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Mithgar 10 - Die schwarze Flut

Mithgar 10 - Die schwarze Flut

Titel: Mithgar 10 - Die schwarze Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis L. McKiernan
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befand sich ein vergoldeter Kamm.
    »Oh, Tuck, was für ein wundervolles Geschenk!«, strahlte Merrili. »Damit werde ich jeden Tag an dich denken - jedes Mal, wenn ich mich kämme.« Merrili verstaute das Geschenk sorgsam in einer großen Manteltasche und bewahrte auch das Papier und die Schleife auf. Die beiden blieben stehen und beugten sich über das Geländer der Bachbrücke, lauschten dem Mahlen des Mühlgerinnes und sahen den Luftblasen zu, die unter dem Eis dahinschossen und einen Ausweg suchten, aber von der schnellen Strömung davongetragen wurden.
    »Woran denkst du, Tuck?«, fragte Merrili, während unter ihnen die Blasen vorbeiwirbelten.
    »Ach nur, dass manche Leute durchs Leben gehen wie diese Luftblasen da unten; sie sind in einem Strom von Ereignissen gefangen, der sie hierhin und dorthin treibt, und es gelingt ihnen nie, sich freizumachen und selbst zu entscheiden, was sie wollen. Außerdem habe ich gedacht, dass viele von uns blind sind, bis ihnen nur noch wenig Zeit zu sehen bleibt.« Tuck blickte auf und sah, dass Merrilis Augen sich verschleiert hatten, doch sie lächelte ihn an.
    Die Woche verflog schnell, und nun waren die letzten Stunden des letzten Tages angebrochen. Noch einmal fand sich Tuck zusammen mit seinen Eltern vor dem Kamin in der Wurzel ein.
    »Merrili und ich waren heute unten bei den Bachstufen«, sagte Tuck, blies einen Rauchkringel in Richtung der Flammen und beobachtete, wie der heiße Luftzug ihn erfasste und in die Höhe wirbelte. »Ich dachte, ich werfe noch einmal einen letzten Blick darauf, bevor ich aufbreche. Danner war auch dort, und wir sprachen über die Zeiten, als wir da unten >König des Bachstein< gespielt haben. Er hat nämlich immer gewonnen. Niemand konnte ihn von diesem Felsen in der Mitte vertreiben. Er hat uns einfach immer schwuppdiwupp mitten in den Klausenbach geschubst und dabei gerufen: >Der König des Bachsteins! Der König des Bachsteins! Danner ist der König des Bachsteins!<«
    »Sein Vater war genauso«, sagte Tulpe und blickte von ihrer Stickerei auf. »Wir dachten immer, er klebt regelrecht an diesem Felsen. Dein Vater wurde gar manches Mal von Hanlo Brombeerdorn in den Bach gestoßen.«
    »Hmm«, brummte Bert Sunderbank; er hielt in seiner Schnitzerei inne und prüfte die Klinge seines Messers. »Das stimmt, so war er. Wie ein in die Enge getriebener Dachs hat er gekämpft. Gegen jeden, der kam, und wenn es noch so aussichtslos schien. Hat uns alle in unsere Schranken verwiesen. Hielt diesen Felsen wohl für sein persönliches Eigentum, und nicht für einen Teil des öffentlichen Fußwegs über den Klausenbach. Was ich so höre, beherrscht Danner das Spiel sogar noch besser als Hanlo seinerzeit.«
    »Warum ist Danner so? Was macht ihn dazu?«, fragte Tuck. »Ich meine, er muss anscheinend bei allem, was er anpackt, der Beste sein. Wie kommt das?«
    »Wie der Vater, so der Bokker, sage ich immer«, antwortete Bert. »Nein, ich meine, was macht die Leute zu dem, was sie sind? Was lässt mich...«, er zögerte, dann fand er das Wort, nach dem er gesucht hatte, »... unbeschwert sein und Danner so... « Offenbar fiel Tuck kein passender Ausdruck ein. »Kämpferisch«, schlug seine Mutter vor.
    »Eher streitsüchtig«, meinte sein Vater, »wenn er nach Hanlo geraten ist.«
    »Ich weiß jedenfalls nur, dass er bei allem, was er tut, der König des Bachsteins sein will«, sagte Tuck und blies einen weiteren Rauchkringel in Richtung Kamin. »Ich glaube, so etwas ist Veranlagung«, äußerte Frau Sunderbank. »Und ich denke, es liegt an der Erziehung«, erwiderte Tucks Vater. Eine Weile saßen sie nur da und schauten ins Feuer, wo sich die Flammen in die Höhe schlängelten, tanzten und zuckende Schatten durch die Stube der Wurzel warfen. Bert legte noch ein Scheit nach. Sie sahen zu, wie die Funken nach oben in den Kamin stoben und das Holz unter Knallen und Knistern aufloderte.
    Dann beruhigten sich die Flammen, und wieder wurde die Stille nur unterbrochen vom leisen Knarzen von Tucks Schaukelstuhl, dem Schaben von Berts Schnitzmesser und dem Flüstern von Tulpes Nadel, wenn sie das Tuch durchstieß und glänzende Seidenwolle über das straff gespannte Leinen im Stickrahmen zog. »Ich habe heute noch mal zwei Fremde gesehen«, sagte Bert nach einer Weile. »Ebenfalls Dorngänger, vermute ich. Sind zum Stall hinuntergeritten, beide mit mehreren Ponys. Damit sind es dann sieben, nein acht, bis jetzt.« Bert hörte auf zu schnitzen und beugte sich vor,

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