Mithgar 11 - Die kalten Schatten
ein wenig Mian zu sich, dann begann die Schufterei von vorn; der Wurrling fragte sich, ob ihre Le bensmittel reichen würden, denn sie verschlangen die Wegzehrung der Elfen gierig, um ihre schwindenden Kräfte zu erhalten.
Und sie ließen keinen Kunstgriff aus, um sich die harte Arbeit ein wenig zu erleichtern: Sie suchten die schnellsten Strömungskanäle aus und stellten das Boot leicht quer, um mehr Unterstützung vom Fluss selbst zu erhalten, aber Tuck hatte dennoch das Gefühl, als würden die Ufer nervtötend langsam vorüberziehen; sie rieben sich die Hände mit Öl ein, damit die Paddel weniger scheuerten, holten sich aber trotzdem schmerzvolle Blasen; sie ruhten jede Stunde zehn Minuten, um ihre nachlassende Energie zu erneuern, die sie dennoch mehr und mehr verließ; sie hielten vielleicht eine halbe Stunde jeden Abend und jeden Morgen, um sich zu strecken und andere Bedürfnisse zu befriedigen, und dennoch schmerzten ihre verspannten Muskeln, und ihre Glieder wurden steif von der Enge im Boot. Doch wie wund und müde, verkrampft und von Blasen geplagt sie auch waren, sie ruderten unverdrossen ihrem Ziel entgegen. Zur Mitte der ersten Nacht passierten sie eine namenlose Insel im Fluss. Hinter den Bäumen des Auenwaldes am Ufer erhob sich im Nordosten der Hohe Abbruch, während im Süden und Westen jenseits von Insel, Fluss- und Waldsaum das ausgedehnte Reich von Valon lag. Galen und Gildor wurden nun für ihre Schicht geweckt, während sich Brega und Tuck auf den Boden des Gefährts fallen ließen, um den ersehnten Schlaf zu suchen. Doch kaum schien sich Tuck niedergelegt zu haben, musste er auch schon mühsam wieder wach werden, um erneut zu rudern, und noch immer standen die Sterne am Himmel.
Und während Tuck und Brega den Fluss hinabsteuerten, brach der Morgen an, und durch die Uferbäume hindurch sahen sie, dass der Hohe Abbruch allmählich flacher wurde und die Felswand zum abfallenden Land nach Süden und Osten hin auslief. Der Himmel veränderte sich langsam und kündete das Erscheinen der Sonne an. Schließlich stieg die goldene Kugel über den Großwald im Osten; dieser riesige Wald erstreckte sich vom Fluss Rissanin weit im Nordwesten bis zu den Glave-Hügeln im Südosten - rund sechs- bis siebenhundert Meilen weit. Und die Bäume standen kahl und grau im Winterkleid.
Sie setzten das Boot am Westufer an Land und hielten ihre morgendliche Rast auf dem Boden von Valon.
Als sie weiterfuhren, schliefen Tuck und Brega, während Galen und Gildor den Fluss hinabhetzten, und als die Reihe wieder an Tuck war, stand die Sonne im Zenit. Am Abend hielten sie vor Sonnenuntergang wieder am Ufer an, und der Wurrling schrieb kurz in sein Tagebuch. Dann wurde es Zeit, die Reise fortzusetzen, und Tuck fragte sich, ob ihre Kräfte bis zur Argon-Fähre reichen würden.
Und als sie ins Boot stiegen, sagte Gildor: »Sieht aus, als würde das Wetter schlecht. Wir sollten uns auf Regen oder Schnee gefasst machen.«
Tuck schaute umher, doch der spätnachmittägliche Himmel schien bis auf einige dünne Wolkenschleier klar zu sein.
Brega beobachtete, wie sich der Wurrling umblickte, und brummte: »Schau nach Westen, wie das Wetter wird, und nach Osten, wie es war.«
Auf diesem Flussabschnitt standen nur vereinzelt Bäume am Ufer, und Tuck sah über die Ebenen von Valon hinweg, wo tief am Horizont ein dunkle Wolkenbank dräute, hinter der die Sonne zum Teil bereits versunken war.
In dieser Nacht fiel ein kalter Nieselregen, und Tuck fühlte sich erbärmlich, solange er und Brega paddelten, aber noch viel elender war ihm, als er zu schlafen versuchte. Der Regen hörte genau in dem Moment auf, als sie zu ihrer Morgenrast an der Nordspitze einer Insel mitten im Fluss landeten, und anstatt weiter zu schöpfen, zogen sie das Boot ans Ufer und drehten es um, damit das letzte Regenwasser herauslief. Als Galen und Brega das Gefährt wieder aufstellten, ließ Tuck den Blick über den Horizont schweifen: So weit das Auge reichte, war der Himmel trüb und bleigrau. Im Osten erhoben sich die Glave-Hügel, die das Ende des Großwalds und die Grenze zu Pellar anzeigten. Im Westen lag immer noch Valon, aber sie hatten viele Meilen entlang seiner Grenze zurückgelegt: Rund vierhundertfünfzig Meilen flussaufwärts waren sie aufgebrochen und die Nördliche Weite Valons entlanggefahren. In einem weiten Bogen verlief der Argon von Ost über Südost nach Süd, und aus der Nördlichen Weite wurde die Östliche Weite; im weiteren
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