidend ist die Perspektive des Selbst bereits für die Wahrnehmung von Alternativen und für das Schöne als Kriterium. Alltägliche wie existenzielle Lebensfragen, auch ethische Fragen im engeren Sinne wären daher zuallererst in Bezug auf sich selbst zu formulieren: Welche Möglichkeiten habe ich? Welche bevorzuge ich? Was sagt mir mein Gefühl, meine Überlegung, mein Gespür? Was will ich tun? Was soll für mich gelten? Was erscheint mir als schön und bejahenswert? Was ist das Individuellschöne ? Das wäre im Umgang mit sich selbst erst zu klären. Ästhetische Ethik heißt nicht einfach nur Normen zu folgen, sondern auf individuelle Weise Optionen zu realisieren: Eine Ethik, die die Autonomie des Einzelnen ernst nimmt, kann nicht normativ, sondern nur optativ begründet sein. Ist aber, wenn so vieles von der individuellen Wahl abhängt, nicht das Schlimmste zu befürchten: die Aufhebung von Werten, von Demokratie und Menschenrechten? Wie soll der Übergang von der individuellen Ästhetik des Schönen, des Bejahenswerten, zur allgemeinen Ethik des Guten, der Werte möglich sein? Vorausgesetzt, dies erscheint erforderlich. Dafür allerdings gibt es gute Gründe, denn dies ist die heikle Frage der ästhetischen Ethik: Kann es für ein Selbst auch »schön« sein, andere unmäßig zu verletzen? Subjektiv kann dies in äußerster Zuspitzung so wahrgenommen werden, keineNorm, kein Gesetz, keine Sanktion kann daran etwas ändern. Und doch liegt es im Interesse des Selbst, sich gemeinsam mit anderen um eine Festlegung dessen zu bemühen, was über das Subjektive hinaus allgemein als »schön« gelten soll: Was ist das Allgemeinschöne ? Die unmäßige Verletzung anderer kann nicht dazu gehören: Das folgt aus dem Eigeninteresse jedes Einzelnen, nicht seinerseits von anderen verletzt zu werden; dasselbe Interesse darf bei jedem anderen vorausgesetzt werden. So kommt es auf optativer Grundlage schließlich zu normativen und sanktionsbewehrten Festlegungen für ein Wir , die das »Unschöne«, wenn es dennoch geschieht, nicht noch legitimieren. Dort aber, wo der Prozess zur Festlegung von Normen längst stattgefunden hat, stellt sich für das Selbst im Nachhinein die Frage, ob die getroffenen Festlegungen akzeptabel und bejahenswert sein können. Wenn nicht, so ist vielleicht ein erneuter Diskurs darüber anzustoßen. Erscheint dies als zu anstrengend oder bleibt es ergebnislos, wird wohl der Stand der Dinge bis auf weiteres zu akzeptieren sein.
Sollte »Unschönes« denn nicht generell unmöglich gemacht werden? Die Versuchung ist groß, neben einer Lebens- und Haftpflichtversicherung auch noch eine Versicherung gegen ethische Unfälle abschließen zu wollen. Die wird es aber nicht geben, auch eine normative Ethik kann sie nicht bieten. Über demokratische Prozesse der Meinungsbildung und der allgemeinen Wahl ist lediglich eine gesellschaftliche Prägung der Auffassung von Schönem möglich. Ein Konsens wird kaum zu erreichen sein, da die Auffassungen von Schönem trotz allem individuell bestimmt bleiben. Würde ein Konsens erreicht, hätte er, wie schon in anderen Zusammenhängen, nivellierenden Charakter und würde Auseinandersetzungen mit dem Argument einer Wahrung des Konsenses unterbinden. Um »Unschönes« wirksam zurückzudrängen, kommt es vor allem auf die Aufmerksamkeit und Wachsamkeit von Individuen an, die sich um eine ästhetische Ethik bemühen und damit zuallererst bei sich selbst ansetzen. Individuelle und gesellschaftliche Ebene sind dabei stets gegeneinander abzuwägen, denn es zeigt sich, dass eine angestrebte allgemeine Geltung regelmäßig strenger und weniger nachsichtig konzipiert ist als die individuelle Geltung nur für sich selbst. Und doch ist die Erarbeitung und Akzeptanz dessen, was für alle gelten soll, noch ein Bestandteil der Lebensgestaltung des Einzelnen. Normativität ist die Bindung der Verbindlichkeit, die nur vom jeweiligen Selbst eingegangen und festgehalten werden kann.
Schönes hat begründenden Charakter auch für das Gute im Sinne des Wertbestimmten. Das Schöne, das als Bejahens wertes verstanden wird, enthält in sich bereits die Werte , die durch Bejahung geschaffen werden, die Bestimmung dessen, was als schön und daher wertvoll erscheint. In der Bejahung durch Individuen haben Werte wie Freiheit, Gerechtigkeit, Menschenwürde, Menschenrechte ihren eigentlich tragenden Grund. Im
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