Mithgar 17 - Drachenbund
stromaufwärts, dass die Tropfen flogen. Doch plötzlich blieb er stehen … Erneut wandelte sich seine Gestalt zu der des Kindes. Jetzt stand Bair im Wasser, hatte den Kopf auf die Seite gelegt und seine blassgrauen Augen betrachteten etwas in dem murmelnden Fluss.
Aravan runzelte die Stirn. Obwohl das Amulett an seinem Hals nicht kälter wurde, griff er nach seinem Kristallspeer, der in Reichweite neben ihm im Gras lag. »Was hast du, dar?«, rief er. »Was siehst du?«
Bair antwortete, ohne ich umzudrehen. »Das Wasser, kelan«, sagte er mit seiner hohen Stimme. »Ich lausche dem Gelächter des Wassers; der Fluss scheint hier sehr glücklich zu sein.«
Aravan wandte sich fragend zu Riatha und Urus herum.
»Für Bair leben, denken und fühlen alle Dinge«, erklärte Urus und deutete mit der Hand um sich. »Seien es Pflanzen, Tiere, Steine, Erde, Flüsse, der Himmel, die Stürme, Berge … ganz gleich, um was es sich handelt, jedes Ding hat für ihn einen Geist.« Urus schlang einen Arm um Riatha und lächelte. »Jedenfalls behauptet das unser Kind.«
»Vielleicht lauscht er nur dem Murmeln des Baches«, sagte Riatha, die Urus’ Umarmung erwiderte, »aber mich deucht, dass mehr dahintersteckt, denn er spricht oft von dem Leben, das er in allem und jedem sieht.«
Aravan lockerte seinen Griff um den Speer. »Angesichts seiner Herkunft sieht Bair vielleicht genau das, was die Magier Feuer nennen.«
»Astral-Feuer«, murmelte Riatha nickend.
Urus seufzte. »Möglich. Aber auch wenn ein Teil vom Blut meines Kindes durch meine Adern läuft, ich kann es nicht sehen.«
Riatha drückte Urus’ Hand. »Vielleicht hat dich diese Begabung übersprungen, chier, und ist stattdessen auf unseren Sohn gekommen.«
Urus zuckte schweigend die Achseln.
In dem kühlen Herbstwind, der von den weit entfernten Gipfeln herunterbrauste, saßen sie noch lange schweigend da und beobachteten das spielende Kind. Sie bemerkten, dass er sich oft bückte und etwas genauer betrachtete, als würde er noch manches Ungewöhnliche sehen oder hören, bevor er weiterging.
Am Rand eines kleinen Beckens stromaufwärts blieb er stehen. Dort rauschten große Rohrkolben klappernd in dem Wind, von deren flaumigen Köpfen sich die Wolle in langen Fäden spann. Er lachte. »Der Wind neckt das Schilf, kelanh, rief er, »und es beschwert sich.«
»Es sollte sich lieber freuen, elan, antwortete Aravan. »denn die zarten Samen fliegen getragen vom Wind davon, sodass die Nachkommen der Eltern an ferne Orte gelangen, wo sie Wurzeln schlagen und weiterleben können.«
Erneut trat Schweigen ein, während er mit einem langen, dünnen Zweig ein Loch in die Böschung grub. Schließlich drehte sich Riatha zu Aravan um. »Und deine Suche, jarin? Hast du eine Spur gefunden?«
Langsam schüttelte Aravan den Kopf. »Diesmal reiste ich in den Süden von Jung, südlich der Meeresstraße von Alacca, denn dort irgendwo auf den zehntausend Inseln von Mordain sollte ein gelbäugiger Mann leben. Drei Sommer später fand ich ihn: Es war ein Greis, nicht Galaruns Mörder … und seine Augen waren von dunklem Bernsteingelb, nicht leuchtend gelb.«
Riatha legte Aravan eine Hand auf die Wange, sagte jedoch nichts.
Bair lachte und hob den Zweig hoch, an dem sich ein Flusskrebs mit einer Zange festhielt. Dann setzte das Kind den Krebs behutsam in seine Höhle zurück und löste den Zweig von der Zange.
»Jung«, brummte Urus. »Dieses Reich kenne ich nicht.«
Aravan runzelte die Stirn. »Es ist eine finstere Föderation aus Kriegsherrn, die sich unter einem Mogul locker zusammengefunden haben. Vor langer Zeit schon verbündeten sie sich mit Modru und Gyphon - während des Großen Bannkrieges.«
Urus knurrte. »Sagt, hängen sie immer noch Gyphon an?« Aravan nickte. »Das denke ich wohl, aber es scheint, dass es jetzt noch einen anderen gibt, dem sie folgen.« Riatha sah Aravan fragend an.
Aravan zuckte mit einer Achsel. »Während ich mich in Jung befand, begegnete ich einer Karawane von Menschen, die nach Norden zogen; sie wollten einem Kind-König in Jinga dienen, oder einem Land noch weiter jenseits. Sie sagten, sie folgten einer Prophezeiung.«
Urus schüttelte den Kopf. »Eine weitere menschliche Narrheit, zweifellos.«
Aravan schwieg, doch seine Miene war düster.
Riatha sah dagegen Urus an. »Sprich nicht schlecht über Weissagungen, chier, denn wir sind einer Prophezeiung gefolgt, um dich von den Toten zu erwecken.«
Jetzt verfinsterte sich Urus’
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