Mit verdeckten Karten
versucht herauszufinden, wie die Ausmusterung der Geräte vor sich geht, der Versand und so weiter. Er sammelt Frachtbriefe und Rechnungen. Ist soweit alles klar?«
»Hmm.« Irina schob sich einen Löffel mit Konfitüre in den Mund. »Erzähl weiter, es ist sehr spannend.«
»Bekommst du keine Angst?«
»Nein, überhaupt nicht. Warum sollte ich Angst bekommen?«
»Wie du meinst«, sagte Platonow und erzählte weiter. »Schließlich muß ich doch irgendeine Unvorsichtigkeit begangen haben, denn die Firma Artex hat plötzlich ihre Auflösung bekanntgegeben. Sie setzte eine Anzeige in die Zeitung und forderte dazu auf, alle noch bestehenden finanziellen Ansprüche an die Firma innerhalb eines Monats geltend zu machen. Kurz, alles wie es sich gehört in der Welt des Big Business. Von irgendwelchen Unterlagen über diese Firma keine Spur. Alles wurde im Zusammenhang mit ihrer Auflösung vernichtet. Mit einem Wort, die Hochzeit fällt aus wegen Nichterscheinen des Brautpaares. Das war natürlich ein schwerer Schlag für mich, wie du dir denken kannst, aber kein tödli-cher. Erstens war mir so etwas in meiner langjährigen Berufspraxis schon oft passiert, zweitens weiß ich aus Erfahrung, daß die Katze das Mausen nicht läßt. Es war mir klar, daß diejenigen, die die Geschichte mit Artex angezettelt hatten, ihre Aktivitäten nicht einfach einstellen würden, weil sie über Nacht gute Menschen geworden waren oder sich mit dem begnügen würden, was sie bereits zusammengerafft hatten. Ich wußte, daß sie eine neue Firma gründen und genauso weitermachen würden wie bisher. Deshalb habe ich das plötzliche und unerwartete Verscheiden der Firma Artex nicht lange betrauert, sondern auf den Moment ihrer Wiederauferstehung gewartet. Und jetzt sage ich dir noch etwas Wichtiges. Du liest wahrscheinlich Krimis und weißt, daß jeder operative Mitarbeiter der Miliz ein eigenes Informantennetz hat.«
Kira lächelte erneut.
»Natürlich weiß ich das. Hältst du mich für eine Analphabetin?«
»Na gut, dann komme ich gleich zum Wesentlichen. Ich hatte einen Mann, der im Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Maschinenbau arbeitete, er hieß Jurij Jefimowitsch. Er war ein hervorragender Fachmann auf dem Gebiet der Edelmetalle, Kandidat der Wissenschaften, Autor verschiedener Fachbücher. Und darüber hinaus war er ein sehr guter Mensch. Es ist sehr wichtig, daß du das weißt, Kira, damit du den weiteren Verlauf der Dinge verstehst. Die meisten Informanten arbeiten für uns, weil sie etwas auf dem Kerbholz haben. Diese Leute hassen uns, sie arbeiten für uns nur aus Angst, weil sie wissen, daß wir etwas gegen sie in der Hand haben. Grob gesagt, diese Leute werden erpreßt. Es gibt auch solche, die es nicht aus Angst tun, sondern weil es ihnen Spaß macht, einem anderen zu schaden, ihm eins auszuwischen. Und nur hin und wieder findest du einen, der mit dir zusammenarbeitet, weil er deine Ansichten und Überzeugungen teilt. So einen Informanten hütet jeder wie seinen Augapfel, es gibt keinerlei schriftliche Unterlagen über ihn, sein Name taucht nirgends in den Papieren auf, damit er geheim bleibt. Mit solchen Leuten entsteht manchmal eine echte Freundschaft und tiefe Verbundenheit, man vertraut und unterstützt sich gegenseitig. Bei weitem nicht jeder operative Mitarbeiter hat in seinem Leben das Glück, so einen Informanten zu finden. Ich hingegen hatte dieses Glück. Ich hatte Jurij Jefimowitsch Tarassow. Er war ein absolut aufrichtiger, ehrlicher Mensch von großer Güte und Kompetenz. Er hat mir bei meinen Ermittlungen in bezug auf Uralsk sehr geholfen. Kurz nach der Auflösung der Firma Artex kam es in dem Betrieb, in dem Jurij Jefimowitsch damals arbeitete, zu den obligatorischen Stellenkürzungen, und wir beschlossen, etwas auszuprobieren. Da Jurij Jefimowitsch sich nun sowieso eine neue Arbeit suchen mußte, haben wir alle unsere Beziehungen spielen lassen, damit er als stellvertretender Abteilungsleiter in der Protokollabteilung des Staatlichen Zentrums für Internationale Beziehungen eingesetzt wurde. Ich will dich jetzt nicht mit Einzelheiten langweilen, aber wer in der Protokollabteilung arbeitet, weiß genau, welche ausländischen Firmenvertreter zu welcher Zeit und für wie lange nach Rußland einreisen, und wer von den russischen Mitarbeitern dieser Firmen wiederum Geschäftsreisen ins Ausland unternimmt. Artex hat zwar nach der öffentlichen Bekanntgabe ihres Verscheidens sämtliche Firmenunterlagen
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