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Miteinander reden 2: Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung; Differentielle Psychologie der Kommunikation (German Edition)

Miteinander reden 2: Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung; Differentielle Psychologie der Kommunikation (German Edition)

Titel: Miteinander reden 2: Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung; Differentielle Psychologie der Kommunikation (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedemann Schulz von Thun
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Beziehung, des inhaltlichen Anlasses usw. ausgeblendet. Und ob eine «Platte mit Sprung» («Broken Record») wirklich ein erstrebenswertes Kommunikationsideal darstellt, darf auch bezweifelt werden. Dennoch: Auf dem Wege zu einer neuen Haltung können solche sehr konkreten Verhaltensschemata eine Starthilfe sein, um überhaupt «in die Gänge zu kommen». Dies gilt besonders dann, wenn jemand genau weiß, was er (nicht) will, aber Mühe hat, dies in einer geeigneten Form auszudrücken – und dann Gefahr läuft, wegen dieses selbst empfundenen Mangels inhaltliche Zugeständnisse zu machen, die für ihn nicht stimmig sind (was häufig vorkommt).
    Ebenso häufig kommt es aber auch vor, dass wir, von der selbst-losen Strömung erfasst, gar nicht genau wissen, was wir wollen und was wir nicht wollen. Bevor der selbst-lose Mensch «ich» sagen kann, muss er «ich» erst einmal spüren ! Da er selbst gar nicht weiß, was er möchte, richtet er sich nach den vermeintlichen Wünschen der anderen – und verwechselt diese mit den eigenen. Fragt man den Selbst-losen vor einem Besuch: «Soll ich zu dir oder willst du zu mir kommen?» – so wird er zunächst antworten: «Oh, ist mir ganz egal; sag nur, was dir recht ist!» Besteht man jedoch auf einer Entscheidung, wird er sich nicht länger weigern und vielleicht sagen: «Dann komme ich lieber zu dir!» – aber mit der nachgelieferten Begründung: «Sonst kommst du noch in einen Verkehrsstau, und wahrscheinlich hast du sowieso wenig Zeit …»
    Bei dieser eigenartigen Vermischung eigener und vermeintlicher fremder Wünsche handelt es sich um eine neue Spielart von «Konfluenz», wie wir sie in Bezug auf Leid und Mitleid schon bei der helfenden Strömung kennengelernt haben (s. S.105): Da fließt etwas zusammen und verschwimmt, wo klare Grenzen zwischen Ich und Du bestehen sollten.
    Als Partner-Übung ist hier «Herr und Diener» zu empfehlen: Mit dem Partner wird für eine gewisse Zeit, zum Beispiel für eine Stunde oder für einen halben Tag, folgende Verabredung getroffen: «In der ersten Halbzeit bist du Herr und ich Diener, das heißt es geht alles nur nach dir, nach deinen Wünschen; in der zweiten Halbzeit dann umgekehrt.»
    Ein Selbst-loser wird seine dienende Halbzeit genießen, hingegen in der befehlenden Rolle in Verlegenheit und Ratlosigkeit verfallen. Wenn er ein «ausgekochter» Selbst-loser ist, wird er seinem Diener wohl bald «befehlen», den Gang der Dinge weiter zu bestimmen. Dann liefe wieder das übliche Spiel, aber mit einem wichtigen Unterschied: Jetzt läuft es bewusst ab.
    Für experimentierfreudige Paare kann diese Übung auch einmal für das Liebesspiel empfohlen werden. Denn die Neigung des Selbst-losen, es dem anderen recht zu machen und alle Antennen für die Wünsche des Gegenübers auszufahren, zeigt sich in der Sexualität vielleicht besonders eklatant – und stört die Lust.

    Aggression und Kampfgeist. Selbstbehauptung und Abgrenzung schließen die Fähigkeit zum Konflikt und zur Aggression ein. Damit ist eine weitere Entwicklungsrichtung angesprochen. Indem der Selbst-lose «von Haus aus» den harmonisierenden Part im Gespräch übernimmt, ist er gezwungen, seine Wut und seinen Ärger, seine Empörung und Verachtung zu «entsorgen». Aggression wird dabei meist in Depression verwandelt, wobei die «sauertöpfische» Ausstrahlung ringsum jede Freude vergällt und schon dadurch ihren aggressiven Urgehalt verrät. Die Selbst-losen bringen das Kunststück fertig, Aggression in Selbstanklagen zu verwandeln; so sagte eine an Depression erkrankte Mutter: «Was habe ich nur falsch gemacht, dass mein Sohn so wenig gläubig ist und jetzt sogar aus der Kirche ausgetreten ist?» – Den nicht nur depressiven, sondern eben auch aggressiven Gehalt dieses Seufzers spürt man am besten an der Wirkung: Der «Täter» wird Mühe haben, sich von Schuldgefühlen zu befreien, wenn er diese Selbstanklage vernimmt.
    Überhaupt ist der Selbst-lose im Falle anhaltender Enttäuschungen zu «depressiver Aggression» durchaus fähig, sei es in Form von Vorwürfen oder durch Schuldgefühl erzeugende Demonstration von Lebenselend; dabei ist zu beachten, dass der Fall «anhaltender Enttäuschungen» als Folge seiner Art, sich selbst zurückzunehmen, durchaus wahrscheinlich ist. Um wirklich vital zu streiten, mit der Faust auf den Tisch zu schlagen, unerbittlich für die eigenen Anliegen einzutreten – dafür muss erst noch der Zorn frei werden, der hinter der

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