Mithgar 16 - Drachenmacht
er wusste, dass Riathas Vorrat an Güldminze zu Ende ging.
Der Elf beruhigte sich, sammelte sich für ein Gebet zu Adon, wie er es jede Nacht getan hatte, seit sie in der Höhle lagerten.
Er betete, obwohl er wusste, dass Adon geschworen hatte, sich niemals direkt in Angelegenheiten der Mittelebene einzumischen. Sonst, so hatte Adon gesagt, würden die Hände der Götter das vernichten, was Sie geschaffen hatten, denn Ihre Macht ist zu groß, und jene, denen Sie zu helfen suchten, waren zu schwach. Außerdem hatte Adon gesagt, dass den Göttern, wenn Sie sich denn einmischten, der Freie Wille beschnitten würde.
Trotzdem betete Aravan, hoffte wider alle Hoffnung, dass sich der Hohe Gott dennoch einmischte.
In dieser Nacht hielt er das blaue Steinamulett in der Hand, als er seine Worte an Allvater richtete. »Adon, wenn es Dein Wille ist, dann nimm die Seelen dieser kleinen Waerlinga an Dich. Aber falls es nicht Dein Plan ist, diese Kleinen in den Tod gehen zu lassen, dann sende Hilfe. Sende Hilfe, denn wir sind verzweifelt und haben nur noch sehr wenig Zeit.«
Nur Schweigen antwortete ihm.
Aravan drehte sich verzweifelt zu der großen Eiche um. »Ach Baum«, bemerkte er, »mir will scheinen, dass sich Adon an Seinen Schwur hält. Ich wünschte, du hättest die Macht zu helfen, dann würde ich rufen … ich würde rufen.«
In den Zweigen schien sich plötzlich eine Dunkelheit zu sammeln und Aravan sog den Atem ein. Rasch schaute er zu den Sternen hinauf. Er konnte sie sehen. Sie funkelten immer noch am Himmel, kein Wölkchen war zu erkennen. Aber in den Zweigen der Eiche sammelte sich ohne Zweifel eine Dunkelheit.
Wie eine Rauchfahne glitt diese Dunkelheit hinab und wand sich um den gewaltigen Stamm der Eiche. Aravan griff nach seinem Speer, rief ihn jedoch nicht bei seinem Wahren Namen, denn das blaue Amulett fühlte sich eher warm an, keinesfalls eiskalt.
Der Elf riss die Augen auf, als plötzlich eine Stimme in seinem Kopf hallte. Freund. Sie sprach in der Zunge der Verborgenen.
»Freund«, antwortete Aravan in derselben Sprache.
Ich habe dich nicht erkannt, bis du durch den Stein gesprochen hast. Die mentale Stimme klang weiblich, aber dessen war sich Aravan nicht wirklich sicher.
»Ich wusste nicht, dass der Stein die Macht hat zu rufen.«
Die hat er auch nicht. Aber er kann zu einem wie mir sprechen, ja, diese Macht hat er.
Der Schatten hatte das Moos am Fuß des Stammes erreicht und verwandelte sich zu einer unbestimmten Erscheinung, die etwa vierzig Zentimeter hoch war. Sie bewegte sich über den Boden, bis sie vor dem Elf verharrte. Aravan glaubte, eine undeutliche Dunkelheit in dem Schatten zu erkennen, als wäre das Wesen vor ihm noch kleiner und würde sich in den dunklen Schatten verbergen.
Du hast um Hilfe gerufen.
»Aye. Wir sind in größter Not. Die beiden Kleinen sterben an Gift, und wir verfugen über kein Gegenmittel. Wir können ihren Tod nur eine Weile hinausschieben. Aber bald haben wir keine Macht mehr, um die Hand des Großen Dunklen zu hemmen.«
Ist es nicht das Schicksal aller Sterblichen, eines Tages zu sterben?
»Aye, das stimmt. Aber ich möchte, dass sie eines natürlichen Todes sterben, und nicht dieses unverdiente Ende erleben.«
Welche Rolle spielen ein paar Jahre für einen Sterblichen? Sie vergehen doch so rasch wie eine Eintagsfliege letzten Endes.
»Welche Rolle ein paar Jahre spielen? Nun, sie haben aber nicht mehr als diese Zeit. Ich möchte ihr ohnehin kurzes Leben nicht um einen Augenblick verkürzen.«
Du sprichst sehr überzeugend, Aravan.
»Du kennst meinen Namen? Wie das?« Du hältst den Stein, Elf. »Wie darf ich dich nennen?«
Du kannst mich Nimue nennen, obgleich das nicht mein Wahrer Name ist.
»Kannst du helfen, Nimue?«
Der Schatten glitt über den moosigen Boden zu Gwylly und Faeril. Lange blieb Nimue vor jedem der beiden stehen, dann trat der Schatten zu dem Päckchen mit Güldminze und verharrte auch dort lange Zeit. Schließlich, beinah furchtsam, schwebte der Schatten zu Aravan zurück und berührte kurz das Amulett, bevor er hastig zurückwich, als hätte er Angst, zu dicht an dem Elf zu stehen.
Aravan wiederholte seine Frage. »Nimue, kannst du helfen?«
Vielleicht, doch was ich dir anbieten kann, ist ein zweischneidiges Schwert, das in beide Richtungen schneidet, beladen mit Gefahr.
»Gefahr?«
Hm. Es kann heilen oder töten. Was aber, das kann ich nicht sagen.
Aravan dachte nach. Nach einer Weile antwortete er: »Ohne Hilfe
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