Mithgar 10 - Die schwarze Flut
Vierte Osttal. Hast du das kapiert?« Tuck nickte benommen und rückte näher zu Danner, während der alte Barlo fortfuhr, die übrigen Wurrlinge einzuteilen. »Die Vierte Osttal, Danner«, sagte Tuck. »Spindelfurt. Das ist an der Straße zur Feste Challerain, König Aurions Sommerresidenz.«
»Höchstwahrscheinlich werden wir keinen einzigen König in irgendeiner Residenz zu Gesicht bekommen, schon gar nicht den Hochkönig persönlich. Und wir werden auch nicht viel auf Wolfstreife gehen, wenn wir an der Furt festsitzen«, murrte Danner enttäuscht. »Dabei hatte ich mich schon darauf gefreut, ein paar von den Bestien zu federn.«
Während sich Tuck und Danner unterhielten, bahnten sich zwei andere Wurrlinge einen Weg durch die Menge und gesellten sich zu ihnen: Hob Banderle und Tarpi Wicklein. Von diesem Quartett war Danner mit seinen drei Fuß und sieben Zoll der größte; Hob und Tuck waren einen Zoll kleiner, und Tarpi maß nur drei Fuß und einen Zoll. Von ihrer Größe abgesehen, bestand ihre auffallendste Eigenschaft in den großen, seltsam funkelnden Augen, die ähnlich wie bei Elfen schräg standen, aber jeweils einen edelsteinartigen Farbton besaßen - saphirblau die von Tuck, ein blasses Smaragdgrün bei Tarpi und Hob und Danners mit der dritten und letzten Augenfarbe, die bei Wurrlingen vorkommt - bernsteingolden. Ebenfalls wie bei Elfen waren ihre Ohren spitz, allerdings die meiste Zeit unter Haaren versteckt; denn wie bei Jungbokkern üblich, hatten sie alle Locken, die bis auf die Schultern fielen - und von Tucks Schwarz über Hobs leicht gelblichen Braunton bis zu Danners und Tarpis kastanienbrauner Mähne reichten. Im Gegensatz zu den älteren Wurrlingen waren sie alle schlank, wie Jungbokker eben sind, da sie sich noch nicht häuslich niedergelassen und an vier Mahlzeiten am Tag gewöhnt hatten - beziehungsweise fünf an Feiertagen. (Doch, wie die Älteren zu sagen pflegen, sind »Wurrlinge klein, und kleine Wesen brauchen zu ihrem Fortbestand eine Menge Nahrung. Schaut euch die Vögel und Mäuse an und besonders die Spitzmäuse: Sie alle verbringen den größten Teil ihrer wachen Zeit damit, fleißig Essen in sich hineinzustopfen. Deshalb brauchen wir vom Kleinen Volk mindestens vier Mahlzeiten am Tag, rein um zu überleben!«) »Na, Tuck«, meinte Hob, »hat es uns also alle in die Vierte Osttal verschlagen.«
»Vier war schon immer meine Glückszahl«, fiel Tarpi ein. »Aller guten Dinge sind vier, heißt es.«
»Nein, Tarpi, aller guten Dinge sind drei«, korrigierte Danner. »Das vierte Mal bringt Pech.«
»Bestimmt?«, fragte der kleine Wurrling nervös. »Oje, hoffentlich ist das kein schlechtes Vorzeichen.«
»Lass dich nicht verrückt machen, Tarpi«, sagte Tuck und sah Danner stirnrunzelnd an.
»Das ist nur ein altes Sprichwort. Ich bin sicher, die Vierte Kompanie Osttal wird uns allen Glück bringen.«
»Ich glaube, das wird die beste Dorngänger-Kompanie von allen werden«, sagte Hob und lächelte. »Jetzt, wo wir dabei sind, meine ich.«
In diesem Augenblick bat der alte Barlo mit lauter Stimme erneut um Ruhe und unterbrach so das Geplapper der jungen Leute. »Ihr steht im Begriff, eine bedeutungsvolle Pflicht zu übernehmen, Freunde. Heute in einer Woche werdet ihr bereits unterwegs sein, und ich wünschte, ich könnte mit euch gehen, aber ich muss hier bleiben und eine neue Gruppe vorbereiten. Abgesehen davon, brauchen sie bei den Dorngängern flinke Kerle, und so einer bin ich nicht mehr. Drum liegt es an euch, meine Dorngänger, und ich habe nie einen prächtigeren Haufen gesehen!« Jubel brach aus, und vereinzelt hörte man Rufe: Ein Hurra auf unsern alten Barlo! »Ein paar Dinge hab ich aber noch zu sagen«, fuhr Barlo fort, als wieder Ruhe eingekehrt war. »Wir treffen uns nächsten Mittwoch bei Sonnenaufgang auf der Dorfwiese, und dann geht's ab mit euch. Packt eure Tornister richtig; nehmt die Sachen mit, über die wir gesprochen haben: eure Bogen, ausreichend Pfeile, warme Stiefel und trockene Strümpfe, Unterwäsche, eure grauen Dorngängermäntel und so weiter. Die Führer bringen Ponys mit, die braucht ihr für die weite Reise.« Der alte Barlo hielt inne und überblickte seine Schutzbefohlenen, und er schien vor ihren Augen älter und trauriger zu werden. »Nutzt die kommende Woche aus, um euch von euren Freunden und Angehörigen zu verabschieden und von jeder Mamme, die ihr vielleicht habt«, sagte er leise, »denn wahrscheinlich werdet ihr erst nächstes
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