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Mit verdeckten Karten

Mit verdeckten Karten

Titel: Mit verdeckten Karten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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daß sie um ihren Mann bangen mußte, aber er wußte, wie sehr sie das immer mitnahm. Sie wurde jetzt wegen dieser seltsamen Geldüberweisung von Artex in die Mangel genommen, und er konnte ihr nicht helfen, weder durch Rat noch durch Tat, er konnte sie nicht einmal moralisch unterstützen.
    Platonow hörte, wie der Schlüssel im Schloß umgedreht wurde und die Tür klappte. Kira war zurückgekehrt.
    »Guten Morgen!« rief sie fröhlich aus dem Flur, während sie Jacke und Turnschuhe abstreifte. »Zeit zum Aufstehen, Dima!«
    Platonow kam ihr frisch rasiert und nach teurem Toilettenwasser duftend aus dem Zimmer entgegen.
    »Ich bin schon lange auf. Während du wahrscheinlich die halbe Nacht nicht geschlafen hast«, sagte er besorgt und sah ihr in das müde, etwas blasse Gesicht.
    »So ist es«, sagte sie lächelnd. »Bis ich auf der Datscha war, war es schon nach eins. Meine alten Eltern sind erschrocken, sie dachten, daß sie von Einbrechern überfallen werden. Und um fünf Uhr bin ich schon wieder aus dem Bett gesprungen, um den Zug um sechs Uhr noch zu erwischen. Aber es ist alles in Ordnung, Dima, gräme dich nicht! Ich schütte jetzt eine Tasse heißen Kaffee in mich hinein, dann mache ich mir ein dickes Omelett mit Milch und saurer Sahne, danach noch mal Kaffee, und dann bin ich für den Rest den Tages in Form. Ehrlich, mach dir keine Sorgen! Hast du für heute Aufgaben für mich?«
    »Heute morgen müssen wir Sergej Russanow anrufen und ihm die neue Schließfach-Nummer mitteilen. Und abends wirst du mindestens zwei Telefonate führen müssen. Eines mit der Kamenskaja und eines noch mal mit Russanow, um zu erfahren, ob er die Unterlagen bekommen hat. Hast du es dir übrigens überlegt mit der Wohnungsrenovierung?«
    »Gleich, Dima, warte bitte zehn Minuten, ja? Ich bin nach diesen Zugfahrten auf die Datscha immer völlig verdreckt. Ich stelle mich schnell unter die Dusche.«
    Sie schlüpfte ins Bad, und Platonow, der sich wegen der Unannehmlichkeiten schuldig fühlte, die er Kira bereitete, begann, Kaffee zu kochen und das Omelett anzurühren. Während er die Eier in einer Schüssel schaumig schlug und langsam Mehl, Milch und saure Sahne dazugab, beobachtete er den Kaffee auf der Herdplatte und lauschte gewohnheitsmäßig den Geräuschen, die jetzt aus dem Bad zu ihm drangen, um zu erraten, was Kira gerade machte. Ein weiches, von Kunststoff stammendes Geräusch. Kira zieht ihren Pulli aus, und die aufgenähten, dekorativen Plastikperlen sind mit ihrer Haarspange zusammengestoßen, mit der sie ihr langes dichtes Haar am Hinterkopf aufgesteckt hat. Jetzt ein Rascheln, dann das leise Schnalzen des Magnetschlosses am Spiegelschränkchen, das an der Wand über der Wanne hängt. Ein kurzes, jähes Ratschen. Kira öffnet den Reißverschluß ihrer Jeans. Das Rauschen des Wassers setzt ein, ein paar Sekunden lang ist das Geräusch gleichmäßig, weil das Wasser ungehindert auf den Wannenboden fällt, dann verändert sich das Geräusch, weil Kira jetzt unter dem Wasserstrahl steht. Platonow strengte sein Gehör an, aber es gelang ihm nicht, das typische, »trockene« Prasseln zu identifizieren, das dann entsteht, wenn das Wasser auf eine Duschhaube fällt. Er hätte schwören können, daß Kira sich das Haar wusch. Wieder versuchte er, sich ihren langbeinigen, wohlgeformten Körper mit der leicht gebräunten Haut vorzustellen, und wieder fühlte er nichts bei dieser Vorstellung.
    Nach einigen Minuten trat Kira wieder aus dem Bad, in einem langen Bademantel aus Seide, mit rosiger Gesichtshaut und glänzenden Augen« Auf dem Kopf trug sie einen aus einem Handtuch geformten Turban, unter dem sich das nasse Haar verbarg. Platonow lobte sich im stillen wieder einmal für sein gutes Gehör und seine Kombinationsgabe.
    2
    Für Nastja Kamenskaja begann der Tag sehr viel später. Sie war eine Nachteule, meistens ging sie sehr spät zu Bett und stand morgens mit Mühe auf. Wenn es möglich war, schlief sie bis mindestens zehn Uhr.
    Gegen elf Uhr telefonierte sie mit Lesnikow und Korotkow, berichtete ihnen von dem Anruf am Vortag und bat um zwei Recherchen. Sie brauchte eine Liste mit den Namen aller Bewohner der Wolodarskij-Straße und eine Liste mit den Namen aller Passagiere, die am Abend des 29. März von Moskau in die USA geflogen waren. Gegen ein Uhr lagen ihr beide Listen vor, und Ljoscha erklärte sich bereit, Nastja bei der mühsamen Kleinarbeit zu helfen. Gegen fünf Uhr war der Bürger Lowinjukow ermittelt. Er wohnte in

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