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Miteinander reden 2: Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung; Differentielle Psychologie der Kommunikation (German Edition)

Miteinander reden 2: Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung; Differentielle Psychologie der Kommunikation (German Edition)

Titel: Miteinander reden 2: Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung; Differentielle Psychologie der Kommunikation (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedemann Schulz von Thun
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Melancholie lauert und sich auf ein Leben hinter den Kulissen eingestellt hat. Die Bücher und Trainingsansätze von Bach (zum Beispiel Bach und Wyden, 1969) sind geschaffen, um für diese Entwicklungsrichtung eine Schrittfolge anzubieten.
    Merksätze wie «Streiten verbindet» oder «Konfliktvermeidung ist Kontaktvermeidung» können als Wegweiser für die hier angegebene Richtung dienen. In dem entsprechenden Werte- und Entwicklungsquadrat (vgl. S.54) muss der Selbst-lose das Element des «Kampfes» in sich zur Ausbildung bringen, also an die Seite der Akzeptation die Konfrontation treten lassen; es gilt, neben der Versöhnlichkeit die Unerbittlichkeit, neben der Fähigkeit zu Konsens und Zustimmung die Fähigkeit zu Ablehnung und Konflikt zu entwickeln:

    Ein verwandtes Wertequadrat, das dem selbst-losen Menschen ebenfalls ins Stammbuch zu schreiben ist, enthält die Frechheit als eine zu entwickelnde Tugend. Da sie bei ihm hinreichend mit Güte gepaart wäre, bestünde nicht die Gefahr eines Abgleitens in die «Fiesität» !

    Die hier beschriebenen Entwicklungsrichtungen enthalten auf der Kommunikationsebene auch die Fähigkeit zur Du-Botschaft , zu jener Verhaltensweise also, die in der kommunikationspsychologischen Literatur oft als Erzfeind eines konstruktiven Umgangs angeprangert wird (Gordon, 1972) – ich selbst habe diesen Standpunkt noch im ersten Band von «Miteinander reden» vertreten. Inzwischen bin ich der Überzeugung, dass die Du-Botschaft in bestimmten Fällen eine Rehabilitierung verdient. Ich komme auf dieses Thema zurück, nachdem wir im nächsten Kapitel jenen Stil besprochen haben, der aggressive Du-Botschaften reichlich enthält, um so den Zusammenhang noch zu erweitern.

4.
    Der aggressiv-entwertende Stil
    Bei dem nun folgenden Stil handelt es sich in gewisser Weise wieder um ein Gegenstück des vorangegangenen. War der selbst-lose Stil durch seine Unterwürfigkeit auf der Beziehungsebene «von unten herauf», so gebärdet sich der nun folgende «von oben herab». Neigen wir in der selbst-losen Strömung «freund-selig» dazu, unser Gegenüber zu idealisieren und für maßgeblich zu erklären, so sind wir bei der «feind-seligen» Strömung von einer Energie erfasst, die in dem anderen das Fehlerhafte, Erbärmliche und Schändliche entdeckt und entsprechend herabsetzend und entwertend behandelt.
    Was so gegensätzlich erscheint, kann doch in ein und derselben Person zusammenkommen. Es gehört zu den Wesensmerkmalen des autoritären Charakters (vgl. S.126), dass er «nach oben hin buckelt» (den Mächtigen glorifizierend) und «nach unten hin tritt». In dieser sozialen «Radfahrer-Haltung» entschädigt er sich für die erlittene Kränkung des eigenen Selbstgefühles durch Erniedrigung der unter ihm Stehenden, der «Untermenschen». So sehr wir uns auch davon distanzieren mögen – alles steckt in jedem! Der Weg zur Humanität wird nicht in weißen Westen zurückgelegt, sondern verlangt die Selbsterkenntnis ungeliebter Anteile, deren Annahme und Integration. Andernfalls droht die Abspaltung dieser «fiesen» Teile aus dem eigenen Selbst und ihre mit großer moralischer Entrüstung vollzogene Wiederentdeckung im anderen! Die aggressiv-entwertende Strömung holt uns durch die Hintertür wieder ein, vielleicht in der Verkleidung des selbstgerechten Biedermannes.
    Betrachten wir also auch die folgende Strömung mit jener selbsterforschenden Einstellung, die für alle acht angemessen und realistisch ist!
    4.1
    Erscheinungsbild, Grundbotschaft und seelischer Hintergrund
    Von dieser feind-seligen Strömung erfasst, sind wir darauf aus, unserem Gegenüber offen oder versteckt etwas anzutun, was ihn klein macht, schuldig oder wertlos erscheinen lässt. Wir sind durch und durch erbost, zornig stellen wir seine Fehler und charakterlichen Minderwertigkeiten an den Pranger, bezichtigen und beschuldigen, pathologisieren und erniedrigen – und sind durchdrungen von der Überzeugung, dass er es nicht anders verdient hat. Ja mehr noch, würde man gnädiger mit ihm verfahren, ihn so gutmütig behandeln, wie man selbst «im Grunde» zu sein meint, oder würde man sich nur die geringste Blöße geben, dann würde er das sofort schamlos ausnutzen und den Spieß umdrehen. Man muss den anderen in Schach halten, sonst zieht er in aller Ruhe seine Angriffstruppen zu einem Vernichtungsfeldzug gegen einen selbst zusammen!
    Dieser Stil entspricht dem «Anklagenden» bei Virginia Satir, die Grundpose ist

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