Mithgar 13 - Zwergenzorn
Waeran noch Châkka lange genug auf Mithgar existieren werden, um das zu erleben.«
Perry fühlte sich privilegiert, dass Borin ihm diesen Einblick in das überlieferte Wissen der Zwerge gewährte. Der Bokker wusste, dass Borins Enthüllungen der Wahrheit entsprachen, und war benommen von dem Wissen, dass ein so gewaltiger Berggipfel eines Tages nur noch ein hoher Hügel – wie der Beacontor – sein würde. Plötzlich kam ihm der Gedanke, dass der Beacontor in den Anfängen der Welt vielleicht selbst einmal ein hoher Berggipfel gewesen war, und ein Gefühl von Ehrfurcht beschlich ihn. Die unglaubliche Zeitspanne, von der die Rede war, überwältigte ihn – die gesamte aufgezeichnete Geschichte war verglichen mit der Lebensspanne des Bergs nur ein winziger Augenblick.
Die Gefährten marschierten den ganzen Nachmittag abwärts und befanden sich bereits wieder unterhalb der Baumgrenze, als es Zeit wurde, ein Lager aufzuschlagen. Es war früh dunkel geworden, denn die Sonne ging auf der anderen Seite des Grimmwalls unter, in dessen Schatten sie sich befanden. Ihr letzter Blick nach unten zeigte ihnen die nach Osten führende Überlandstraße, die auf sie wartete.
Sie lagerten in einem dichten Piniengehölz, hatten aber nichts zu essen und auch keinen Tee, denn ihre gesamten Vorräte waren mit dem Wagen in die Tiefe gerissen worden.
11
Marsch zum Argon
»Ich muss schon sagen, Herr Perry«, sagte Zwirn, der Dauni über die Überlandstraße führte, »ich hoffe doch sehr, dass Fürst Kian Glück mit seinem silbernen Bogen hat. Ich bin so hungrig, dass ich glaube, ich hätte einige von diesen Bäumen da hinten im Wald anknabbern können – oder wenigstens den einen oder anderen Pinienzapfen.« Anval grunzte zustimmend, denn sie alle hatten Heißhunger. Ihre Mägen knurrten und beschwerten sich lautstark, da sie seit ihrem Mittagsmahl auf dem Crestan-Pass nichts mehr gegessen hatten. Nun war später Vormittag des nächsten Tages.
Sie waren kurz vor Sonnenaufgang aufgestanden, und Fürst Kian hatte einen Vorschlag gemacht. »Ich nehme Brauni und reite voraus. In den Hügeln weiter unten halte ich an geeigneter Stelle an und gehe mit meinem Bogen auf die Jagd. Ihr folgt zu Fuß und benutzt Dauni als Packtier. Ladet alles bis auf unsere Waffen auf das Pferd. Wir haben eine Gegend erreicht, wo es besser ist, sich daran zu gewöhnen, ständig bewaffnet zu sein. Wenn ich jetzt sofort aufbreche, dürften wir uns noch vor Mittag zu einer deftigen Mahlzeit hinsetzen.«
Bei der Ausarbeitung seines Plans hatte Fürst Kian gewusst, dass die beiden Waerlinga noch niemals auf einem ausgewachsenen Pferd geritten waren und die beiden Zwerge aus einem ihm unbekannten Grund nicht reiten wollten, auch wenn sie die Fähigkeit dazu besaßen. Er hatte den Einsatz eines Schlittens abgelehnt, weil sie damit auch nicht wesentlich schneller vorankämen als zu Fuß und sie sein Bau Zeit kosten würde. Wenn sie sofort aufbrachen, konnten sie gerade noch rechtzeitig zum vereinbarten Treffen mit Durek kommen, wenn das Tempo hoch gehalten wurde und es keine weiteren Verzögerungen gab. Kian hatte in Erwägung gezogen, allein zum Treffpunkt mit Durek zu reiten, um ihm zu versichern, dass alles in Ordnung sei und der Rest der Gruppe später zu Fuß eintreffen würde. Doch er hatte diesen Plan verworfen, denn er wusste, dass der Fußmarsch ohne Nahrung sowohl für die Zwerge als auch für die Waerlinga eine Qual sein würde.
Also einigten sich die Gefährten auf den von Fürst Kian vorgeschlagenen Plan, und er ritt allein mit seinem Bogen voraus. Die anderen marschierten in flottem Tempo querfeldein über die nun sanft abfallenden Hänge des Gebirges, denn wie Fürst Kian ihnen erklärt hatte, blieben ihnen nur noch zwei Tage bis zur geplanten Zusammenkunft sechzig Meilen weiter östlich.
Die Wurrlinge hatten beim Aufstehen entdeckt, dass ihre Körper gegen jede Bewegung gewaltig protestierten, denn die anstrengende Kletterpartie hatte wenig benutzte Muskeln bis an ihre Grenzen beansprucht. Doch als sie wieder in Bewegung waren, ließen die Schmerzen allmählich nach.
Nun hatten sie die Bergausläufer erreicht und schritten die Überlandstraße entlang. Es war später Vormittag, und Zwirn und Anval beklagten sich über den Mangel an Essen. Unter gequältem, sehnsüchtigem Stöhnen hatten sie damit begonnen, sich gegenseitig verschiedene Mahlzeiten zu beschreiben: saftiges gebratenes Schweinefleisch mit Kastanien; Waldhuhn in goldener
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