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Miteinander reden 2: Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung; Differentielle Psychologie der Kommunikation (German Edition)

Miteinander reden 2: Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung; Differentielle Psychologie der Kommunikation (German Edition)

Titel: Miteinander reden 2: Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung; Differentielle Psychologie der Kommunikation (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedemann Schulz von Thun
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Selbstwertgefühl geht das gesamte Lebensgefühl «den Bach herunter»:
«Na ja, das war doch unheimlich verletzend, diese Erfahrung, ich will was von dem anderen, und er stößt mich zurück. Das war ja an tausend Punkten, und das war eigentlich jedesmal so die Erfahrung, jedesmal das Gefühl, ich werde nicht gemocht, ich werde nicht geliebt. Und ich habe dann immer die Gründe bei mir selber gesucht. Es ging mir noch nie so beschissen wie in dieser Zeit: Ich hatte dann Depressionen, Selbstmordgedanken und wußte überhaupt nicht mehr, was ich mit mir anfangen sollte.»
    Oder in einem anderen Zitat:
«Ich war wie eine Klette, hing nur noch an ihm. Wenn er aufstand und Brötchen holte und wenn es länger als drei Minuten dauerte, dann hatte ich in Gedanken schon wieder die perfekte Trennung durchgespielt, saß also schweißgebadet im Bett. Das war ganz schrecklich, ich habe ihm nicht mehr bis zur Tür getraut.»
    Die Depressionen und Selbstzweifel haben in der Regel eine verborgene Kehrseite: Aggressionen auf den sich distanzierenden Partner, von dem man so viele Kränkungen hat einstecken müssen:
«Ich habe mir auch das erste Mal eingestanden, daß ich eine Riesenwut auf diesen Scheißtypen habe!!! Weil ich mich auch so oft alleingelassen gefühlt habe!»
    Wie nicht weiter verwunderlich, beschreiben die Nähe-Partner ihren inneren Zustand in seiner Mischung aus Verzweiflung-Sehnsucht-Verletztheit-Wut-Aufgewühltheit überwiegend als die reine Hölle. Was bewegt sie meistens dennoch, so lange durchzuhalten und mitzumachen? Drei Gründe können eine Rolle spielen: Zum einen die Hoffnung, den Partner irgendwann doch noch zu wahrer Liebe bekehren zu können. Zum Zweiten ist der Nähe-Partner mit der Zeit außerordentlich zermürbt, im Selbstwertgefühl beschädigt und depressiv. Dann bringt er oft einfach die Kraft nicht auf, sich zu trennen; die Angst vor dem Alleinsein, ausgerechnet in einem derart zerzausten Zustand, wird übermächtig. – Letztlich spielt in manchen Fällen auch Folgendes mit: Angenommen, der Nähe-Partner wäre «von Haus aus» eher ein distanzierter Mensch, der nun aber auf ein Gegenüber gestoßen ist, das den Abstand noch mehr betont – dann könnte er endlich einmal «ohne angezogene Handbremse» jene Seite in sich spüren und ausleben, die auf Nähe aus ist. Die Sehnsucht bekommt Flügel, das leidenschaftliche Begehren darf sich entfalten, der ganze Mensch blüht auf – paradoxerweise nicht obwohl der andere sich teilweise oder ganz verweigert, sondern weil er dies tut. Durch die Einhaltung des Sicherheitsabstandes ermöglicht er dem Entfesselten das auch im Leiden noch lustvolle Erlebnis von intensiver Leidenschaft und Begehrlichkeit.
«Es war das erste Mal, daß ich jemanden traf, der ein so starkes Bedürfnis nach Freiheit hatte, das erste Mal, daß ich mich so stark unbefriedigt fühlte in dem, was ich wollte und auch ganz stark meine Liebe gespürt habe, wie ich sie vorher noch nie gespürt hatte.» (weibl.)
    Wie verhält sich nun der Nähe-Partner? Natürlich sind, seiner Bedürfnislage entsprechend, alle Antennen auf den Partner ausgerichtet – und die Enttäuschung steht ihm im Gesicht geschrieben. Er wird den Abweisenden mit seinen Wünschen konfrontieren, seien es flehentliche Bitten oder massive Forderungen. Er wird ihm schwer zusetzen mit Vorwürfen über sein Fehlverhalten, über seine Beziehungsunfähigkeit. Und er wird versuchen, in ihn zu dringen, ihn auszuforschen: Was mag zutiefst in ihm vorgehen? Mag er mich nicht? Hat er einfach Angst? Oder «ist» er einfach so?
    Wenn der Nähe-Partner merkt, dass all sein Insistieren den anderen nur noch mehr in die Defensive und in den Rückzug treibt, ist er oft hin und her gerissen zwischen «Ehrlichkeit» und «Taktik» (vgl. S.52), wird ängstlich in seinem Verhalten und in hohem Maße wirkungsbedacht: Wie muss ich sein, wie muss ich mich geben, um den anderen näher an mich heranzubringen?
«Andere haben mich darauf aufmerksam gemacht, daß ich total verändert bin, wenn sie dabei ist: daß ich mein Verhalten total auf sie ausrichte und sehr, sehr ängstlich bin, mit dem, was ich sage, tue, mache. Mein Vater meinte, daß ich immer nur ängstlich ‹rüberschiele›.» (sinngemäß)

«Wie muß ich jetzt sein, um aus der Situation zu kommen und ihn wieder hierher zu kriegen? Das ist immer dieser Teufelskreis, den ich ganz übel finde und der mich auf Dauer eigentlich von mir selber abbringt, so daß ich nur noch auf ihn fixiert

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