Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation
persönlichkeitstypische «Stammspieler» ausmachen können, die oft und gern die innere Bühne betreten und für einen bestimmten Menschen charakteristisch sein können (Kapitel 4).
Hier eine kleine Zusammenstellung möglicher Kontexte, in denen sich spezifische Untergruppen bilden können:
Alltagssituationen aller Art , auf die ich innerlich und dann auch äußerlich zu reagieren habe. Gerade gestern wieder gab ein Verkäufer meiner dreijährigen Tochter ein Bonbon. Mein inneres Trio: Das Vaterherz erwärmt sich an dieser freundlichen Geste. Gleichzeitig empört sich der Inhaber der Ernährungshoheit über diese unselige Verabreichung von Süßkram. Drittens wehrt sich jemand in mir gegen die um sich greifende Vereinnahmung noch ganz junger Kunden.
Besondere Ereignisse , die meine Stellungnahme herausfordern. Zum Beispiel eine Hochzeitsrede, die ich mit gemischten Gefühlen anhöre; eine Party, an der ich teilnehme; eine politische Wahl, deren Ergebnis zum Beispiel der «Steuerzahler in mir» mit großer Genugtuung, der «Soziale» mit großer Sorge kommentieren kann: Auch das Holz, aus dem wir politisch geschnitzt sind, hat ja (fast) nie nur eine Farbe Schwarz, Rot, Grün, Gelb oder Braun.
Lebensthemen , die nach einer Entscheidung verlangen. Heiraten, mit oder ohne Trauschein? Ein Kind bekommen? Die Kinder aus dem Haus? Berufliche Orientierung? Veränderungen aller Art? Ein Haus bauen? Auswandern? Wehrdienst oder Zivildienst? In ein Altersheim ziehen?
Aufgaben , die mich herausfordern, etwas zu schaffen. So bekomme ich es beim Schreiben dieses Buches mit einer großen Mannschaft zu tun (vgl. auch S. 70ff.). Einer daraus treibt zur Eile («Mach zu, es muss endlich auf den Markt!»), ein anderer mahnt zum langsamen Reifen («Und ist es erst durch Jahre durchgedrungen, erscheint es in vollendeter Gestalt!»). Jede Aufgabe, ob beruflich oder privat (Haushaltsführung, Kinderbetreuung, Kaninchenstall bauen, Reorganisation einer Abteilung, Einrichtung einer kundenorientierten Servicestelle), ruft eine spezielle innere Versammlung auf den Plan, die, wenn alles gutgeht, zum Inneren Team werden kann. Diese Versammlung ist sowohl aufgabentypisch als auch von Mensch zu Mensch verschieden.
Fragen der Zeit , die zur Beantwortung und zur Mitgestaltung der Gesellschaft aufrufen. Volle Lohnfortzahlung im Krankheitsfall? Genmanipulierte Lebewesen? Umgang mit straffällig gewordenen Kindern und Jugendlichen? Bekämpfung der Armut? Organverpflanzung: wann, an wen, auch von mir? Abtreibung? Einwanderung und Asylgewährung? Den gegensätzlichen Positionen, die zwischenmenschlich und auf der politischen Bühne ausgefochten werden, entsprechen meist ebensolche auf der «inneren Bühne» (vgl. «Miteinander reden 2», S. 147ff.).
Menschen, Beziehungspartner . Wir treten mit einer sehr «personenbezogenen Mannschaftsaufstellung» in Kontakt. Sprichwörtlich ist der Angestellte, der mit seinen diensteifrigen, unterwürfigen und schmeichelnden inneren Mitgliedern zum Chef scharwenzelt, seinen «wutschnaubenden Berserker» im seelischen Hinterstübchen hinter Schloss und Riegel hält, diesen aber zu Hause bei Frau und Kindern sofort herauslässt. Diese grobe Karikatur soll nicht den Blick verstellen für die feinen, aber deutlichen Unterschiede in der inneren Teamaufstellung, wie wir sie für wechselnde Beziehungspartner vornehmen: Vater, Mutter, Ehepartner, Bruder, Schwester, Schwager, Nachbar, Kollege X, Kollege Y (s. Kapitel 5).
Rollen . Ich als Stiefmutter, als Geschworener, als Rekrut, als Verkäuferin, als Hausmann!? Jedwede Rolle, in die wir schlüpfen, löst eine ganz bestimmte (oft konfliktbeladene) innere Konfiguration aus, verbunden mit bestimmten Verhaltensbereitschaften. Die Auseinandersetzung mit der Rolle ist das A und O jeder professionellen Aus- und Weiterbildung (s. S. 195f.). Diese Auseinandersetzung kann mit Hilfe des Modells vom Inneren Team entscheidend vertieft werden.
Existenzielle Fragen , also solche, welche die Richtung und den Sinn meiner Existenz betreffen. Was zählt in meinem Leben wirklich? Wozu bin ich da? Was will ich vom Leben, was will das Leben von mir? Womit will ich mich «ins Buch des Lebens eintragen»?
Fassen wir zusammen: Die «Stimmen», die wir angesichts bestimmter Umstände wahrnehmen, haben in uns, so unterstellen wir, einen Urheber, so wie jeder Text einen Autor hat. Die meist nonverbale Regung enthält ein Anliegen und lässt sich in eine sprachliche Verlautbarung übersetzen,
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