Mitarbeiter sind so verletzlich
Schwächen steht und der alles dies bewusst nach außen vorlebt.
Ich habe noch wenige Unternehmen erlebt, in denen so offenherzig über Probleme diskutiert wird. Die Pflege von Herrschaftswissen durch Führende findet nicht (oder kaum) statt. Jeder im Unternehmen hat tatsächlich (!) jederzeit die Chance, sich zu jedem Thema einzubringen.
In diesem Unternehmen wird ein unglaublich hoher Prozentsatz der verfügbaren Gelder in Trainings aller Art gesteckt. Unterstützt von einem hervorragenden Personalentwickler baut er permanent an diesem Motivationsgebäude weiter und ist stets bemüht, seine Mitarbeiter zum Lernen anzuhalten.
Dazu sagt er: „Warum trainiert der Tennis-Weltranglistenerste mehr als andere Tennisspieler? Müsste er doch eigentlich gar nicht. Er ist doch schon einer der besten Spieler der Welt.
Die Praxistauglichkeit
eines Konzeptes
steht im umgekehrten
Verhältnis zur Länge
der Beschreibung.
Wenn schwache Spieler trainieren, um sich zu verbessern, scheint dies logisch. Aber wozu schinden sich noch die Besten? Weil sie wissen, dass man – je größer die Anforderungen werden – und je härter die Konkurrenz ist, die von unten nachdrängt – immer mehr tun muss, um vorne mit dabei zu bleiben. Also muss ich dafür sorgen, dass meine Mitarbeiter – je weiter vorne wir sind – immer bessere und qualifiziertere Trainingsmöglichkeiten und Sparringspartner bekommen.“
Vor einigen Monaten wurden für alle Servicetechniker optisch unauffällige und schwach motorisierte Dienstwagen zugunsten von schnittig aussehenden und äußerst komfortablen Wagen einer als Nobelmarke bekannten deutschen Firma ersetzt. Diese Entscheidung würde bei Führungskräften anderer Unternehmen konsterniertes Kopfschütteln hervorrufen. Der Manager: „Meine Mitarbeiter im Außendienst verbringen einen sehr großen Teil ihres Lebens im Auto. Wenn ich möchte, dass meine Kollegen (!) auch nach Stunden im Stau noch einigermaßen fit am Abend ihr Privatleben antreten können, wenn ich möchte, dass sie am nächsten Morgen gerne in ihren Dienstwagen steigen und zum Kunden fahren, dann muss ich dafür sorgen, dass diese Zeit im Wagen auch etwas Spaß macht.“
Auf meine Frage nach der Kostenseite bekam ich zur Antwort: „Das Ganze ist gar nicht so teuer. Ich liebe ›Deals‹. Deshalb habe ich mich in die Verhandlungen mit dem Autohändler persönlich eingeschaltet. Über 100 Dienstwagen sind ja nun nicht gerade wenig für den Händler. Und nachdem dieser begriffen hatte, dass wenig von viel immer noch mehr ist als viel von gar nichts, war das Geschäft perfekt. Gleiches ›Verständnis‹ konnte ich auch bei der Versicherung hervorrufen. Schließlich gibt es ja viele Versicherungen … Und nicht zuletzt – die Kosten für dieses Projekt rechnen sich schon ab der ersten Sekunde. Indem ich jetzt Mitarbeiter beim Kunden habe, die stolz auf ihr Unternehmen, auf ihren Chef – und vor allem – auf sich selbst sind. Denn die neuen Wagen heben auch das Selbstwertgefühl . Das wiederum strahlt auf alle Aktivitäten positiv ab.
Als Geschäftsführer muss ich jetzt – in guten Zeiten – die Motivationsgrundlagen legen und eine positive Identifikation mit dem Unternehmen ermöglichen, die uns am Leben erhalten wird, wenn wir irgendwann einmal nicht mehr aus dem Vollen schöpfen können, sondern ›den Wind von vorne‹ bekommen sollten.“
Diesen Worten ist nur wenig hinzuzufügen. Zu bemerken ist, dass in diesem Unternehmen regelmäßig Mitarbeiterbefragungen stattfinden, dass Hierarchie kaum spürbar ist – und dass der Betriebsrat mit dem Gedanken an eine Versetzung ins Ausland kokettiert …
„Tun Sie's einfach!!!“
Ein anderer Freund ist Eigner und Kopf eines Unternehmens, das sich mit Anlageberatung sowie dem Verkauf von Finanzierungsmodellen und Versicherungen beschäftigt. Vor einigen Jahren stagnierten nicht nur die Umsätze. Ernste Anzeichen von mangelndem Elan und fehlender Motivation waren erkennbar. Beides aber wurde immer dringender benötigt, um den täglich härter werdenden Anforderungen gerecht zu werden.
Als wir uns kennenlernten, fand ich ein Unternehmen vor, das nach Spielregeln geführt wurde, die sich zwar über Jahrzehnte hinweg bewährt hatten, die aber heute, in Zeiten extremer und rascher Veränderungen langfristig einfach nicht mehr funktionieren können. Früher konnten motivierende Anreize noch lange Zeit ohne Anpassung eingesetzt werden. Es reichte dazu oft, den Mitarbeitern eine Geldprämie
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