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Mit verdeckten Karten

Mit verdeckten Karten

Titel: Mit verdeckten Karten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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nicht alles«, sagte Satotschny mit einem Seufzer. »Du nimmst an, daß es sich bei dem Geld, das Artex an die Firma Natalie überwiesen hat, um eine Bestechungssumme für Platonow handelt. Sehe ich das richtig?«
    »Nun ja, eigentlich . . .« sagte der Oberst unschlüssig, »im Grunde schon.«
    »Und wofür hat man ihm nach deiner Meinung dieses Bestechungsgeld gezahlt?«
    »Damit er die Beweise aus der Welt schafft und die betrügerischen Machenschaften vertuscht. Nicht umsonst hat sich in dieser Sache acht Monate lang nichts getan.«
    »Bist du sicher, daß sich nichts getan hat?«
    »Ich habe keine Beweise für das Gegenteil«, entgegnete Mukijenko. »Platonow hätte mir seine Unterlagen zeigen können, ich habe ihm diese Gelegenheit gegeben. Statt dessen ist er geflohen. Wie soll ich das verstehen?«
    »Nun ja, jeder versteht die Dinge entsprechend dem Grad seiner eigenen Verdorbenheit«, sagte der General spöttisch. »Diese Weisheit hat man uns schon in der Kindheit beigebracht. Du hast ihn wahrscheinlich auch des Mordes beschuldigt, nicht wahr? Geniere dich nicht, gib ruhig zu, daß du es getan hast.«
    »Nicht direkt. Ich habe nur gesagt, daß man ihn mit Agajew zusammen gesehen hat und daß der Hauptmann eine halbe Stunde später ermordet aufgefunden wurde.«
    »Und wie hat er reagiert?«
    »Er ist blaß geworden und hat sich ans Herz gegriffen.«
    »Alles klar. Wir sind in eine dumme Geschichte geraten, Artur. Laß uns darüber nachdenken, wie wir da wieder herauskommen. Glaubst du, du persönlich, nicht als großer Chef, sondern als Mensch, daß Platonow der Käuflichkeit und des Mordes schuldig ist?«
    »Nein, Genosse General, das glaube ich nicht«, entgegnete Mukijenko mit fester Stimme.
    »Und ich glaube es auch nicht. Warum, verdammt noch mal, hast du ihm dann Angst eingejagt mit deinen Beschuldigungen?«
    Mukijenko spürte deutliche Erleichterung. Er lächelte sogar, weil die Frage des Generals ihm so kindlich erschien.
    »Ich wollte, daß er mir die Unterlagen zeigt. Sie wissen doch selbst, Iwan Alexejewitsch, kein operativer Mitarbeiter wird seine Unterlagen jemandem freiwillig zeigen. Da kommt man nur mit Druck ans Ziel.«
    »Und warum wolltest du diese Unterlagen unbedingt sehen? Was hast du dir davon erhofft?«
    »Ich wollte mich davon überzeugen, daß Platonow wirklich ermittelt und nicht acht Monate lang gefaulenzt hat, Genosse General.«
    »Warum, Artur?« fragte Satotschny freudlos. »Warum wolltest du dich überzeugen? Woher die Zweifel? Irgendein hergelaufener Sypko hat ein Gerücht in die Welt gesetzt, und du stellst sofort die Aufrichtigkeit deiner Untergebenen in Frage. Artur, Lieber, so geht es nicht. Wir bewegen uns hier alle auf einem schmalen Grat. Sieh dich doch mal um, wie viele sind denn noch übrig von uns? Wofür arbeiten wir denn? Nicht für Geld, nicht für Regalien, sondern für die Idee und für die Ehre der Uniform, die wir tragen. Und das ist noch nicht alles. Mit dem Geld, das wir für unsere Arbeit bekommen, können wir uns den Hintern abwischen, für mehr taugt es nicht. Unter uns gibt es keine Nichtsnutze und Bummelanten mehr wie früher, diese Zeiten sind vorbei. Alle Eckensteher und Radfahrer haben sich längst ein Plätzchen in der freien Wirtschaft gesucht. Geblieben sind nur noch ein paar verrückte Idealisten und die Schurken. Von den ersten gibt es viel weniger als von den zweiten, das merke dir vor allem. Und jedesmal, wenn dich der Hafer sticht, dann denke vor allem daran, daß es sich um einen Menschen der ersten Kategorie handeln könnte, und den würdest du tödlich beleidigen und als Mitarbeiter und Mitstreiter verlieren. Und wenn er einer von der zweiten Kategorie ist, dann wirst du mit deinen direkten Fragen und Beschuldigungen auch nicht weiterkommen. In beiden Fällen hast du das Nachsehen. Du arbeitest erst seit drei Monaten bei uns, du kennst Platonow noch nicht, wie könntest du auf den ersten Blick erkennen, zu welcher Kategorie er gehört? Warum hast du dich Hals über Kopf in die Schlacht gestürzt, warum bist du nicht vorher zu mir gekommen und hast mich um Rat gefragt? Warum hast du. . .«
    Der General winkte verbittert ab. Er hatte sehr leise, kaum hörbar gesprochen, so daß der Eindruck entstand, daß er nicht verärgert war, sondern sich nur grämte und den Tränen nahe zu sein schien vor Kummer. Einen Moment lang empfand Mukijenko sogar so etwas wie Peinlichkeit. Wie konnte er einem Menschen so zusetzen, daß er ihn fast zum Weinen

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