Mithgar 12 - Der schwaerzeste Tag
erreichen, denn nun kampierte sie bereits im Klauenmoor, und das lag unmittelbar vor den Toren von Modrus Festung.
Als die Prinzessin am folgenden Dunkeltag zu ihrem Spaziergang geführt wurde, herrschte großer Aufruhr in den Burghöfen; Rukhenhörner blökten und das Gezücht rannte hin und her und schleppte Waffen auf die Brustwehren.
Und als Laurelin die Wälle hinaufschritt und im Schattenlicht durch die Mauerscharten aufs Moor hinausschaute, sah sie eine große Reiterstreitmacht vor sich, einen Wald von hin und her wogenden Speeren.
Ihr stockte der Atem, ihr Herz hämmerte wild und große Freude durchflutete sie. Denn da draußen flatterten die grün-weißen Farben Valons… Und das Scharlachrot und Gold von Pellar.
Und vorn stand stolz das graue Ross Sturmwind, doch auf seinem Rücken saß nicht Hochkönig Aurion, sondern ein Mann in einer scharlachroten Rüstung… der Rüstung von Prinz Galen!
Ihr Liebster war endlich gekommen!
Laurelin hielt den Atem an und Tränen füllten ihre Augen; sie hätte gern gerufen, aber sie wusste, die Legion war zu weit entfernt, um sie verstehen zu können. Doch ihr Herz schrie danach, Galen irgendwie davor zu warnen, dass in diesem Augenblick Ghola in großer Zahl von Jord nach Gron ritten, um der Legion am Turm in den Rücken zu fallen. Sie durfte aber ihre Begleiter nicht wissen lassen, dass sie rufen wollte, sonst würde man sie nicht mehr auf die Wälle lassen, wenn die Krieger tatsächlich nahe genug kamen, um sie hören zu können.
Da sie keine Möglichkeit sah, ihre Freunde zu warnen, schwieg sie und wischte ihre Tränen weg, während die Lökha sie über die Wälle führten. Und ringsum eilte das Gezücht auf seine Posten und machte die Waffen bereit: Kessel mit heißem Öl; gekrümmte Bogen und Pfeile mit schwarzen Schäften; Krummsäbel und Dolche; Hämmer, Keulen, Knüppel und Eisenstangen. Und über dem Tor spannten Lökha unter dem heiseren Klappern von Zahnrädern einen mächtigen Kurbelbogen und legten ein Geschoss mit Eisenspitze von der Länge eines Speers in die Abschussrille. Dann Schwenkten sie die Waffe auf ihrem Sockel und richteten sie auf die Legion.
Von dem ganzen Getümmel auf den Wällen aber sah Laurelin nichts. Ihr Blick war unverwandt auf die Gestalt ihres Liebsten gerichtet. Und sie schien sich nicht satt sehen zu können an ihm, ihre Augen labten sich an seinem fernen Umriss, und ihr Herz jauchzte, denn er war endlich gekommen. Und während sie über den Wall geführt wurde, schaute sie lange auf ihn. Zuletzt jedoch riss sie den Blick los von der scharlachrot gekleideten Gestalt auf dem grauen Pferd und ließ ihn über die Krieger der Legion schweifen, um zu sehen, ob sie noch weitere erkannte. Und plötzlich machte ihr Herz einen gewaltigen Satz, denn dieses Pferd dort konnte nur Rost sein, und auf seinem Rücken saß… Prinz Igon! Aber wie war das möglich? Sie hatte doch mit eigenen Augen gesehen, wie er bei dem Überfall auf den Wagenzug getötet worden war! Und sie selbst hatte Rost den Befehl zur Flucht gegeben. Hier aber sah sie die beiden vor sich - und Igon lebte - und sie standen vor den Toren des Eisernen Turms. Sie schüttelte den Kopf, als müsste sie Hirngespinste daraus vertreiben, doch der Prinz blieb körperlich und real. Und da wusste sie, dass Igon irgendwie den Hieb des Gholensäbels überlebt hatte, der seinen Stahlhelm gespalten und ihn zu Boden geschleudert hatte.
Erneut musterte sie die Front der Legion, und da war einer, den sie für Fürst Gildor hielt, allerdings war sie sich nicht ganz sicher, denn der Elf saß nicht auf Leichtfuß. Und da waren auch die kleinen Gestalten von Waerlinga!
Aber ob Herr Tuck und Herr Danner oder Hauptmann Patrel unter ihnen waren, konnte sie nicht feststellen, denn in diesem Augenblick führte man sie wieder hinab vom Wall und zurück in ihre Kammer.
Und als sie die Tür hinter ihr zugeschlagen und verriegelt hatten, setzte sich die Prinzessin nieder und versuchte, ihre wirren Gedanken zu sammeln. Nun endlich wurde ihr vieles von Modrus zusammenhanglosem Gezischel klar: Das da draußen war die Legion, die durch den Dusterschlund nach Norden geritten war - eine Legion aus Valon, angeführt von ihrem geliebten Prinz Galen. Vielleicht war es dieselbe Legion, die an der Günarring-Schlucht die Hyranier geschlagen hatte. Wenn ja, dann war sie über den Gruwenpass nach Norden gezogen und hatte dort eine Nachhut zurückgelassen, die eine Horde von Verfolgern abwehren sollte. Wie
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