Mithgar 13 - Zwergenzorn
tief grollte wie entfernter Donner in den Berggipfeln. Zwirn starrte in die Richtung, aus der das Grollen kam, doch die Bäume versperrten ihm die Sicht und er konnte nichts erkennen, was auf den Ursprung des unbekannten, Geräusches hingedeutet hätte. Ein paar Augenblicke später kehrte der Bokker zum Kochwagen zurück und fragte Bomar: »Was könnte hoch oben in den Bergen ein lautes Grollen verursachen?«
»Eine Schneelawine«, erwiderte Bomar. »Das war eine entfernte Lawine. Etwas hat bewirkt, dass der gesamte Schnee auf einem Berghang ins Rutschen gekommen ist. Der Schnee fällt wie eine riesige Wand und reißt alles vor sich mit, bricht große und kleine Bäume durch und nimmt auch große Felsbrocken mit in die Tiefe. Manchmal rutscht der Schnee über Meilen, eine riesige Welle, die immer höher und breiter wird, während sie abwärts donnert, Zerstörung anrichtet und Mensch und Tier unter sich begräbt.«
»Himmel!«, erwiderte Zwirn. »Ich dachte, der Erdrutsch wäre schon schlimm gewesen, aber das klingt noch schlimmer. Ich hoffe, dass wir von allen Schneelawinen verschont bleiben.«
Etwa zwei Stunden vor Sonnenuntergang hallte entfernter Jubel zu der Lichtung empor. Die Arbeitsmannschaften hatten die letzte Wehe durchstoßen, und der Weg vor ihnen enthielt nur noch flachen Schnee. Der Befehl kam, die Pferde einzuspannen und alles für den Abmarsch vorzubereiten. Es galt, keine Zeit mehr im Hochgebirge zu verlieren. Die Armee würde einen Teil der Nacht marschieren, um flacheres Gelände zu erreichen.
Obwohl die Soldaten müde waren, schulterten die Krieger mit Freuden ihre Rucksäcke, spannten die Pferde ein oder trafen anderweitig Vorbereitungen. Gerade als die Sonne verschwand, setzte die Kolonne sich in Bewegung und Laternenschein erhellte das Dunkel und wies ihnen den Weg.
Das Heer rückte langsam aus der Lichtung ab und marschierte auf die Straße. Zwirn und Bomar bildeten in ihrem gelben Wagen wiederum den Schluss. Oft kam es in der Reihe vor ihnen zu einem völligen Stillstand und längerer Wartezeit, da die ersten Gespanne und Wagen sich durch Stellen kämpften, wo noch hoher Schnee lag, wobei Zwerge schoben, zogen und sich mühten, die feststeckenden Karren durch Drehen der Wagenradspeichen vorwärts zu zwingen. Dann setzte sich die Kolonne wieder in Bewegung, bis man auf die nächste schwer passierbare Stelle traf und die Pferde wiederum Hilfe brauchten.
So zog die Kolonne bergab, manchmal mühelos, manchmal schwerfällig. Das einzige Problem, mit dem Zwirn und Bomar am Ende der Kolonne zu kämpfen hatten, bestand darin, dass der Wagen an manchen Stellen ins Rutschen kam, weil der Schnee von viertausend Paar Füßen und fünfhundert Wagen vor ihnen glatt gestampft worden war. Für Brauni und Dauni war der Boden trügerisch, und die Wagenbremse war kaum eine Hilfe. Dennoch gelang es ihnen, den Wagen über diese glatten Stellen zu bugsieren und wieder sicheren Boden zu erreichen.
Manchmal fuhr der Wagen zwischen hohen Schneemauern her, wo ein Spalt durch lange, tiefe Wehen gehauen worden war. Diese Mauern ragten hin und wieder hoch über die Köpfe von Wurrling und Zwerg in die Höhe, die relativ hoch auf dem Kutschbock saßen. Endlich konnte Zwirn sich die gewaltigen Anstrengungen vorstellen, die nötig waren, um die Straße zu räumen, und er schämte sich.
Die lange Reihe schwankender Laternen wand sich langsam durch den freigeschaufelten Weg. Wieder im Geschirr, schienen die Pferde erpicht darauf zu sein, voran zu kommen, und ihr Atem strömte in der kalten Nachtluft weiß aus geblähten Nüstern, während sie die Wagen bergab zogen.
So legten sie die drei Meilen von der Lichtung durch den hohen Schnee zurück, bis sie sanfteres Gefälle erreichten. Die Armee hatte einen Tag und eine Nacht und noch einen weiteren Tag harter Arbeit gebraucht, um den drei Meilen langen Weg freizuschaufeln, und nun hatten Zwirn und Bomar ihn in weniger als zwei Stunden bewältigt.
Das Heer setzte den Marsch weitere sechs Stunden fort. Die Zwerge verließen in dieser Zeit das Hochgebirge und erreichten die Gebirgsausläufer oberhalb von Arden. Insgesamt wurden fünfzehn Meilen zurückgelegt. Je weiter sie nach unten kamen, desto weniger Schnee lag, bis er kaum noch den Rand der Wagenräder bedeckte. Schließlich befahl Durek der Armee zu halten. Die Hauptleute stellten Wachen auf, während die Zwerge Lagerfeuer entzündeten. Müde Krieger schliefen ein, wo immer sie sich gerade befanden.
Gerade als
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