Mit Yoga Lebensaengste bewaltigen
vor Veränderung hat. Dieser dagegen schätzt die Lebendigkeit des Erstgenannten. Der depressiv Veranlagte schätzt die Autonomie und Unabhängigkeit des schizoid Veranlagten, während diesen wiederum die Geselligkeit und Verbundenheit des Ersteren anzieht. In Riemanns Modell, an dem sich psychoanalytisch arbeitende Psychotherapeutinnen und -therapeuten lange Zeit orientiert haben, lassen sich alle Menschen einer dieser vier Strukturierungen zuordnen. Dem je unterschiedlichen Angsttyp wird dabei ein prägender Einfluss auf die Persönlichkeitsbildung zugeschrieben, was ein weites Spektrum von verschiedenen Varianten möglich macht.
Die Veranlagungen lassen sich auch als wichtige Fähigkeiten und Ressourcen sehen: Der Schizoide ist in der Lage, klare, autonome Handlungen zu verrichten und Entscheidungen authentisch, unabhängig und selbstbestimmt zu fällen. Der Depressive sorgt für Verbundenheit, Harmonie und eine angenehme Stimmung, in der sich alle wohlfühlen, sowohl in der Firma wie in der Familie. Der zwanghaft Veranlagte sorgt für Ordnung und Struktur, mit seiner Regelmäßigkeit und Zuverlässigkeit gibt er dem Ganzen ein stabiles Fundament. Der Hysteriker bringt mit seinen vielfältigen Ideen Pfiff und Abwechslung in die Runde, damit keine Langeweile aufkommt. Auch hier entscheidet lediglich das Ausmaß darüber, wann etwas als sehr störend oder gar krankhaft bezeichnet werden muss.
Die von Fritz Riemann beschriebenen Persönlichkeitsstile orientieren sich an der psychoanalytischen Phasenlehre: Ungünstige Entwicklungsbedingungen, wie z. B. mangelnde Zuwendung durch eine Bindungsperson im ersten Lebensjahr, in dem Vertrauen und Bindung gelernt werden, können zur Ausbildung des schizoiden Charakters führen. Eine Störung in der nächsten, der oralen Phase, kann eine depressive Charakterbildung begünstigen. In der nächsten, der analen Phase, geht es um Sauberkeitserziehung und Kontrolle der Ausscheidungsorgane; ein unglücklicher Verlauf in dieser Zeit kann eine zwanghafte Neigung ausbilden. In der phallischen Phase, in der die Vorschulkinder gerne mit ihrem Charme und ihren Fähigkeiten vor allem bei dem gegengeschlechtlichen Elternteil kokettieren, kann eine ungünstige Entwicklung zur Ausbildung einer hysteroiden Veranlagung führen.
Weniger an der psychoanalytischen Theorie, sondern an der besonderen Qualität der Bindung zwischen Säugling und Bezugsperson orientiert, hat sich in den letzten Jahren die Bindungsforschung durch Karl Heinz Brisch entwickelt. 13 Die Bindungsfähigkeit ist für das physische und psychische Überleben des Kleinkinds existentiell notwendig. Deshalb ist sein Denken und Verhalten (Lächeln, Schreien, Festklammern, Hinkrabbeln) vor allem darauf ausgerichtet, dass die Bindung nicht gefährdet wird. Erst danach kann sich ein gesundes Autonomieverhalten entwickeln, das sich zwischen den Polen von Neugier und Exploration einerseits und Bindungssuche andererseits bewegt.
Die aus den frühen Erfahrungen abgeleiteten Erwartungen an die Umwelt beeinflussen oft das gesamte spätere Leben. Sie bestimmen, wie das Verhalten von wichtigen anderen Menschen wahrgenommen und interpretiert wird. Das »Bauchgefühl«, das aus einer Verdichtung aller bisherigen Erfahrungen einer Person besteht, hat den Vorteil, dass es eine blitzschnelle Orientierung bietet, was von einer fremden Person zu erwarten sein wird. Sein Nachteil besteht jedoch darin, dass es meist wenig über das wirkliche Gegenüber aussagt. Das subjektive Muster der spontanen Einschätzung anderer Personen kann nämlich – gewohnheitsmäßig – sowohl einseitig sehr positiv als auch viel zu misstrauisch gefärbt sein.
Ob ein heranwachsender Mensch sich im Leben sicher gebunden fühlen und Vertrauen zu anderen Menschen entwickeln kann, hängt entscheidend von der Feinfühligkeit der Bezugsperson in seiner frühen Kindheit ab. Feinfühligkeit wird definiert als das adäquate und prompte Reagieren der erwachsenen Bezugsperson auf die Äußerungen und Bedürfnisse des Kindes. Dazu gehört 1. das Verhalten wahrzunehmen, 2. es richtig zu interpretieren und dann 3. angemessen und 4. zeitnah darauf zu reagieren. 14
Ein sicher gebundener Mensch kann sowohl sich selbst als auch anderen vertrauen. Aus den beiden Variablen – Selbstwirksamkeit einerseits und Vertrauen in eine tragfähige Beziehung andererseits – lassen sich vier Bindungsstile konstruieren, die persönlichkeitsprägend wirken:
Sicher gebundene Menschen, die das
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