Mithgar 17 - Drachenbund
wollen?«
Dalavar runzelte die Stirn, und für einen Augenblick schien es, als wollte er nicht antworten. »Er hat eine Bestimmung zu erfüllen«, sagte er dann jedoch, »eine, die das Böse fürchtet. Mehr zu sagen, würde nur alles gefährden.«
Inarion neigte den Kopf, zum Zeichen, dass er diese Erklärung akzeptierte, und als er ihn wieder hob, lag ein hartes Funkeln in seinen Augen. »Noch nie ist jemand in das Verborgene Tal eingedrungen, denn es liegt gut versteckt und wir bewachen es scharf. Dennoch werden wir unsere Bemühungen verstärken, auf dass es auch weiterhin niemandem gelinge.«
Dalavar nickte. »Jetzt möchte ich das Kind sehen«, sagte er dann.
»Wurde er schon geprägt?«, fragte Dalavar, als er seinen Blick von dem Kind zu Urus hob.
Der Baeron runzelte die Stirn. »Geprägt?«
»Hat er ein Muster bekommen?«, antwortete Dalavar. »Wurde es ihm eingeprägt?«
»Was soll ihm eingeprägt werden?« Riatha nahm das Kind hoch und umarmte es beschützend, während sie von dem Wolfmagier zurücktrat.
»Die Essenz eines Tieres«, meinte Dalavar. »Er …«
Riatha keuchte. »Ein Tier!« Sie drückte Bair an sich.
»… ist ein Gestaltwandler, so wie sein Vater.«
Riatha sah von dem winzigen Kind zu Urus hinüber - ihrem Urus, der manchmal die Gestalt eines gewaltigen Bären annahm. Und Urus seinerseits sah Dalavar an. »Mein Kind ist verflucht?«, fragte er leise. Schmerz lag in seinen Augen.
Dalavar legte den Kopf schief. »Verflucht?«
»Ihr sagtet, er wäre ein Gestaltwandler wie ich«, gab Urus zurück, als würde das alles erklären.
»Nein, Urus. So wie unter jedem Volk gibt es auch unter den Gestaltwandlern Gutes und Schlechtes, Gyphons Brut natürlich ausgenommen. Von daher seid Ihr nicht verflucht, ebenso wenig wie ich und all die anderen, welche ihre Gestalt wandeln, und auch nicht Bair. Dennoch, er wird seine Gestalt wandeln, und wir müssen auswählen, welche Gestalt ihm eingeprägt wird, so wie ich es auch bei Euch entschied …«
Erstaunen zeichnete sich auf Urus’ Miene ab. »Ihr habt entschieden…?«
Dalavar sah sich in der Kate um. »Es gibt eine lange Geschichte zu erzählen. Würdet Ihr Tee zubereiten und vielleicht ein bescheidenes Mahl, während ich mich um meine Freunde draußen kümmere? Sie müssen jagen, denn wir waren lange unterwegs und haben uns keine Pause gegönnt, um Wild zu erlegen. Wenn ich zurückkehre, sprechen wir über Euch, Urus, und Eure Eltern und auch über…«
»Meine Eltern!«, platzte Urus heraus. »Aber ich weiß nicht, wer meine Eltern sind und wo sie lebten. Ich war ein Findelkind und wurde im Großen Grünsaal aufgezogen, von Uran und Niki und Onkel Beorc. Aber …«
Urus verstummte schlagartig, als der Wolfmagier Ruhe gebietend eine Hand hob. »Ich weiß«, erwiderte Dalavar leise. »Denn ich selbst habe das alles gebilligt.« Mit diesen Worten verließ er die Kate.
Dalavar schob seinen Stuhl vom Tisch zurück. Auf seinem Teller lagen die Reste eines Rehbratens, den er kalt auf Brot gegessen und mit heißem Tee heruntergespült hatte.
»Ich dachte, ich wäre schon ein guter Esser«, bemerkte Urus, als er goldenen Branntwein aus einer Kristallkaraffe in drei birnenförmige Becher goss, »aber heute habe ich meinen Meister gefunden.«
Dalavar lächelte, als er sein Glas ergriff und es zwischen seinen Händen wärmte. »Wie ich schon sagte, wir waren lange unterwegs und haben keine Rast gemacht, um zu jagen.«
Riatha nippte an ihrem Becher. »Was Urus’ Eltern betrifft …«
Dalavar nickte und stellte seinen Becher auf den Tisch.
Noch während sich Urus aufmerksam vorbeugte, klopfte es an der Tür. Urus seufzte, stand auf und trat zum Eingang.
Es war Faeril, mit einem in ein Tuch eingewickelten, frischen Brotlaib in der Hand.
Sie blickte Urus an, der die Tür weit aufhielt, und bemerkte Dalavar. »Oh, ich wusste nicht, dass Ihr Besuch …«
»Ein Waerling!«, rief Dalavar und sah Riatha an. »Hier im Verborgenen Tal?«
Riatha nickte. »Ja. Sie ist eine sehr vertrauenswürdige Freundin.«
»Hier.« Faeril hielt Urus den Brotlaib hin. »Ich lasse ihn Euch da und gehe wieder.«
»Nein, nein«, widersprach Urus. »Bleibt. Unser Gast will mir alles über meine Eltern erzählen, und er hat wichtige Nachrichten über Bair.«
»Eure Eltern … Bair?« Faerils Blick zuckte zu der kleinen Wiege, und sie trat hastig daneben. »Geht es ihm gut?« Als sie das Kind betrachtete, drückte sie den Laib Brot an ihre Brust, als wäre es
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