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Mithgar 10 - Die schwarze Flut

Mithgar 10 - Die schwarze Flut

Titel: Mithgar 10 - Die schwarze Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis L. McKiernan
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Frühjahr oder noch später wieder nach Hause kommen.«
    Erneut schien es Tuck, als habe ihn ein Schlag in den Magen getroffen. Nächstes Frühjahr? Dann würde er ja nicht einmal zum Julfest oder zum Jahresende daheim sein... oder... »Aber nun Kopf hoch, Freunde«, sagte Barlo herzlich, »denn jetzt ist es Zeit für euer Abschlussgeschenk. Wir marschieren zur Einäugigen Krähe, und dort spendiere ich euch allen ein Bier!«
    Erneut brach Jubel aus, und diesmal ließen alle Jungbokker den alten Barlo dreimal hochleben. Dann stapften sie los in Richtung Einäugige Krähe und sangen unterwegs Verse von Der fröhliche Wurrling.
    Die Woche war für Tuck von quälender Traurigkeit geprägt; wie viele seiner Kameraden verwandte er sie darauf, Abschied zu nehmen. Es war nicht nur ein Abschied von seinen Freunden und Bekannten, sondern auch von den vertrauten Orten, die er während seines noch jungen Lebens in und um Waldsenken häufig aufgesucht hatte: der Klausenbach, der nun von Eis gesäumt war; Bringos Stall mit seinen munteren Ponys; Dossis Obstgarten, wo so mancher herrenlose Apfel in Tucks Besitz gelangt war; Klatschheims Lebensmittelladen, in dem es nach Käse und Brot roch, nach offenen Obstkisten und geräucherten Schinken, die von den Deckenbalken hingen; Gorburgs Mühle mit dem Knarren der Achsen, dem Schnarren der hölzernen Zahnräder und dem schwerfälligen Mahlen der sich langsam drehenden, wassergetriebenen Mühlsteine; die Bachbrücke, unter der einer der besten Angelplätze in den Sieben Tälern lag; der Süßbach-Wasserfall, wo Tucks Vettern ihm das Schwimmen beigebracht hatten; und die Anhöhe auf dem Westpfad, von wo man ganz Waldsenken überblicken konnte. Diese und noch weitere Orte besuchte Tuck, er wanderte still durch den Schnee, machte an allen Plätzen Halt und nahm ihr Wesen in sich auf, und nachdem er Lebewohl gesagt hatte, trottete er traurig weiter. Doch der Ort, an den es Tuck am meisten zog, war die Wurzel, sein Zuhause, mit den warmen, behaglichen Höhlenräumen, den Gerüchen, wenn seine Mutter kochte, und all den vertrauten Gegenständen, die er bisher nie richtig angesehen hatte, wie ihm nun schien. Zur Überraschung seiner Mutter räumte er tatsächlich sein Kämmerchen auf, und ohne Aufforderung seines Vaters hackte er ein, zwei Klafter Holz und legte einen hübschen Vorrat vor der Tür der Höhlenküche an, bevor er aufbrechen musste. Jeden Abend saß er vor dem Kamin und rauchte eine Pfeife mit seinem Vater Bert, einem Steinhauer und Maurer, während Tulpe, seine Mutter, nähte. Und sie sprachen leise über die Zeit, die hinter ihnen lag, über die jetzige Zeit und über die Tage, die noch kommen sollten.
    Tuck verbrachte auch einige Zeit mit Merrili Holt, einer Wurrlingsmaid, Tochter von Bringo Holt, dem Hufschmied, und seiner Frau Bessie, die vier Höhlen weiter östlich wohnten. Merrili und Tuck waren seit ihrer Kindheit dicke Freunde, obwohl sie tatsächlich vier Jahre jünger war. In diesen letzten Tagen jedoch sah Tuck zum ersten Mal, wie schwarz ihr Haar eigentlich war und wie blau ihre Augen und wie anmutig sie sich bewegte; und er staunte, denn es schien ihm, als hätte er diese Dinge schon früher bemerken müssen. Schon damals, als er mit der Ausbildung als Bogenschütze für die Dorngänger begonnen hatte und als sie unbedingt wollte, dass er ihr ebenfalls das Schießen beibrachte, hätte ihm all dies an ihr auffallen müssen - aber es war ihm nicht aufgefallen. Stattdessen hatten sie über ihre mühsamen Versuche gelacht, den Bogen ganz zu spannen. Doch selbst, als sie sich mithilfe von Tucks Kinderbogen einiges Geschick aneignete, selbst da noch hatte er nur ihre Treffsicherheit wahrgenommen und nicht ihre Anmut. Und wie kam es, dass er erst in dieser letzten Woche erkannte, dass sie allein ihn wirklich verstand? »Du weißt, dass ich zu deinem Geburtstag, mit dem du ein neues Lebensalter beginnst, nicht hier sein werde«, sagte Tuck am letzten winterlichen Vormittag, als sie über die verschneite Dorfwiese in Richtung Bachbrücke stapften. »Ich bin enttäuscht, dass ich deinen Festtag verpasse, an dem du offiziell eine Jungmamme wirst.«
    »Ich werde dich auch vermissen, Tuck«, antwortete Merrili traurig. »Aber wie dem auch sei«, fuhr Tuck fort, »hier ist ein Geschenk für dich. Ich bin zu früh dran, aber wahrscheinlich werde ich noch an der Spindelfurt sein, wenn deine Maidenzeit zu Ende geht.« Tuck überreichte ihr ein kleines Päckchen, und in diesem

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