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Mit verdeckten Karten

Mit verdeckten Karten

Titel: Mit verdeckten Karten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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nicht.«
    »Auf Sie hat ein Wagen gewartet?«
    »Ja, ein Dienstwagen.«
    »Kennen Sie den Fahrer?«
    »Natürlich. Das ist unser Stas Schurygin.«
    »Haben Sie seine Telefonnummer und Adresse?«
    »Ja, ich schreibe Ihnen beides auf. Wozu brauchen Sie das?«
    »Vielleicht hat er jemanden gesehen, während er vor Ihrem Haus auf Sie wartete.«
    »Mein Gott, Slawa, mein Gott, was für ein Unglück . . .« seufzte Lowinjukow.
    4
    Bei Stas Schurygin waren viele Gäste in der Wohnung, er veranstaltete eine kleine Party. Kaum hatte Igor Lesnikow die Türschwelle überschritten, stieß er mit einem halbnackten, völlig betrunkenen weiblichen Wesen zusammen, das offenbar noch nicht einmal volljährig war.
    »He, Süße, hol mir mal Stas!« sprach Igor sie an.
    Das Mädchen sah ihn teilnahmslos an. »Kenne ich dich?«
    »Natürlich kennst du mich«, erwiderte Lesnikow ohne mit der Wimper zu zucken. »Wir haben einander schon hundertmal gesehen, aber du hast mich noch nie wiedererkannt. Wo steckt Stas?«
    »Er ist jemanden abholen gegangen, kommt gleich zurück. Willst du was trinken?«
    »Nein, Kindchen, jetzt nicht, ich hatte heute schon mein Quantum. Ich werde draußen auf Stas warten.«
    Igor schlich sich wieder aus der Wohnung, deren Tür, so schien es, niemals abgeschlossen wurde, und richtete sich auf der breiten Fensterbank draußen im Treppenhaus ein. Nach etwa einer Viertelstunde schlug unten die Haustür, man hörte Schritte und laute Stimmen. Als Igor zwei Männer und eine junge Frau die Treppe heraufkommen sah, stand er auf. Die Frau und einer der Männer schenkten ihm nicht die geringste Beachtung, der zweite Mann sah ihn durchdringend an und verlangsamte seinen Schritt. Das war die Reaktion eines Menschen, der alle Hausbewohner kannte und auf ein fremdes Gesicht reagierte.
    »Stas?« fragte Lesnikow, als der Mann auf gleicher Höhe mit ihm war.
    Der Mann nickte wortlos und sah den Fremden, der ihn auf der Treppe erwartete, fragend an.
    »Ich müßte dich mal kurz sprechen, nur fünf Minuten. Hast du Zeit?«
    »Muß es hier sein, auf der Treppe?« erkundigte sich Schurygin mißvergnügt.
    »Wir können auch in die Wohnung gehen, aber dort ist es so laut. Hier geht es schneller.«
    »Ich möchte in die Wohnung gehen«, erwiderte Stas starrsinnig, und Igor begriff, daß er Angst hatte. Kein Wunder, wenn jemand für eine Firma arbeitete, in der es ständig ums große Geld ging. Da mußte man in jedem Moment auf böse Überraschungen gefaßt sein.
    Sie betraten die Wohnung, und der Flur füllte sich sofort mit fröhlichen, angetrunkenen jungen Leuten, die die neuen Gäste begrüßten. Stas stieß wortlos Igors Ellenbogen an und machte eine Kopfbewegung in Richtung Badezimmer. Sie schlüpften seitlich an den anderen vorbei und schlossen sich in dem geräumigen, mit der Toilette kombinierten Bad ein. Stas klappte den mit einem dunkelblauen Schutzbezug versehenen Klodeckel herunter und machte eine einladende Bewegung mit der Hand, die bedeuten sollte, daß Igor auf der Kloschüssel Platz nehmen sollte. Er selbst blieb in größtmöglicher Entfernung von ihm stehen.
    »Ich bin von der Kripo«, sagte Igor und zückte seinen Dienstausweis. »Damit du nicht nervös wirst, sage ich dir gleich, worum es geht. Am vergangenen Mittwoch, dem 29. März, hast du Grigorij Iwanowitsch Lowinjukow zum Flughafen gefahren. Ist das richtig?«
    »Ja, das ist richtig.« Schurygin nickte mit sichtlicher Erleichterung.
    »Um wieviel Uhr solltest du in der Wolodarskij-Straße sein?«
    »Um dreiviertel acht. Um neun mußten wir in Scheremetjewo sein.«
    »Ab wann hast du vor dem Haus gestanden?«
    »Ab etwa zwanzig vor acht, vielleicht noch ein paar Minuten früher. Ich erinnere mich, daß ich auf die Uhr sah, als ich angekommen war und mir gesagt habe, daß ich die Strecke immer noch nicht gut genug kenne, weil ich schon wieder zu früh dran war.«
    »Ist Lowinjukow pünktlich heruntergekommen?«
    »Nein, er hat sich etwas verspätet.«
    »Um wieviel, versuche, dich genau zu erinnern.«
    »Um etwa zehn Minuten«
    »Das heißt, daß du etwa eine Viertelstunde vor dem Haus gestanden hast, stimmt das?«
    »Na ja, ungefähr . . .«
    »Und was hast du in dieser Viertelstunde gemacht? Hast du gelesen, geschlafen?«
    »Ich habe gar nichts gemacht.« Stas zuckte mit den Schultern. »Ich habe nachgedacht.«
    »Hast du auf die Straße geschaut?«
    »Ja, das tue ich immer. In unserer Firma ist jeder Chauffeur für die persönliche Sicherheit seines

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