Mit Yoga Lebensaengste bewaltigen
ich mich jedoch für eine Variante entscheiden müssen.
Abb. 1: Drehübung auf dem Stuhl (1)
Ich kann mich entscheiden, wohin ich schaue.
Setzen Sie sich mit aufgerichteter Wirbelsäule auf einen Stuhl (zur Sitzhaltung siehe den Abschnitt »Asana – die richtige Sitzhaltung« in Kapitel 2). Achten Sie darauf, dass der Scheitelpunkt Ihres Kopfes senkrecht über der Mitte Ihres Beckens ist, so dass Ihre Wirbelsäule eine senkrechte Achse bildet, um die Sie sich drehen können. Spüren Sie, dass Sie in der Mitte zwischen zwei Möglichkeiten sitzen. Nun atmen Sie ein und drehen sich ausatmend um die Achse Ihrer Wirbelsäule zu der Seite mit Plan B und verweilen etwa eine Minute – normal weiteratmend – in der gedanklichen Verbindung mit dieser Möglichkeit. Welche Wirkung hat dies auf den Atem und auf Ihre Körperhaltung? Welche Erinnerungen und Assoziationen tauchen auf? Nach etwa einer Minute stoppen Sie, kommen einatmend zur Mitte zurück und drehen sich ausatmend zur Seite mit Plan A. Auch hier beobachten Sie – normal weiteratmend –, welche Wirkung diese Vorstellung auf Ihren Körper, Ihren Atem und Ihr weiteres Denken hat. Nach etwa einer Minute wechseln Sie abermals die Blickrichtung hin zur Seite mit Plan B, dann wieder zurück usw. Beenden Sie die Übung, wenn Sie sich dreimal jeweils zu beiden Seiten gedreht haben und mit der Seite von Plan A geendet haben.
Abb. 2: Drehübung auf dem Stuhl (2)
Flexibel sein heißt, beide Seiten sehen und akzeptieren.
Nun verweilen Sie einen Augenblick in der Mitte und sammeln die Ergebnisse ein. Was hat die Übung bewirkt? Konnten Sie die Wirkung einer der beiden Vorstellungen auch körperlich spüren? Können Sie wahrnehmen, dass es einen Unterschied macht, ob Sie nach links oder nach rechts blicken? Was löst es in Ihrem Körper und Ihrer Seele aus, wenn Sie sich mit der Vorstellung von Plan A verbinden, und was, wenn Sie dies mit demGedanken an Plan B tun? Vielleicht können Sie demnächst, wenn Sie sich bei Plan B entdecken, entscheiden, Plan A ebenfalls in den Raum Ihres Bewusstseins einzuladen.
----
Eine Patientin, die als Kleinkind mehrere Wochen lang in einem Krankenhaus hatte verbringen müssen und sich von den Eltern, die sie nicht besuchen durften, alleine gelassen gefühlt hatte, entwickelte eine ängstliche Haltung in den verschiedensten Bereichen des Lebens. Nachdem ich mit ihr das erste Mal diese Übung gemacht hatte, sagte sie spontan: »Ich wusste gar nicht, dass ich so schnell meine Stimmung ändern kann.« Sie hatte bereits in früheren therapeutischen Sitzungen erlebt, dass sie nach einer kurzen Yoga-Sequenz manchmal gar keine Lust mehr hatte, über ihre Ängste und Probleme zu sprechen.
Der Psychoanalytiker Fritz Riemann hat ein Persönlichkeitsmodell entwickelt, 12 mit dem er die Menschen nach ihrer zugrunde liegenden Angst einteilt: Der schizoid veranlagte Mensch hat Angst vor Nähe. Menschen zu vertrauen fällt ihm schwer, er fühlt sich alleine am sichersten. Bei einer Betriebsversammlung oder einem Familienfest wird er vermutlich einer der Ersten sein, die sich wieder verabschieden. Der depressiv strukturierte Mensch dagegen hat Angst vor Liebesverlust, er meidet Konflikte und passt sich lieber an, als auf seinem Recht zu bestehen. Er sorgt bei der gleichen Versammlung dafür, dass alle sich wohlfühlen und dass es etwas Leckeres zu essen gibt. Sollten unangenehme Themen oder Kontroversen im Gespräch auftauchen, versucht er auszugleichen und zu vermitteln. Der zwanghafte Persönlichkeitstyp hat Angst vor Kontrollverlust, eine neue, unüberschaubare, unkontrollierbare Situation macht ihm großen Stress. Er möchte wissen, wer alles eingeladen ist, und würde unangemeldet, spontan eintreffende Mitglieder möglicherweise nicht begrüßen wollen. Anfang und Ende des Treffens hält er pünktlich ein. Der hysterisch veranlagte Mensch hat Angst vor Hingabe und Bindung, er mag sich nicht festlegen, weder in einer Beziehung noch im Job. Er flirtet gerne, liebt Abenteuer und im Mittelpunkt zu sein und unterhält gerne eine Gesellschaft.
Allerdings besteht im Unbewussten oft ein Ambivalenzkonflikt. So hat der Hysteriker zwar Angst vor Hingabe und Festlegung, aber gleichzeitig auch den Wunsch danach. Der unbewusste Gegenpol wird dabei gerne im Partner gesucht und gefunden. So findet man oft Partnerschaften oder Ehen zwischen einem hysteroid und einem zwanghaft strukturierten Menschen. Der unruhig-quirlige schätzt dabei die Ruhe dessen, der Angst
Weitere Kostenlose Bücher