Mithgar 16 - Drachenmacht
Urus.«
»Und ich, ich liebe dich«, antwortete er und berührte sanft ihre Hand. »Und jetzt geht.«
Das Hufgeklapper ihrer Verfolger wurde lauter.
Aravan ritt in die dunkle Schlucht voran, und kurz darauf waren sie nicht mehr zu sehen. Urus lauschte einen Augenblick lang auf das Trommeln der Hufe, das jetzt rasch näher kam, und trat dann in den Schatten des Spalts.
»Jemadar, wir kommen zu diesem verwunschenen Engpass! Die, welche wir verfolgen, werden doch gewiss nicht dort hineinreiten!«
»Wer weiß, Kauwäs, wer weiß? Wir wissen ja nicht einmal, wen wir verfolgen, oder was sie in der Zitadelle wollten!«
»Aiee! Ich hatte gerade einen höchst beunruhigenden Gedanken, Jemadar!«
»Und was für einen?«
»Wenn sie verrückt genug sind zu versuchen, in die Zitadelle einzudringen, könnten sie auch vielleicht verrückt genug sein, in die verfluchte Schlucht zu reiten!«
Die Männer, die hinter dem jemadar und seinem kauwäs herritten, warfen sich im Mondlicht unbehagliche Blicke zu, und ein Flüstern lief durch die Schwadron.
Aber sie ritten weiter, bis sie zu diesem schrecklichen Spalt kamen. Der jemadar zügelte sein Pferd und hielt die Kolonne an. Der kauwäs neben ihm musterte nervös den stockfinsteren Spalt. Die Pferde schnaubten und tänzelten furchtsam auf der Stelle, und die Männer hatten Mühe, sie zu zügeln. Aber trotz des Hufklapperns ihrer eigenen Pferde hörten der jemadar und sein kauwäs ganz deutlich das Trommeln von Hufen in dem Engpass: Jemand ritt durch die Schlucht.
Grimmig packte der jemadar die Zügel seines tänzelnden, verängstigten Vollblüters. Er wollte gerade etwas sagen, einen Befehl bellen, doch in diesem Augenblick …
… zerriss ein markerschütterndes Brüllen die Luft. Die Echos schlugen zwischen den Felsen hin und her, und aus dem verwunschenen Spalt erschien ein gewaltiges, titanenhaftes Monster, das die Arme hoch erhoben hatte, bereit, sofort zuzuschlagen.
Der kauwäs kreischte vor Angst. »Dämonen Afrit!«, brüllte er. Pferde bäumten sich auf und wieherten schrill vor Panik, während sie davonschossen. Die Männer schrien, rammten ihren Tieren die Sporen in die Flanken, um sie noch mehr anzutreiben. Panik und Chaos! Sie galoppierten in halsbrecherischer Geschwindigkeit den Pass hinauf - und auch hinab -, flohen blindlings, ohne darauf zu achten, wohin überhaupt, nur weg, weg! Denn sie wussten, jeder Einzelne von ihnen wusste, dass dieser gefürchtete Afrit nur hinter ihm her war, nur hinter ihm allein.
Nach wenigen Sekunden waren sie verschwunden.
Der Bär ließ sich gelassen auf alle viere sinken, zufrieden, dass er erneut seine Macht hatte unter Beweis stellen können.
Dann dachte er an Urus, und ein dunkles Schimmern umhüllte ihn.
Urus war etwa fünfhundert Meter durch den Spalt gegangen, als ihn der leise Ruf einer Krähe erreichte. Er blickte zum östlichen Rand der Schlucht hinauf und sah Aravans Silhouette vor dem nächtlichen Himmel. Der Elf deutete auf einen Vorsprung in der Felswand, der vom Boden steil zum oberen Rand führte.
Der Baeron stieg den schmalen Pfad hinauf und betrat das Lager, als Riatha, die zwischen den Felsen kniete, einen kleinen Topf mit Wasser auf das Dreibein und über ein kleines Feuer stellte. Als er näher kam, sprang die Elfe auf und zog ihn fest an sich. Urus küsste sie zärtlich.
Aravan begann derweil, die Gesichter der Wurrlinge mit einem feuchten, kühlen Tuch abzutupfen. Zuerst Faerils, dann Gwyllys. Als er das Gesicht des Bokkers wusch, stöhnte Gwylly ein wenig auf und öffnete flatternd die Lider. Er sah den Elfen an und zog ihn schwach zu sich herunter. Dann flüsterte er etwas. Aravan hörte genau zu. Danach schloss der Bokker die Augen und sprach nicht weiter.
Riatha sah Aravan an. »Was hat er gesagt?«
Aravans Miene war bestürzt und Trauer erfüllte seinen Blick. »Er sagte: >Kein Gegenmittel. Tot im Morgengrauen.<«
Riatha keuchte, und ihr Blick zuckte zum östlichen Horizont hin, an dem sich gerade ein blasser Silberstreif zeigte.
16. Kapitel
ZUFLUCHT
Anfang 5E990 (Gegenwart)
Der Himmel im Osten hellte sich schon auf, der Morgen nahte, aber die Sonne war noch immer hinter den Kämmen der Berge versteckt.
»Wir können nur warten und zusehen«, erklärte Riatha und stellte den leeren Topf weg, in dem der Güldminztee gewesen war.
Vor der Elfe lagen die Wurrlinge. Sie atmeten schwach und waren leichenblass.
Hinter ihr saß Urus am Feuer, hatte die Arme um seine
Weitere Kostenlose Bücher