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Mit Yoga Lebensaengste bewaltigen

Mit Yoga Lebensaengste bewaltigen

Titel: Mit Yoga Lebensaengste bewaltigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regina Weiser
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Yoga, ist eine reife Leistung. So will uns das Märchen darauf aufmerksam machen, dass zu einem gesunden Leben Angst gehört, weil sie hilft, Grenzen anzuerkennen, wodurch wichtige Entwicklungsschritte in Gang gebracht werden.
    Eine solche Geschichte wird von dem Fürstensohn Gautama Buddha erzählt: Dem Vater wurde bei der Geburt des Sohnes prophezeit, dass sein Sohn entweder ein bedeutender weltlicher Herrscher oder – falls er mit Leid in Berührung komme – Weisheit in die Welt bringen würde. Da der Vater ihn an das fürstliche Schloss binden wollte, hielt er Armut, Krankheit und Tod von ihm fern. Alle Dienerinnen und Diener waren jung, gesund und schön. Als Heranwachsender spürte er die innere Notwendigkeit, diesen »goldenen Käfig« verlassen zu müssen. Kaum lag der väterliche Einflussbereich hinter ihm, begegnete er Armut, Krankheit und Tod, die ihn zutiefst erschreckten. Da er Menschen, die von Leid geplagt sind, vorher nicht gesehen hatte, übten sie einen nachhaltigen Einfluss auf ihn aus und bestimmten seinen weiteren Werdegang.
    Mit diesen Geschichten soll das Leid, das mit Angst verbunden ist, nicht bagatellisiert werden. Es ist schwer, an etwas anderes zu denken, wenn das Herz bis zum Halse schlägt, sich auf der Stirn Angstschweiß bildet, man vor Angst zittert, nicht einschlafen kann oder einem schlecht vor Angst wird. In solchen Augenblicken herrscht nur noch die Angst, und der Betroffene fühlt sich ohnmächtig ausgeliefert. Um den Herrschaftsbereich der Angst zu verlassen, hilft manchmal nur Ablenkung. Es ist jedoch wichtig, auch die Momente bewusst wahrzunehmen, in denen die Angst sich etwas zurückgezogen hat. Die Informationen über das Nervensystem wollen helfen, der Angst ihren Schrecken zu nehmen. Ein Wissen um das natürliche Abklingen von Angst kann helfen, etwas Vertrauen in die Prozesse des Körpers zu gewinnen. Eine meiner Patientinnen, die zunächst sehr unter dem Druck der Angst litt, berichtete mir nach einiger Zeit, sie habe auf die Uhr geschaut, wie lange die Panik anhielt. Nach etwa fünf Minuten sei sie langsam wieder abgeklungen, und sie habe an etwas anderes denken können. Und nach sieben bis acht Minuten sei die Panikattacke ganz verschwunden gewesen. Durch das Beobachten des Uhrzeigers konnte sie das Erleben »Ich bin voller Angst« zu einem »Ich habe Angst – mal schauen, wie lange sie anhält« verwandeln und gewann dadurch Abstand.
    Angst hat oft einen Sinn, der vielleicht zunächst nicht erkennbar ist, weil es Ruhe und Zeit braucht, damit er sichtbar wird. Das Gefühl der Angst ist in einer Situation der Bedrohung normal und gesund. Störend und krank machend ist es, wenn man auf die Vorstellung von ungeliebten Ereignissen in der Zukunft fixiert ist. Die Angst bekommt so zunehmend den Charakter einer Idee, einer Vorstellung, und ist nicht mehr Wirklichkeit. Dadurch wird ein langsames Abschwellen der Angst verhindert und alternative Denkmöglichkeiten werden auf Dauer gelähmt.
    Als Psychotherapeutin und Yogalehrerin bin ich der Meinung, dass keine Angst zu haben genauso »ungesund« ist, wie viel Angst zu haben. Alles Leben spielt sich zwischen Ausdehnung und Zusammenziehen ab. Zu viel Angst lähmt und führt zum Rückzug von der Welt. Ein Leben, in dem alles Ängstigende vermieden wird, kann auf Dauer fade und langweilig werden; sich Herausforderungen zu stellen, gehört zum Lebendigsein. Und viele ungewohnte Aufgaben sind zunächst mit Aufregung und Lampenfieber verbunden, die sich bis zu Angst steigern können. Ob eine selbst gestellte oder von außen erteilte Aufgabe Angst auslöst, hängt nicht nur vom Schwierigkeitsgrad der Aufgabe, sondern auch vom Selbstvertrauen der Person ab. Andererseits kann zu wenig Angst ein riskantes Verhalten fördern, viel Unordnung stiften und ungewünschte Folgen haben. Hinter einem sehr gewagten, Risiko aufsuchenden Verhalten, das von außen betrachtet angstfrei wirkt, kann sich jedoch auch eine tiefe Angst vor Ruhe und Selbstbegegnung verbergen. So betrachtet gehört Angst in seinen vielfältigsten Ausformungen zum Menschsein dazu, es gibt kein Leben ohne Angst. Es gibt jedoch eine Angst, die kein Leben mehr zulässt: eine Angst, die jede Freude und jedes Lebendigsein abtötet, eine Angst, der ein gesunder Gegenspieler fehlt. Dieses Fixiertsein in einer ängstigenden Beziehung zur Welt ist die krankhafte Variante der Angst.
    Eine Patientin von mir hatte sich den Fuß gebrochen und musste eine Zeitlang mit Gipsbein durch die

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