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Miteinander reden 01 - Störungen und Klärungen. Allgemeine Psychologie der Kommunikation

Miteinander reden 01 - Störungen und Klärungen. Allgemeine Psychologie der Kommunikation

Titel: Miteinander reden 01 - Störungen und Klärungen. Allgemeine Psychologie der Kommunikation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedemann Schulz von Thun
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Aber es gibt Trainingsprogramme (s. S. 179) mit Übungen und guten Beispielen.
    Sie als Leser wissen jetzt, was im Folgenden auf Sie zukommt. Und ein bisschen informiert sind Sie auch schon. Eine solche «überblickende Vorausschau» erleichtert das Verständnis. Also: Nicht gleich loslegen, sondern erst einmal sagen, worum es geht, und die Gliederung ankündigen. Dadurch sind Sie auf dem besten Weg, einen hohen Wert in «Gliederung–Ordnung», dem zweiten Pfeiler der «Verständlichkeit», zu erreichen.
    2.2
    Was ist Verständlichkeit?
    Am Anfang der Forschung waren wir auf der Suche nach Verständlichmachern. So gingen wir vor: Wir baten viele Lehrer und andere Experten zum Beispiel: «Schreibt doch mal einen Lehrtext für Schüler, wie man eine Zahlkarte auf Grund einer Rechnung ausfüllt! Und macht es so verständlich wie möglich!» Auf diese Weise bekamen wir viele Texte mit gleichem Lehrziel, aber unterschiedlicher sprachlicher Gestaltung. Wir haben Schülern die Texte zu lesen gegeben und prüften hinterher mit Tests ab, wie viel Information «angekommen» war. Ergebnis: Manche Texte wurden recht gut verstanden, andere nahezu überhaupt nicht.
    Jetzt stellte sich natürlich die Frage: In welchen Merkmalen unterscheiden sich die gut verstandenen von den schlecht verstandenen Texten? Gesucht waren solche Merkmale, die nicht nur bei einem ganz bestimmten Inhalt, sondern möglichst bei allen Inhalten von Bedeutung sind.
    Nach einigen Untersuchungen stand die Antwort fest: Informationstexte unterscheiden sich voneinander vor allem in vier «Dimensionen der sprachlichen Gestaltung»: 1. Einfachheit (Gegenteil: Kompliziertheit); 2. Gliederung – Ordnung (Gegenteil: Unübersichtlichkeit, Zusammenhanglosigkeit); 3. Kürze – Prägnanz (Gegenteil: Weitschweifigkeit) und 4. Zusätzliche Stimulanz (Gegenteil: keine zusätzliche Stimulanz).
    Was bedeuten diese vier Hauptmerkmale? Ein bisschen sagt es der Name schon. Aber wir wollen sie etwas genauer vorstellen oder besser – sie stellen sich selber vor (siehe Abb. 49):

    Einfachheit – Kompliziertheit. Dieser erste Verständlichmacher ist vor allem gemeint, wenn im allgemeinen Sprachgebrauch von «Verständlichkeit» die Rede ist. Etwa, wenn sich immer mehr Bürger bei den Verbraucherorganisationen über unverständliche Behördenschreiben beschweren. Oder wenn – gemäß einer Emnid-Umfrage – jeder Zweite die geringe Verständlichkeit bei der Wissenschaftsberichterstattung im Fernsehen beklagt. Tatsächlich ist Einfachheit wohl der wichtigste Verständlichmacher. Und zugleich derjenige, der die «Gebildeten» am deutlichsten von den «Ungebildeten» trennt. Dennoch ist das Verstehen und Behalten von Information keineswegs nur von «Einfachheit» abhängig.

    Abb. 49:
    «Einfachheit» und sein Gegenspieler «Kompliziertheit» stellen sich vor.

    Abb. 50:
    «Gliederung–Ordnung» und sein Gegenspieler «Unübersichtlichkeit» stellen sich vor.
    Gliederung, Ordnung – Unübersichtlichkeit. Dieser zweite Verständlichmacher betrifft nicht die Art der Formulierung (Einfachheit), sondern den Aufbau des Gesamttextes. Seine Bedeutung wächst mit der Länge des Textes. Bei kurzen Mitteilungen kann es der Empfänger leichter «verschmerzen», wenn keine Bemühungen vorliegen, den Bauplan der Nachricht sichtbar zu machen . Um eine solche Sichtbarmachung des Bauplanes dieses Kapitels bemühte sich die Vorschau auf S. 161f.

    Abb. 51:
    «Kürze, Prägnanz» und sein Gegenspieler «Weitschweifigkeit» stellen sich vor.
    Kürze, Prägnanz – Weitschweifigkeit. Obwohl ein Telegrammstil sich in einigen Untersuchungen als durchaus günstig erwies, dürfte das Optimum mehr in der Mitte liegen. Weitschweifige Texte überfordern vor allem jüngere Schüler: Sie verlieren den Blick für das Wesentliche, und ihre Aufmerksamkeit sinkt schnell ab. Weitschweifigkeit ist seltener bei gedruckten Texten anzutreffen, häufig dagegen bei freier Rede. Vor allem bei Sachdiskussionen in Gremien, bei Abteilungsbesprechungen in Unternehmen habe ich häufig äußerste, den lebendigen Dialog völlig abtötende Weitschweifigkeit erlebt. Jede einfache kleine Botschaft wird mit zahlreichen Präambeln, Verzierungen und Begleiterklärungen zu einem kleinen Referat aufgebläht – oft schleicht eine Katze um den heißen Klartext herum. – Und die Empfänger? Sie hören längst nicht mehr hin – die meisten sind ohnehin mit der Vorbereitung ihres eigenen «Referates»

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