Mithgar 14 - Zwergenmacht
Doppelaxt, mit der Kian den Kampf wieder aufgenommen hatte. Eine Klinge war gebrochen, die andere schartig und gezackt, das Heft gesplittert, Stahl und Eiche mit schwarzem Grg-Blut befleckt. Fürst Kian hatte die Waffe verbraucht, denn seine Rache war gewaltig gewesen. Kian war ebenfalls durchnässt, teils vom Blut des Gezüchts und teils von seinem eigenen, denn er war ebenfalls verwundet – durch einen Speerstoß und einen Säbelhieb –, wenngleich nicht tödlich. Doch Prinz Rand war tot, erschlagen von der Eisenstange des Trolls. Fürst Kian kauerte auf dem Steinboden, drückte den leblosen Leib seines Bruders an seine Brust und weinte voller Gram.
Durek sah ihn mit großer Trauer an, und Fürst Kian erwiderte den Blick unter Tränen. »Als Kinder«, sagte Kian, »waren wir auf dem Markt, und Rand nahm einen Kamm aus Schildkrötenpanzer in die Hand. Er lachte glücklich über das Floß, das wir gebaut, nach Rhondor gebracht und für zwei Silberpfennige verkauft hatten. Rand kaufte den Kamm für Mutter, und wir kehrten nach Hause zurück und gaben ihn ihr, und Rand strahlte vor Entzücken über ihre Freude. Wir planten sofort ein neues Floß, zwei Kinder, sie sich an ihrer Jugend erfreuten und sich so nah standen, wie zwei Brüder, die einander lieben, das überhaupt können. Doch nun ist er tot und nie wieder werden wir gemeinsam lachen, denn der Junge, der mit mir Flöße nach Rhondor gefahren hat, ist jetzt ohne mich auf seine letzte Reise gegangen.«
In diesem Augenblick ging Durek erst richtig auf, wie teuer der Sieg erkauft worden war. Und die überwältigende Verzweiflung über die Verluste wallte in dem Zwergenkönig hoch. Rasch zog er sich die Kapuze über den Kopf und verbarg sein Gesicht im Schatten. Niemand soll das Leid der Zwerge sehen – denn zwergische Trauer zu sehen, heißt Kummer ohne Maß zu erblicken. Der Zwergenkönig sank auf die Knie. Gewaltige Schluchzer erschütterten seinen Leib, und seine Tränen fielen auf den Steinboden. Durek, Fürst Kian und ungezählte andere trauerten in tiefer Verzweiflung entlang der Wände und neben den Trümmern der herabgestürzten Decke. Doch die Gefallenen des Todeskrieges hörten sie nicht.
9
Die Reise zurück
Zwei Wochen verstrichen, und Perrys Wunde verheilte allmählich. Der schwarze Schaft hatte Muskeln durchbohrt, aber kein lebenswichtiges Organ getroffen, und die Spitze war nicht vergiftet gewesen. Bei beiden Wurrlingen herrschte jedoch gedrückte Stimmung, denn vier von fünf Kriegern des Heeres waren gefallen, und praktisch alle ihre Gefährten waren tot. Zwirn suchte oft nach irgendeinem Lebenszeichen von Bomar und der Mannschaft des Kochwagens. Aber er fand keines, denn sie waren im Kampf gefallen und unter Tonnen von Gestein in der zerstörten Kriegshalle begraben. Er weinte um sie und um Rand und um alle anderen, die gestorben waren. Auch Perry verbrachte viele Tage in großer innerer Qual, da er an Delk und den schroffen Barak, den gewaltigen Ursor und die Eisenfaust-Brüder, Anval und Borin, dachte. Die beiden Wurrlinge trauerten um alles, was hätte sein können, nun jedoch niemals sein würde. Von ihren engen Gefährten waren nur noch Durek, Shannon und Kian übrig, und sie wurden ebenso wie alle anderen Überlebenden des Heeres von einer verzweifelten Stimmung heimgesucht. König Durek betrachtete sein gewonnenes Königreich, empfand aber nur Kummer. Fürst Kian stand oft lange Zeit einfach nur da und starrte blicklos in die dunklen Ecken Kraggencors. Oft sah man jemanden – irgendjemanden –, der das Gesicht in den Händen vergraben hatte. Alle waren benommen von den überwältigenden Verlusten, die ihr Sieg sie gekostet hatte.
Am siebten Tag nach der Schlacht erreichte sie von der Dämmertür die Nachricht, dass Brytta und die Vanadurin in Sicherheit waren. Doch selbst diese guten Neuigkeiten gaben keinen Anlass zum Feiern, nur zu stiller Erleichterung. Nicht einmal die Ankunft einer Truppe Dylvana-Elfen aus Darda Galion am zehnten Tag sorgte für größere Aufregung. Wie die Elfen von dem Sieg erfahren hatten, wusste niemand – oder wollte niemand sagen –, obwohl Zwirn einen Hauptmann der Elfen im Gespräch mit Silberblatt sagen hörte: »Wir kamen auf Euer Geheiß, Alor Vanidar.« Doch der Bokker sah nicht, wie Shannon eine Botschaft hätte senden sollen, und er vergaß den Vorfall schnell wieder.
Schließlich ging Perry zu König Durek und sagte: »Ich kann dieses Leid nicht mehr ertragen. Meine körperliche
Weitere Kostenlose Bücher