Mithgar 16 - Drachenmacht
die Münder vor stiller Qual auf und schrien ohne Pause, obwohl doch kein Geräusch mehr aus ihrem Mund drang, da sie sich schon in der ersten Stunde heiser geschrien und ihre Stimmen verloren hatten.
Nach der zweiten Behandlung öffneten Gwylly und Faeril die Augen, aber ihre Blicke waren wild und nahmen nichts wahr. Sie warfen sich herum, schlugen um sich, schlugen sich selbst und wären geflohen, wenn sie es vermocht hätten. Ihre schrillen Worte schnitten tief in die Herzen derer, die sie pflegten: Es brennt! Es brennt! Alles brennt! Oh, Adon, wie es brennt!
Urus schlug vor, die beiden in das Becken zu tauchen, aber das schien es nur noch schlimmer zu machen. Also hielten sie die Kleinen in den Armen, versuchten vergeblich, sie zu trösten, während ihnen die unaufhörlichen, lautlosen Schreie fast das Herz zerrissen, obwohl sie nur als fauchende Luft herauskamen.
Als sie die dritte Gabe von Güldminze und Nachtrose verabreichten, sah Gwylly Riatha in die Augen. Sein Blick war wirr, panisch, und mit einer kaum verständlichen, heiseren Stimme krächzte er: »Oh, Adon, warum quälst du mich so?«
Als Riatha versuchte, ihn dazu zu bringen, den Tee zu trinken, stieß er ihre Hand weg. »Nein«, fauchte er fast unhörbar, »nein, nein, nein…«
Sie mussten den Bokker zu zweit bändigen, während ihnen der Dritte den Tee gewaltsam einflößte.
Sie weinten, während sie es taten.
Dann wiederholten sie dasselbe bei Faeril, die ebenfalls fast wahnsinnig vor Schmerzen war.
Aravan schrie so laut, dass es die ganze Welt hören konnte: »Emir! Schurke! Dafür wirst du sterben!«
Während des nächsten Tages wurden die heiseren Schreie der Wurrlinge langsam weniger und hörten dann kurz vor Einbruch der Dämmerung vollkommen auf. Riatha hörte den Herzschlag der beiden ab. »Oh, Adon, Ihr Leben hängt nur an einem dünnen Faden!«, sagte sie, als sie sich wieder aufrichtete. Ihre Augen schwammen in Tränen.
Aravan sah zu der Eiche hinüber. »Nimue sagte, es wäre ein zweischneidiges Schwert, das in beide Richtungen schneidet. Leben oder Tod, wir wissen nicht, was es bringen wird.«
Die Stille in der Senke lastete schwer auf allen. Nur das leise Rieseln des Wassers war zu hören. »Schlaft«, sagte Aravan schließlich. »Ich werde wachen.«
Zu erschöpft, um zu widersprechen, legten sich Riatha und Urus hin und schliefen sofort ein.
Drei Stunden vor Tagesanbruch regte sich Faeril, rollte sich auf die Seite und sah Aravans Silhouette vor dem Licht der Sterne. Sie versuchte zu sprechen, doch vergeblich. Ihre Stimme fehlte.
Aravan kniete sich rasch neben sie, fühlte ihren Puls, zog sie an sich und küsste sie auf die Stirn. Tränen der Erleichterung traten ihm in die Augen.
Erneut versuchte sie, etwas zu flüstern, vermochte es jedoch nicht. Trotzdem spürte Aravan, was sie wollte, und reichte der Damman einen Becher Wasser und einen Zwieback. Aber sie schlief ein, noch bevor sie beides verzehren konnte.
Zwei Stunden später wachte Gwylly auf. Sein Puls schlug kräftig. Aravan umarmte und küsste ihn und gab auch ihm Wasser und Zwieback. Der Bokker verzehrte beides, bevor er zusammenbrach und einschlief.
Am nächsten Tag schlief Aravan. Riatha und Urus wachten über die Wurrlinge.
Am Nachmittag wachte Gwylly auf, und nachdem er Wasser und Zwieback gegessen und getrunken hatte, wachte auch Faeril wieder auf.
Gwylly lächelte seine Dammia an, und sie erwiderte sein Lächeln schwach. Er kroch ein Stück auf sie zu, gab ihr einen Kuss und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Sie grinste breit und hätte auch gelacht, hätte sie schon wieder Gewalt über ihre Stimme gehabt. Trotzdem winkte sie Urus heran und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Sein dröhnendes Gelächter rollte durch ihren Schlupfwinkel.
Dann wandte sich Urus an Riatha. »Gwylly hat gesagt: »Diese Abenteuer machen wirklich Spaß, was?<« Erneut hallte Lachen durch die Senke.
Die Tage verstrichen langsam. Riatha, Urus und Aravan erholten sich rasch von ihren anstrengenden Tagen und Nächten, Faeril und Gwylly dagegen benötigten länger für ihre Genesung.
Aravan schilderte dem Bokker und der Damman, was ihnen zugestoßen war, erzählte von ihrer Rettung und Flucht, und wie sie diesen Schlupfwinkel gefunden hatten, von Nimue und den Nachtrosen, von dem Ghülk und dem Helross und von den Behandlungen.
Urus schilderte, wie der Bär zweimal gebrüllt, beim ersten Mal ihre Rettung damit gefährdet und beim zweiten Mal die Verfolger abgeschreckt
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