Mithgar 11 - Die kalten Schatten
Prinz!«, rief er aus und beugte ein Knie, den Helm unter dem Arm.
»Nein, Reggian, ich bin kein Prinz mehr«, erwiderte Galen. »Mein Vater ist tot.«
»König Aurion tot?« Reggian riss die Augen weit auf. »Ach, welch bittere Nachricht!« Dann sank der Krieger auf beide Knie, und nun kniete auch Ubrik nieder. »König Galen«, sagte Reggian, »mein Schwert gehorcht Eurem Befehl, wenngleich Ihr mich als Haushofmeister vielleicht ersetzen wollt, denn Caer Pendwyr ist an Modru gefallen, und seine Lakaien marschieren nun durch Pellar.«
Bis tief in die Nacht sprachen Galen und seine Kameraden mit Reggian und Ubrik. Und die Neuigkeiten vom Krieg im Süden waren ebenso furchtbar wie jene aus dem Norden:
Die Seeräuber aus Kistan waren in die Bucht von Pendwyr gesegelt und hatten eine große Streitmacht von Hyraniern auf der Insel Caer Pendwyr abgesetzt. Lange hatte die Festung dem Angriff standgehalten, doch zuletzt war sie gefallen. Das Heer von Caer hatte sich auf der Pendwyrstraße nach Nordwesten zu den Fiandünen zurückgezogen. Wieder folgten lange Gefechte mit den Lath von Hyree, aber der Feind war zahlenmäßig weit überlegen, und nun zogen sich die Pellarier über den Argon zurück. Im Westen war Hoven dem Feind in die Hände gefallen, doch immerhin konnte er in den Brinhöhen, der Grenze zwischen Hoven und Jugo, zum Stehen gebracht werden.
Im Nordwesten hielt eine Armee der Hyranier die Günarring-Schlucht; diese Truppe war bereits zu Beginn des Krieges geschwind und heimlich zur Schlucht marschiert, um sie zu besetzen, bevor Modrus Plan bekannt wurde. Noch immer aber kämpften die Vanadurin darum, diesen entscheidenden Durchgang zu befreien.
»Was ist mit den Chäkka?«, fragte Brega. »Wo kämpft das Volk aus den Roten Bergen?«
»In den Brinhöhen«, antwortete Ubrik. »Ohne sie wäre auch Jugo inzwischen gefallen.«
»Und wie steht es mit der Flotte von Arbalin?«, wollte Galen wissen. »Sie liegt in der Thell-Bucht versteckt und bereitet sich auf einen Schlag gegen die Seeräuber vor«, antwortete Reggian. »Wenn sie trotz ihrer zahlenmäßigen Unterlegenheit die kistanische Flotte in der Pendwyrbucht festhalten kann, ist diese andernorts nicht mehr einsetzbar. Aber die Arbaliner brauchen noch drei, vielleicht vier Wochen, bis sie so weit sind.«
»Pah!«, rief Brega. »In vier Wochen - weniger sogar - wird der schwärzeste Tag bereits gekommen sein. Und dann ist es vielleicht zu spät.«
Ubrik und Reggian schüttelten den Kopf, denn man hatte ihnen von Vanidors Prophezeiung erzählt, und sie war bitter.
»Modru zerquetscht uns langsam in seiner Umklammerung«, sagte Reggian. »Wie eine… «
»Schlange!«, schrie Brega und sprang auf. »So hat es Eiron vom Lerchenwald gesagt. Und hört nun, denn ich sage dieses: Modru ist nur Gyphons Diener, und vielleicht bereitet sich der Große Böse tatsächlich darauf vor, am schwärzesten Tag zurückzukehren. Und zu diesem Zweck legen sich die Schlingen von Modrus Lakaien immer enger um uns, wie die Windungen einer Riesenschlange, die ihre Opfer zerdrückt. Aber das eine weiß ich auch: Schneid einer Schlange den Kopf ab, und der Körper stirbt - er wird um sich schlagen, keine Frage, und kann großen Schaden verursachen, aber sterben wird er doch.« Brega schwang seine Axt Drakkalan. »Lasst uns Modru angreifen! Schlagen wir dieser Schlange den Kopf ab!« Drakkalan zischte durch die Luft und sauste in ein Holzscheit, dass die Späne flogen.
»Aber Zwerg Brega!«, rief Reggian. »Gron und der Eiserne Turm liegen weit im Norden, rund dreizehn-, vierzehnhundert Meilen zu Pferd. Wir können vor dem nächsten Neumond keine Armee dorthin schaffen.«
»Die Harlingar könnten früher dort sein«, sagte Ubrik nach einem kurzen Augenblick. »Zwar wären die Pferde dann völlig erschöpft, aber wir könnten dieses Land - Modrus Festung - vor dem schwärzesten Tag erreichen.«
»Das ist aber nur machbar, wenn Ihr den Weg durch die Günarring-Schlucht nehmen könnt«, gab Gildor zu bedenken. »Und die wird vom Feind gehalten.«
»Vielleicht, vielleicht auch nicht«, entgegnete Ubrik. »Noch kämpfen die Vanadurin darum, sie zu befreien.«
»Was ist mit dem Übergang?«, fragte Tuck. »Der Weg, den nur die Zwerge kennen. Können wir nicht den nehmen und die Schlucht umgehen?«
»Nein, Tuck«, antwortete Brega. »Denn auf diesem Geheimweg liegt ein langer, niedriger Tunnel, der nur für Zwerge und Ponys geeignet ist. Schon ein Mensch müsste gebückt gehen,
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