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Mit verdeckten Karten

Mit verdeckten Karten

Titel: Mit verdeckten Karten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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geringsten. Was nicht bedeutete, daß Professor Tschistjakow blind war, ganz im Gegenteil. Er reagierte stark auf vollbusige, brünette Frauen mit dunklen, glänzenden Augen, und manchmal (wenn auch sehr selten) erlaubte er sich . . . für ganze zweieinhalb Stunden. Das war genau die Zeit, die der Professor der Mathematik brauchte, um ein Prelude samt Fuge zu spielen. Doch sobald er nach dem letzten Akkord die Hände von den Tasten genommen hatte, verspürte er jedes Mal sofort wieder Sehnsucht nach Nastja, danach, mit ihr zu sprechen, ihr ein schmackhaftes Essen zuzubereiten, mit dem Arm um ihre Schultern auf dem Sofa vor dem Fernseher zu sitzen, lebenswichtige Probleme mit ihr zu besprechen. Und mit der Brünetten neben sich im Bett wollte er sich aus irgendeinem Grund nicht unterhalten.
    »Wird deine Mutter zur Hochzeit kommen, Nastja?« wollte Tschistjakow wissen, während er das Kalbfleisch in dünne Scheiben schnitt, um Schnitzel daraus zu braten.
    »Sie hat es vor.«
    Nastjas Mutter arbeitete schon seit etlichen Jahren an einer schwedischen Universität, sie tauchte nur einmal im Jahr in Moskau auf und hatte in der nächsten Zeit offenbar nicht vor, wieder zurückzukommen.
    »Machst du dir immer noch Sorgen wegen ihrer Liebesgeschichte mit dem deutschen Professor?«
    Nastja winkte ab.
    »Schon lange nicht mehr. Du hattest recht, als du sagtest, daß die Ehe alles verändert, unter anderem den Blick auf die Seitensprünge der Eltern. Weißt du noch, wie ich verrückt spielte, als ich erfuhr, daß meine Mutter einen Freund hat und mein Vater eine Freundin? Ich wußte nicht, wohin mit mir, und konnte nachts nicht schlafen. Und jetzt, da ich selbst kurz vor der Hochzeit stehe, erscheint mir das plötzlich völlig normal, so als könnte es gar nicht anders sein. Komisch, was?«
    Ljoscha stellte eine Pfanne auf den Herd und begann, die Fleischstücke zu klopfen. Plötzlich läutete das Telefon.
    »Kann ich bitte mit Anastasija Pawlowna sprechen?« fragte eine fremde Frauenstimme in der Leitung.
    »Ich bin am Apparat.«
    »Wir kennen uns nicht, Anastasija Pawlowna, ich rufe Sie im Auftrag von Dmitrij Platonow an. Können Sie mich bitte anhören?«
    »Ja, selbstverständlich.«
    »Er läßt Ihnen ausrichten, daß er Agajew nicht ermordet hat. Agajew hatte Unterlagen über die Ausmusterung edelmetallhaltiger Geräte bei sich, als er sich mit Platonow traf. Diese Unterlagen sind bei Agajew geblieben, Dmitrij hat sie nicht an sich genommen. Hören Sie mir zu, Anastasija Pawlowna?«
    »Ja, natürlich, sprechen Sie weiter.«
    »Er hat Agajew nicht umgebracht, aber ihm ist klar, daß die Verdachtsmomente gegen ihn sehr schwerwiegend sind. Das einzige, was er tun kann, ist, zu erzählen, wie es gewesen ist. Agajew ist zum Ministerium in die Shytnaja-Straße gekommen, Dmitrij hat sich am Ausgang mit ihm getroffen, dann fuhren sie zusammen in Platonows Wagen in die Wolodarskij-Straße, wo ein Verwandter von Agajew wohnt. Agajew hatte es sehr eilig, weil sein Verwandter an diesem Abend in die USA flog und er ihn unbedingt noch zu Hause antreffen mußte, um ein Medikament für seine Tochter abzuholen. Platonow setzte Agajew in der Wolodarskij-Straße ab und fuhr weiter. Das war alles.«
    »Hat Platonow irgendwelche Beweise dafür, daß es so gewesen ist?«
    »Ich fürchte nein.«
    »Haben Sie vor, mich noch einmal anzurufen?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Wovon hängt das ab?«
    »Von Ihnen.«
    »Leider ist mir nicht ganz klar, was Sie damit meinen. Aber ich bitte Sie dringend, mich noch einmal anzurufen, wenn Platonow einen Beweis für seine Unschuld erbringen kann. Bitte richten Sie ihm aus, daß ich gleich morgen überprüfen werde, ob der erwähnte Verwandte von Agajew existiert. Wenn er tatsächlich existiert, dann kann Dmitrij noch geholfen werden. Wenn nicht, werde ich weder Ihnen noch Platonow länger glauben können.«
    »Danke, Anastasija Pawlowna. Sie fragen mich gar nicht, wo Dmitrij ist.«
    »Wozu sollte ich das tun? Sie würden es mir sowieso nicht sagen. Ich würde nur meine Stimmbänder unnötig anstrengen. Haben Sie übrigens meine Dienstnummer?«
    »Ja.«
    »Geben Sie mir Nachricht, wenn Platonow irgend etwas eingefallen ist. Sie können mich zu jeder Zeit anrufen, zu Hause oder im Dienst. Genieren Sie sich bitte nicht! Abgemacht?«
    »Abgemacht. Noch mal danke, Anastasija Pawlowna. Alles Gute für Sie.«
    »Auf Wiederhören.«
    Nastja kehrte auf Zehenspitzen in die Küche zurück. Gleich würde sie das

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