Miteinander reden 2: Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung; Differentielle Psychologie der Kommunikation (German Edition)
wieder die Oberhand.
Diese kleine Schule der diabolischen Kommunikation mag uns einerseits dazu dienen, der Frage nachzugehen, wann wir uns derartiger Manöver bedienen und wozu wir sie nötig haben. Andererseits kann sie uns in der Rolle des Opfers helfen, die Strickmuster zu durchschauen und ihnen weniger hilflos ausgeliefert zu sein.
Männer gegenüber Frauen im Beruf. Das gilt auch für solche Oberhandtechniken, die im beruflichen Bereich gang und gäbe sind und dazu dienen, missliebige Konkurrenten oder Konkurrentinnen einzuschüchtern und mundtot zu machen. Besonders Frauen leiden hier offenbar unter ihren männlichen Kollegen und Vorgesetzten (Stechert, 1988). Werden sie denn beleidigt, angebrüllt oder lächerlich gemacht, sind die Männer wirklich so ungalant? Durchaus nicht, die Entwertung vollzieht sich viel weniger spektakulär, dafür aber doppelt wirksam:
– durch Unterbrechungen ; zum Beispiel Frau: «Sollten wir denn dann nicht lieber die Einsparung im nächsten Jahr vornehmen? Dann könnten wir doch …» Mann unterbricht: «Also vor allen Dingen sollten wir in der Haushaltsplanung darauf achten, dass …» – ohne dass ein «böses Wort» fällt, lautet die demonstrative Botschaft: «Ihr Beitrag ist es nicht wert, zu Ende gehört, geschweige denn, gewürdigt und diskutiert zu werden!»
– durch mangelnden Blickkontakt aufseiten der Zuhörer: Wenn diese mit gelangweilter Miene auf ihre Unterlagen schauen oder sich sogar tuschelnd dem Nachbarn zuwenden, signalisieren sie damit die gleiche Botschaft. Allerdings muss man dazu bedenken, dass Männer durchschnittlich ihre Gesprächspartner überhaupt weniger anschauen;
– durch resonanzloses Übergehen von Gesprächsbeiträgen : Niemand nimmt Bezug auf das Gesagte, weder positiv noch negativ. Diese Art, jemanden wie Luft zu behandeln, ist in höchstem Maße aggressiv und entwertend, wird aber, da überhaupt «kein Blut vergossen wird», im Allgemeinen als völlig normal empfunden. Und wehrt sich doch einmal eine Frau dagegen, kommt die nächste Entwertung, vielleicht hinter vorgehaltener Hand: «Sehr empfindlich, unsere Dame, sie nimmt alles sehr persönlich, dabei geht es doch rein um die Sache!»
Wie können sich Frauen gegen solche entwertenden Oberhandtechniken wehren, die in unbewusster Gedankenlosigkeit, aber durchaus verdeckt aggressiv von vielen Männern verwendet werden? Angesichts der normenbestimmenden Übermacht männlicher Berufskollegen wachsen die Möglichkeiten einer einzelnen Frau nicht in den Himmel. Trotzdem kann sie mit einer Mischung aus Pfiffigkeit und Kampfgeist das Schlimmste fernhalten, zum Beispiel indem sie
– sich innerlich wappnet . «Innerlich wappnen» heißt, die eigene Durchlässigkeit für bestimmte Zeiten zu vermindern, sodass einiges von dem abprallt, was sonst zu tief hineingeht und kränkt. Dies kann durch Selbstsuggestion vor einer Sitzung geschehen, indem sich die Frau zum Beispiel folgende Sätze selbst einspricht: «Es wird Leute geben, die mich unterbrechen, ignorieren oder auf eine verdeckte Art anfeinden! Das hat wenig oder nichts mit mir persönlich zu tun, sondern spiegelt eine alte Tradition wider, wie Männer miteinander und speziell mit Frauen umgehen. Damit ist überhaupt nicht gesagt, dass meine Leistung schlecht, meine Beiträge wertlos, ich selbst unbedeutend wäre – vielleicht ganz im Gegenteil. Und ich werde jetzt hineingehen in diese Situation, rechne mit dem Schlimmsten und lasse mich davon nicht anfechten!»
– sich nicht unterbrechen lässt , etwa mit den deutlichen Worten: «… wenn ich das noch zu Ende sagen darf, Herr Muster!» – und sich dann den Zusatz erspart: «Ich habe Sie schließlich auch ausreden lassen!» Stattdessen eher, falls passend: «Ich möchte Ihnen auch sagen, warum mir so viel an dem Gedanken liegt, den ich gerade vortrage, nämlich: …»
– auf sachlichen Reaktionen besteht , wenn ihr Beitrag ohne jede Resonanz geblieben ist. Dabei wäre es in der Regel geschickt, auf der Sachebene zu bleiben – also nicht: «Das ist mal wieder tpyisch, dass keiner auf meinen Vorschlag eingeht!», sondern: «Mir ist noch nicht klar geworden, wie Sie zu meinem Vorschlag stehen, die Einsparungen im nächsten Jahr vorzunehmen. Besonders von Ihnen, Herr Muster, als Zuständigem würde mich das interessieren!»
Für einen Wechsel auf die Meta-Ebene («Ich möchte einmal etwas loswerden, und zwar fühle ich mich in diesem Kreis oft übergangen, einfach nicht ernst
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