Mitch
Einundzwanzigjährigen ausgehen wollte, hätten meine Eltern das nie erlaubt. Wenn ich aber einundzwanzig und er achtundzwanzig wäre, wäre es in Ordnung.“
Beide Mädchen wirkten sichtlich zufrieden.
„Ihr habt doch nicht etwa vor, euch mit vierzehnjährigen Jungen zu verabreden, oder?“ Gespielt missbilligend, kniff Bethany die Augen zusammen.
Chrissie fing an zu kichern, während Susan die Augen verdrehte. „Also wirklich, Miss Ross! Ich weiß gar nicht, was an Jungen so toll sein soll. Ich habe nämlich einen Bruder“, fügte sie erklärend hinzu.
„Können Sie uns von dem Mann erzählen, in den Sie verliebt waren?“ bat Chrissie so ernst, dass Bethany ihr den Wunsch nicht abschlagen konnte.
„Es war ein Typ, den ich vom College kannte“, erzählte sie. „Wir waren ungefähr ein Jahr zusammen.“
„Wie hieß er?“
„Randy.“
„Randy“, wiederholte Chrissie verächtlich.
„Hat er Ihnen was getan?“
Obwohl ihr die Fragen unangenehm waren, musste Bethany lachen. „Nein, er hat mir nichts getan.“ Sie war nicht einmal sicher, ob sie ihn überhaupt geliebt hatte, was ihrer Meinung nach schon ziemlich aufschlussreich war. Randy und sie waren Freunde gewesen, doch irgendwann war mehr daraus geworden – zumindest für Randy.
Er hatte davon geredet, zu heiraten und eine Familie zu gründen, was sie zuerst auch für eine gute Idee gehalten hatte. Dann war ihr jedoch klar geworden, dass sie noch nicht bereit war, sich langfristig zu binden. Sie hatten sich gestritten und schließlich ihre inoffizielle Verlobung gelöst. Noch Monate danach hatte Bethany unter der Trennung von Randy gelitten. Nun vermutete sie allerdings, dass sie mehr das Ende ihrer Freundschaft bedauert hatte.
„Sehen Sie ihn manchmal noch?“ wollte Chrissie wissen.
Bethany nickte.
„Wirklich?“ fragte Susan, als handelte es sich um eine menschliche Tragödie.
„Ja, manchmal.“
„Ist er verheiratet?“
„Nein.“ Bethany wurde ein wenig traurig, als sie an ihren alten Freund dachte. Sogar jetzt, fünf Jahre nach ihrer Trennung, vermisste sie Randy.
Chrissie und Susan wirkten plötzlich ziemlich bedrückt.
„Können wir jetzt gehen?“ fragte Chrissie unvermittelt.
„Ja, natürlich. Und vielen Dank für eure Hilfe.“
Ehe Bethany sich’s versah, waren die beiden wieder verschwunden, und sie wandte sich wieder ihrer Aufgabe zu. Aus farbigem Papier schnitt sie große Buchstaben aus.
Da die Sonne in den Klassenraum schien und es ziemlich warm war, zog Bethany ihre Bluse aus der Hose, öffnete die untersten Knöpfe und verknotete die Zipfel in der Taille. Dann strich sie sich das Haar aus dem Gesicht und band es im Nacken zu einem Pferdeschwanz zusammen.
Eine halbe Stunde später hatte sie fast alle Buchstaben, die das Wort September bildeten, bogenförmig an das Schwarze Brett hinten im Klassenraum geheftet. Sie stand auf einem Stuhl und hatte gerade das E befestigt, als sie spürte, dass sie nicht allein war. Langsam drehte sie sich um und sah Mitch Harris auf der Türschwelle stehen.
„Hallo“, begrüßte sie ihn fröhlich, denn sie freute sich, ihn zu sehen. Er trug die khakifarbene Uniform der Mitarbeiter des Innenministeriums, und seine Miene war ausdruckslos. Bethany hatte allerdings das Gefühl, dass ihm nicht besonders wohl in seiner Haut war.
„Ich suche Chrissie.“
Nachdem Bethany das R angebracht hatte, stieg sie vom Stuhl. „Tut mir Leid, aber wie Sie selbst sehen, ist sie nicht hier.“
Mitch runzelte die Stirn. „Louise Gold hat mir gesagt, sie sei hier.“
Bethany erinnerte sich daran, dass Louise Gold die Frau war, die tagsüber auf Chrissie aufpasste. Außerdem war sie Mitglied der Schulbehörde. Bethany hatte sie am Vortag kennen gelernt und kurz mit ihr gesprochen.
„Chrissie war vorhin mit Susan hier.“
„Hoffentlich haben sie sich gut benommen.“
Als sie sich an die neugierigen Fragen der beiden erinnerte, lächelte Bethany unwillkürlich. „O ja“, erwiderte sie, während sie den Stuhl wieder an seinen Platz stellte. „Ich hatte Chrissie ja gebeten, mir zu helfen.“
Mitch hielt sich so weit wie möglich von Bethany entfernt, was sie ziemlich verunsicherte, denn ein solches Verhalten war sie bei Männern nicht gewohnt.
„Vielleicht ist sie bei Susan“, meinte er.
„Mir hat sie nicht gesagt, wo sie hingeht.“
Er zögerte einen Moment. „Ich möchte nicht, dass Chrissie Ihnen auf die Nerven geht“, sagte er schließlich.
„Das tut sie nicht. Susan und
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